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16. Oktober 2022 | Oktober-Treffen | 

Oktobertreffen in Schönstatt: Von Unterbrechungen, natürlich-übernatürlichen Bindungen und einer Kultur des Hörens


Oktobertreffen der Schönstatt-Bewegung Deutschland in der Aula der Anbetungskirche auf Berg Schönstatt, Vallendar (Foto: Brehm)

Oktobertreffen der Schönstatt-Bewegung Deutschland in der Aula der Anbetungskirche auf Berg Schönstatt, Vallendar (Foto: Brehm)

Hbre. Am Samstag, dem 15. Oktober, fand das Oktobertreffen der Schönstatt-Bewegung Deutschland statt. Gut 210 Verantwortliche und Interessierte aus der deutschen Schönstattfamilie trafen sich in der Aula der Anbetungskirche, um sich unter dem Motto „miteinander Gott hören“ auf die Jahresarbeit der Bewegung einzustimmen. Neben dem Tagungsprogramm mit Statements und Vorträgen gehörte am Morgen ein eröffnender Gottesdienst in der Dreifaltigkeitskirche sowie am Abend das Musical „Gottesspiel“ in der Pilgerkirche zum Programm des Tages. Ein großer Teil der Anwesenden nahm an den ebenfalls an diesem Wochenende stattfindenden Jahrestagungen verschiedener Gemeinschaften der Schönstatt-Bewegung teil, für die das Oktobertreffen Teil ihres Programmes war.

Der Vormittag des Oktobertreffens stand ganz unter dem Fokus, gemeinschafts- und gliederungsübergreifend Impulse aus dem Leben der Schönstatt-Bewegung aufzunehmen.

Über den internationalen Pfingstkongress berichten (v.l.n.r.) Schwester M. Veronika Riechel, Ehepaar Diana und Lukas Schreiber, Pater Felix Geyer, Alexander Paul und Schwester M. Vernita Weiß (Foto: Brehm)

Über den internationalen Pfingstkongress berichten (v.l.n.r.) Schwester M. Veronika Riechel, Ehepaar Diana und Lukas Schreiber, Pater Felix Geyer, Alexander Paul und Schwester M. Vernita Weiß (Foto: Brehm)

Impulse vom Internationalen Pfingstkongress

Zunächst wurde der zweite Internationale Pfingstkongress vom Juni 2022 noch einmal in den Blick genommen. Ziel dieses internationalen Kongresses sei die lebendige Fühlungnahme von Schönstättern aus aller Welt zu fördern, einen Austausch und Reflexion im internationalen Kontext zu ermöglichen sowie den Strom des Liebesbündnisses miteinander zu teilen und weiterzugeben, wie es Schwester M. Veronika Riechel, die Teil der deutschen Delegation beim Pfingstkongress war, ausdrückte. Schon im Eröffnungsgottesdienst hatte Pater Felix Geyer, der den Kongress mit vorbereitet hatte und an der Redaktion des abschließend veröffentlichten „geschwisterlichen Briefes“ nicht unwesentlich beteiligt war, in seiner Predigt besonders auf die Erfahrung der Synodalität hingewiesen. Diese sei eben nicht von Polarisierung sondern vielmehr von einer Haltung des Hörens, der Wahrnehmung, des offenen Dialoges, besonders auch gegenüber des „rebellischen“ Beitrags aus der jungen Generation, geprägt gewesen. Er habe in diesem Vorgang die hoffnungsvolle Gewissheit empfunden, dass der Heilige Geist in Schönstatt investiere.

Schwester Marié Munz (l.) und Schwester M. Alena Engelhardt (Foto: Brehm)

Schwester Marié Munz (l.) und Schwester M. Alena Engelhardt (Foto: Brehm)

Impulse vom Jubiläum 25 Jahre Projekt Pilgerheiligtum

Einem von verschiedenen Verantwortlichen aus dem Leitungskreis gestalteten Beitrag zum Jubiläum 25 Jahre Projekt Pilgerheiligtum konnte Schwester Marié Munz, von Anfang an für das Projekt verantwortlich, deutlich machen, wie sehr dieses Projekt „nahe bei den Menschen ist“ und „tiefe Glaubensfreude vermittelt“. Sie zitierte Bischof Wolfgang Ipolt, Görlitz, der in seiner Predigt beim Jubiläumsgottesdienst am 1. Oktober 2022 vor rund 800 Pilgern in der Pilgerkirche zum Ausdruck gebracht habe: „Das Pilgerheiligtum ist mehr als ein Projekt, es ist ein missionarischer Glaubensweg.“ Schwester M. Alena Engelhardt, die nun die Leitung des Projektes übernommen hat, dankte allen, die sich in der Schönstatt-Bewegung für dieses pastorale Projekt engagieren und lud ein, der Gottesmutter weiterhin Wege zu den Menschen bahnen zu helfen.

