Nachrichten

23. November 2017 | International | 

Hohe Ansprüche an Geometrie und Kommunikation - Architekturbüro Rainer Pörsch aus Boppard verwirklichte Domus Pater Kentenich in Rom


Das internationale Schönstatt-Zentrum Belmonte in Rom mit Matri-Ecclesiae-Heiligtum, Domus Pater Kentenich und Casa dell'Alleanza (Foto: Brehm)

Das internationale Schönstatt-Zentrum Belmonte in Rom mit Matri-Ecclesiae-Heiligtum, Domus Pater Kentenich und Casa dell'Alleanza (Foto: Brehm)

Hbre. Dipl.-Ingenieur Rainer Pörsch, dessen Architekturbüro in Boppard am Rhein liegt, liebt und beherrscht die Geometrie. Dass das nicht nur Worte sind, die einem Architekten selbstverständlich zugeschrieben werden könnten, kann man im Domus Pater Kentenich sehen und erleben. Ein ganz ungewöhnliches Haus, das Pörsch knapp 1.000 km Luftlinie südlich seines Firmensitzes auf einem Gelände verwirklichen konnte, das Belmonte genannt wird und Sitz des internationalen Zentrums der Schönstatt-Bewegung in der Trägerschaft des Schönstatt-Institutes Diözesanpriester in Rom ist.

Architekt Rainer Pörsch bei der Eröffnung (Foto: Brehm)

Architekt Rainer Pörsch bei der Eröffnung (Foto: Brehm)

28 Jahre für Planung und Realisierung

Am Tag der Eröffnung des größten Gebäudes, das zum internationalen Schönstatt-Zentrum Belmonte gehört, zeigt sich Rainer Pörsch glücklich über ein gelungenes Projekt, das mit einer Planungs- und Realisierungszeit von 28 Jahren eine große Herausforderung gewesen sei. 1989 hat alles mit einem Architektenwettbewerb angefangen. Vier Architekten, zwei aus Italien und zwei aus Deutschland, waren eingeladen einen Vorschlag für das internationale Zentrum der Schönstatt-Bewegung in Rom zu machen. In der ersten telefonischen Information über das Gelände habe er aufgenommen, dass das Gelände eine „S“-förmige Bebauung nahelege.

Auf dem großen hoch gelegenen Plateau des Geländes wäre ein Gebäude leicht zu verwirklichen gewesen. Das jedoch war aufgrund eines Bauverbotes und diverser Vorschriften der Behörden dort nicht möglich. Nur für die Schönstatt-Kapelle, das Matri-Ecclesiae-Heiligtum, das im Jahr 2004 eingeweiht wurde, und für ein kleines Gebäude, das eine Sakristei beherbergt, konnte eine Baugenehmigung auf dem Plateau erreicht werden.

So hat Pörsch in der Weihnachtszeit 1989 ein Modell gebaut, aus dem ersichtlich wurde, wie das Zentrum einerseits die großen Höhenunterschiede des Geländes überwinden und sich gleichzeitig an die Geländegegebenheiten anpassen kann, bei gleichzeitiger Beachtung der vom Träger formulierten Raumbedarfe und der von der Behörde zugestandenen maximalen Kubatur des umbauten Raumes. Mit diesem Modell hat er den Wettbewerb gewonnen und freut sich bis heute, dass der Wettbewerbsentwurf dann auch Grundlage für die Umsetzung wurde.

Der 'S'-förmige Bau gipfelt in einer Schnecke (Foto: Brehm)

Der 'S'-förmige Bau gipfelt in einer Schnecke (Foto: Brehm)

Es gibt mehrere rollstuhlgerechte Zimmer (Foto: Brehm)

Es gibt mehrere rollstuhlgerechte Zimmer (Foto: Brehm)

Vierbettzimmer (Foto: Brehm)

Vierbettzimmer (Foto: Brehm)

Sechzehn Schneckensegmente verwirklichen die architektonische Grundidee des Hauses

„Wenn man die ‚S‘-Form weiterführt, kann man am Schluss eine Schnecke daraus machen“, sagt Pörsch im Interview mit schoenstatt.de. So sei die Schnecke an vielen Stellen des Zentrums im Außen- und Innenbereich als architektonisches Gestaltungsmittel aufgegriffen und ermögliche die fächerartige Anordnung der Räume. Eindrücklich kann man das auf Luftbildern erkennen oder auch zum Beispiel im Foyer des ‚Domus Pater Kentenich‘ wahrnehmen. Raum trennende Wände sind auf ein Zentrum hin ausgerichtet. Unterschiedlich große Segmente der Schnecke lassen es zu, unterschiedliche Raumgrößen zu verwirklichen. Durch klug eingebaute Trennwände lassen sich die um das Foyer liegenden Funktionsräume zur Mitte hin öffnen, wodurch ein großer etwa 300 Sitzplätze umfassender Saal entsteht, der für Vorträge, Podien oder auch Gottesdienste genutzt werden kann.