Pater Ludwig Güthlein, Schönstatt-Bewegung Deutschland (Foto: Brehm)

Pater Ludwig Güthlein, Schönstatt-Bewegung Deutschland (Foto: Brehm)

Impuls zum Jahresmotto „miteinander Gott hören“

In seinem Wort zum Jahresmotto der Schönstatt-Bewegung Deutschland betonte Pater Ludwig Güthlein, Leiter der Bewegung in Deutschland, dass es durchaus eine Herausforderung sei, miteinander Gott zu hören. Es genüge nicht, bei der Offenheit für das, was Gott möglicherweise sage, stehen zu bleiben. Es brauche darüber hinaus den Mut zur Entscheidung und zum Handeln. „Je ungeistlicher die Situation ist, um so geistlich radikaler soll die Antwort in meinem Leben sein“, das könne vielleicht die Aufforderung Gottes an jeden persönlich sein, angesichts der aktuellen Kriegslage, die viele als globalen Rückschritt wahrnehmen würden. Auch im Blick auf die Überwindung der Polarisierungen in der Kirche sei ein neuer Blick auf den geistlichen Dienst in der Kirche gefragt und ein neues Bewusstsein, dass die geistliche Wirklichkeit der Kirche auch durch alles Menschliche hindurch wirksam bleibt in der Kraft des Heiligen Geistes. Schönstatt sei vor 100 Jahren für die Kirche am neuen Ufer gegründet worden. Dieses neue Ufer sei jetzt da. „Wir sind herausgefordert, dass wir wirklich Schönstatt aus der Mitte des Charismas tiefer verstehen“ und „ganz aus diesem Charisma leben“, so Güthlein. Weil beim Jahresmotto das Wort „miteinander“ der Knackpunkt sei, schlägt der Leiter der Bewegung vor, ein „Jahresgebet“ (DOWNLOAD hier oder gedruckt bestellen: bewegungsleiter@schoenstatt.de), das es so erstmals gäbe, in allen Gliederungen und bei allen Treffen und Sitzungen zu beten und dabei auf Maria als eine Frau des Hörens, der Entscheidung und des Handelns zu schauen.

Teilnehmer in der Aula der Anbetungskirche (Foto: Brehm)

Teilnehmer in der Aula der Anbetungskirche (Foto: Brehm)

Prof. Dr. Mariano P. Barbato, Westfälische Wilhelms-Universität Münster (Foto: Brehm)

Prof. Dr. Mariano P. Barbato, Westfälische Wilhelms-Universität Münster (Foto: Brehm)

Das Messiasereignis, eine Unterbrechung, auf die es sich heute zu beziehen gilt

Prof. Dr. Mariano P. Barbato, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, eröffnete den Nachmittag mit einem Vortrag zum Thema „Exodus, Reform, Unterbrechung. Handlungsoptionen der Kirche in politikwissenschaftlicher Perspektive”, in den sich das Publikum mit Fragen einbringen konnte. Der Politikwissenschaftler machte mit Blick auf die Zeit deutlich, dass die an vielen Stellen der Gesellschaft, gerade aber auch in der Kirche, verstärkt geforderte Möglichkeit der Partizipation immer mit der Machtfrage verbunden sei. Bei Organisationen in der Krise stellten sich üblicherweise zwei Optionen: Abwanderung und Widerspruch, Exodus oder Reform. Auf jeden Fall brauche es Antworten auf die Frage, wie denn das „gelobte Land“, das durch den Exodus oder die Reform erreicht werden soll, aussehen soll. Manchmal frage er sich, „wieweit wir gegenwärtig in der Kirche nachholende Leitbilder von Freiheit diskutieren, die in der Gesellschaft schon längst überholt sind“, so Barbato. Statt bis in alle Ewigkeit hinein von Reformschritt zu Reformschritt zu gehen, sei ihm das Bild der Unterbrechung wichtig. Die Kirche habe mit dem Messiasereignis eine Unterbrechung gehabt, auf die es sich heute zu beziehen gelte. Das verändere den Vorgang: „Wir sind immer noch am Reformieren, aber wir brauchen uns nicht mehr darauf konzentrieren, dass wir unseren Standpunkt um jeden Preis verteidigen, sondern es geht immer darum, sich auf diese Unterbrechung zu beziehen.“ Sich auf das Messiasereignis zu beziehen, führe tiefer, führe weg von konkreten Fragen, in denen alle Antworten bereits ausgetauscht seien. Wenn die Kirche in der aktuellen Situation beieinanderbleiben wolle, könne es nur darum gehen, zu unterbrechen und auf den Messias zu hören.

Schwester Dr. M. Elizabet Parodi, Argentinien (Foto: Brehm)

Schwester Dr. M. Elizabet Parodi, Argentinien (Foto: Brehm)

Natürlich-übernatürliche Erfahrungen und Bindungen schaffen

Im zweiten Referat des Nachmittages sprach Schwester Dr. M. Elizabet Parodi, Argentinien, über das Liebesbündnis als ureigenes Charisma Schönstatts. Es schaffe als Geschenk des Heiligen Geistes Räume für menschlich-geistliche, natürlich-übernatürliche Erfahrungen und Bindungen, also Orte, an denen Menschen eine tiefe Gotteserfahrung machen können, Orte, wo sie begreifen können, ganz Mensch sein zu dürfen. Das Liebesbündnis öffne für einen Dialog nach oben mit Gott, dessen liebevolle Zuwendung den Menschen ergreife, bis er ganz Mensch werde, ohne dabei seine Person in weltlich und religiös aufzuspalten. Aufgabe der Schönstatt-Bewegung sei es, natürliche und übernatürliche Bindungen in Ausgleich zu bringen, einen Bindungsorganismus zu schaffen, in dem Natur und Gnade zusammenwirken. Pater Kentenich habe mit dem Herzensheiligtum als „Kernraum“ versucht, Räume zu schaffen, die „eine neue Form der Wechselwirkung zwischen dem Natürlichen und Übernatürlichen ermöglichen“, so Schwester Elizabet. Er habe seine Person als einen solchen Raum auch zur Verfügung gestellt und suche jetzt nach Menschen, die sich vom Feuer dieses Charismas ergreifen ließen. Als Weg habe Pater Kentenich die ständige “Durchsichtigmachung” alles Natürlichen angeregt. Es sei seine Berufung gewesen, so die Marienschwester, „einen neuen Weg des Glaubens zu bahnen, auf dem das Religiöse den Menschen mitten im Leben, ja in der Tiefe seiner Seele erreicht.“ Pater Kentenich habe gewusst, dass tragfähige religiöse Bindungen nur auf diesem Weg wachsen könnten. „Das ‚Durchsichtigmachen‘ ist eine Spiritualität, die das Jenseits anziehender und den Menschen liebenswürdiger, menschlicher und zugleich durchgöttlichter macht.“

Vorstellungen von Projekten der jungen Generation: Lukas Jall (Lebensschule), Benedikt Herkommer (Schönstatt for future) Sr. M. Vernita Weiß (Moderatorin) Pater Hans-Martin Samietz (Moderator), Tilmann Müller (Reinisch-Nacht) und Johanna Becker (Nacht des Heiligtums) (Foto: Brehm)

Vorstellungen von Projekten der jungen Generation: Lukas Jall (Lebensschule), Benedikt Herkommer (Schönstatt for future) Sr. M. Vernita Weiß (Moderatorin) Pater Hans-Martin Samietz (Moderator), Tilmann Müller (Reinisch-Nacht) und Johanna Becker (Nacht des Heiligtums) (Foto: Brehm)

In einem sich anschließenden Podiumsgespräch wurde der Vortrag von Schwester Elizabet von Teilnehmern aus der jungen Generation konkretisiert. Vier junge Erwachsene aus den Projekten Schönstatt for future SFF, Nacht des Heiligtums NdH, Reinisch-Nacht und Lebensschule machten anhand ihrer Projekte deutlich, wie solche menschlich-geistlichen, natürlich-übernatürlichen Erfahrungen aussehen können.

Die eigenen Erfahrungsräume entdecken

Zum Abschluss des gefüllten Tages betont Bewegungsleiter Güthlein noch einmal die Wichtigkeit des Charismas des Bindungsorganismus. Pater Kentenich habe sich nicht mit Theorien befasst, er wollte Räume schaffen, in denen sich Bündniskultur entfalten konnte. Es ging immer um Werte, persönliche Beziehungen und darum, dass Natürliches und Übernatürliches ins Spiel komme, ein ganzheitliches Erlebnis entstehe. Und Güthlein schloss: „Es wäre schön, wenn viele von Ihnen ihren Raum entdecken könnten, wo sie Gott erfahren im natürlich-übernatürlichen Zusammensein.“

Pausengespräche auf dem Platz vor der Dreifaltigkeitskirche in wunderschöner herbstlicher Atmosphäre (Foto: Brehm)

Pausengespräche auf dem Platz vor der Dreifaltigkeitskirche in wunderschöner herbstlicher Atmosphäre (Foto: Brehm)


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