Auch im zweiten Teil des Hauses, in dem sich die im Bogen angeordneten Zimmer mit insgesamt 60 Betten sowie einige Zimmer für Dauerbewohner befinden, wirkt sich die ‚S‘-Form des Gebäudes aus. Da gibt es Zimmer, die durch den Außenbogen größer und daher als Doppelzimmer ausgelegt und Zimmer am Innenbogen, die kleiner und daher als Einzelzimmer eingerichtet sind. „In diesem polygonalen Grundriss gibt es viel mehr unterschiedlich große Räume wie man in einem rechtwinkligen Gebäude hätte verwirklichen können“, so Rainer Pörsch. „Und zudem ließen sich Bedarfe unterschiedlicher Raumgrößen in dieser Rundung leichter verwirklichen. Das war mit ein wichtiger Grund für diese Form des Hauses.“

Mit der Schneckenform hat sich Pörsch richtig viel Arbeit gemacht und so lange ausprobiert bis es gepasst hat. „Man kann die Schnecken ja in verschiedene Segmente einteilen. Und das hier wurde eine 16-teilige Schnecke.“ Für die Ausstattung solcher segmentartiger Räume sieht der Architekt keine Probleme. An der runden Fassade befänden sich die Fenster und normalerweise kein Mobiliar. Während an den Raum trennenden Wänden genügend Platz auch für größere Möbelstücke zur Verfügung stünde. Die einfach weiß gestrichenen Zimmer sind einfach gehalten. Eingebaute Nasszellen und auch eingebaute Schränke sind versetzt so angeordnet, dass möglichst viele Zimmer trotz limitiertem umbauten Raum unterzubringen waren.

Komplizierte Dachkonstruktion (Foto: Brehm)

Komplizierte Dachkonstruktion (Foto: Brehm)

Die Schneckenspitze von innen (Foto: Brehm)

Die Schneckenspitze von innen (Foto: Brehm)

Architekt Rainer Pörsch mit Kollegen der italienischen Firmen (Foto: Brehm)

Architekt Rainer Pörsch mit Kollegen der italienischen Firmen (Foto: Brehm)

Auf dem Fußboden des Foyers ist die Schnecke gut zu erkennen (Foto: Brehm)

Auf dem Fußboden des Foyers ist die Schnecke gut zu erkennen (Foto: Brehm)

Zur Eröffnung ist Pörsch mit Frau und Tochter nach Belmonte gekommen (Foto: Brehm)

Zur Eröffnung ist Pörsch mit Frau und Tochter nach Belmonte gekommen (Foto: Brehm)

Herausforderung Geometrie und Kommunikation

Dieses geometrisch anspruchsvolle Projekt umzusetzen sei auch kommunikativ eine Herausforderung gewesen. Einerseits habe er gegenüber dem Bauträger, bei dem er in Pfarrer Georg Egle und anderen kluge Ansprechpartner gehabt habe, die geeignete Sprache finden müssen, um Wünsche zu verstehen und um konstruktive Notwendigkeiten und Bedingungen vermitteln zu können. Andererseits sei für einen in Deutschland ansässigen Architekten auch die Verständigung mit den vielen italienischen Firmen eine nicht zu unterschätzende Hürde gewesen. Vor allem in der Anfangszeit, als Pörsch selbst noch nicht gut italienisch konnte, sei er immer auf Übersetzer angewiesen gewesen. „Das konnte ich mir auf die Dauer nicht leisten, da es auch schwierig war, dass ‚durch Zufall‘ immer ein guter Übersetzer auf der Baustelle anwesend war. Deswegen habe ich diese Sachen die man auf der Baustelle wissen muss, gelernt. Immer mehr konnte ich dann in Italienisch mit den Handwerkern reden.“

Für zwei besonders schwierige Gewerke, nämlich die Holzkonstruktion im Dach und die Ziegeldeckung, sind Firmen aus Deutschland eingesetzt worden. So sind z.B. die Ziegel in Sets von 10 Reihen so hergestellt, dass sie keilförmige Flächen abdecken. Das fängt beim A-Keil oben mit einem Ziegel an, wird kontinuierlich breiter und hört unten mit zwei Ziegeln auf. Beim V-Keil genau umgekehrt. Die italienischen Dachdecker mussten sich erst anpassen an die Vorgehensweise, ein Dach genau nach einer Zeichnung zu decken.

Insgesamt hat das Büro Pörsch mehr Zeichnungen gemacht, als man in Deutschland für dieselben Arbeiten hätte machen müssen. Mit Hilfe der Ausschreibungen und einer entsprechenden Prüfung der eingereichten Angebote, sei es aber gelungen, professionelle und gut qualifizierte Firmen für alle anstehenden Gewerke zu finden. Schlussendlich sei fast so etwas wie eine Handwerkerfamilie entstanden, in der alle gut zusammengearbeitet haben.

Abschlussarbeiten

Natürlich gäbe es noch manches fertigzustellen, was schon vorbereitet sei. Z. B. Leinwand und Beamer im großen Saal, die Schließanlage, eine Sprechanlage und automatische Öffnung des Zugangstores zum Gelände oder auch vorbereitete Beleuchtungseffekte im Foyer des Hauses. Aber trotzdem sei der Tag der Eröffnung für ihn nun ein wichtiger Tag. „Jetzt kann man endlich sehen, wie das Haus sich bewährt. Und man kann auch schon sehen, dass es sehr flexibel eingesetzt werden kann, eine Forderung, die immer im Raum stand.“ Er sei dem Bauherrn sehr dankbar, dass er ein so interessantes Projekt verwirklichen dürfe. Ganz verabschieden würde er sich noch nicht, denn es stünde ja als abschließender letzter Bauabschnitt, direkt beim Heiligtum, noch ein kleines Gebäude mit Toiletten und Kiosk zur Verwirklichung an.

Blick Richtung Süden; links im Vordergrund die Casa dell'Alleanza (Foto: Brehm)

Blick Richtung Süden; links im Vordergrund Teile der Casa dell'Alleanza (Foto: Brehm)

Mehr Informationen


Top