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17. Oktober 2022 | Oktober-Treffen | 

Oktobertreffen 2022: Räume schaffen, die Bindung ermöglichen


Podiumsgespräch zu "Räume schaffen, die Bindung ermöglichen" (Foto: Brehm)

Podiumsgespräch zu "Räume schaffen, die Bindung ermöglichen" (Foto: Brehm)

Cbre/Hbre. Beim Oktobertreffen der Schönstatt-Bewegung Deutschland wurde in einem sich an den Vortrag von Schwester Dr. M. Elizabet Parodi anschließenden Podiumsgespräch die Thematik ihres Beitrages unter dem Stichwort „Räume, die Bindungen ermöglichen“ anhand von vier Projekten aus der jungen Generation eindrucksvoll konkretisiert. Vier junge Erwachsene aus den Projekten Schönstatt for future SFF, Nacht des Heiligtums NdH, Reinisch-Nacht und Lebensschule machten anhand ihrer Projekte deutlich, wie menschlich-geistliche, natürlich-übernatürliche Bindungserfahrungen aussehen können.

Benedikt Herkommer: „Die Mitwirkenden bei SFF engagieren sich, weil sie in den drängenden Klimafragen am Puls der Zeit, Antworten finden möchten.“ (Foto: Brehm)

Benedikt Herkommer: „Die Mitwirkenden bei SFF engagieren sich, weil sie in den drängenden Klimafragen am Puls der Zeit, Antworten finden möchten.“ (Foto: Brehm)

Gemeinsames Tun lässt Bindungen entstehen

Benedikt Herkommer, Heidelberg, Mitbegründer von Schoenstatt for future (SFF), machte zunächst deutlich, dass die Initiative, die im Bereich der Jugend entstanden ist, mittlerweile in allen Altersstufen vertreten ist. Das bedeute, dass inzwischen Menschen aus der ganzen Schönstatt-Bewegung im Alter zwischen 25-75 Jahren, die alle ihre Verantwortung in der Klimakrise wahrnehmen und die Klimadebatte in Schönstatt verankern möchten, einen Platz in dieser Initiative gefunden haben. Den Engagierten gehe es darum, Tagungshäuser klimafreundlicher zu machen und dazu nachhaltig zu beraten, durch Bildung und Sensibilisierung oder durch Aktionen über Nachhaltigkeit ins Gespräch zu kommen oder um die Fragestellung, wie der Klimaschutz zur schönstättischen DNA passe. „Die Mitwirkenden bei SFF engagieren sich, weil sie in den drängenden Klimafragen am Puls der Zeit, Antworten finden möchten“, so Herkommer. Durch dieses gemeinsame Tun würde Bindung entstehen, an Schönstatt, an ein gemeinsames Anliegen und Wachstum in die Tiefe.

Johanna Becker: „Auch die Beziehung mit Gott kann wachsen. Begegnung mit Gott ist möglich.“ (Foto: Brehm)

Johanna Becker: „Auch die Beziehung mit Gott kann wachsen. Begegnung mit Gott ist möglich.“ (Foto: Brehm)

Eine Verbindung zum Ort Schönstatt und zum Heiligtum wächst

„We unite - heute Leben wagen“, so das Thema der diesjährigen Nacht des Heiligtums, kurz NdH genannt. Beim deutschlandweiten Jugendevent, einem Festival des Glaubens, das einmal im Jahr in Schönstatt, Vallendar stattfindet, steht das Urheiligtum als Ort im Mittelpunkt. Johanna Becker aus Freiburg, Kernteamsprecherin, antwortet auf die Frage, warum junge Leute so viel investieren in die Vorbereitung: Sie erinnere sich gerne an die NdHs, an denen sie selbst teilgenommen und wie viel ihr das bedeutet habe. Es seien dabei Verbindungen entstanden, die über die Gruppe, die man schon kannte, hinausgehen. Es entstünden Freundschaften und auch ein Netz von Bindungen, die auch nach der NdH weitertragen. Jetzt bereite sie selbst gerne für andere vor, damit auch andere junge Menschen positive Erfahrungen machen, ihren Glauben feiern, leben und teilen zu können und so wie sie selbst die Chance zu persönlichem Wachstum erhielten. Im Blick auf Bindungen macht sie deutlich, dass trotz der nur einmal jährlich stattfindenden Veranstaltung bei den teilnehmenden Jugendlichen eine Verbindung zum Ort Schönstatt und zum Heiligtum wachse. „Auch die Beziehung mit Gott kann wachsen. Begegnung mit Gott ist möglich, ob beim liturgischen Programm oder in der Begegnung mit dem Gegenüber.“ Für Sie persönlich sei die NdH auch deshalb so wichtig, weil die NdH ein Raum sei, wo man gestalten darf: „Hier erlebt man wirklich: ‚du stellst meine Füße auf weiten Raum‘. Hier darf ich wirken. Hier kann ich meine Talente einbringen und ich bewirke etwas. Das ist eine Erfahrung, die sehr bereichernd für junge Menschen ist und auch für das Leben prägt.“

Tilman Müller: „Pater Franz Reinisch ist für mich eine inspirierende Person geworden, gerade wenn es darum geht Werte zu suchen, zu finden und vor allem für sie einzustehen, wenn dies gefordert ist.“ (Foto: Brehm)

Tilman Müller: „Pater Franz Reinisch ist für mich eine inspirierende Person geworden, gerade wenn es darum geht Werte zu suchen, zu finden und vor allem für sie einzustehen, wenn dies gefordert ist.“ (Foto: Brehm)

Eine Bindung an Werte entwickeln

Tilman Müller aus Heiligenstadt erzählt beeindruckend von der Reinisch-Nacht, einer Veranstaltung, die im Bereich der Schönstatt-Mannesjugend der ehemaligen DDR als Gedenkfeier an den Pallottinerpater Franz Reinisch entstanden ist. Die Reinisch-Nacht findet jährlich in der Nacht vom 20. auf den 21. August statt. Reinisch war der einzige Priester in Deutschland, der den Fahneneid auf Hitler verweigerte und deshalb zum Tode verurteilt und am 21. August 1942 im Zuchthaus Brandenburg-Görden enthauptet wurde. Jedes Jahr treffen sich etwa 20 bis 40 Teilnehmer ab 17 Jahren in Kirchmöser in der Nähe des Gefängnisses und verbringen eine Nacht gemeinsam. Programmpunkte sind eine drei-stündige Anbetungszeit, ein Gang zu einer Stelle mit Blickkontakt zur ehemaligen Hinrichtungsstätte, ein gemeinsamer kleiner Imbiss, eine Gruppenstunde, die Seepredigt und die Eucharistiefier mit der Wandlung zum Todeszeitpunkt Franz Reinischs um 5.03 Uhr. Zur Seepredigt teilten sich die Teilnehmer auf Boote auf und trafen sich auf dem See, wo sie sich gegenseitig festhielten um zusammen zu bleiben. Weil in der DDR-Zeit mit Abhörmaßnahmen gerechnet werden musste, war das eine Möglichkeit, den jungen Erwachsenen, die mit 17 Jahren den Gestellungsbefehl für die Volksarmee bekamen, das Rüstzeug für die Militärzeit mitzugeben und dabei offene und ehrliche Worte zu ermöglichen. Pater Franz Reinisch sei dank der Reinisch-Nacht für ihn ganz persönlich „eine inspirierende Person geworden, gerade wenn es darum geht Werte zu suchen, zu finden und vor allem für sie einzustehen, wenn dies gefordert ist“, so Tilmann Müller. Gerade in der Schnelllebigkeit und Beliebigkeit der heutigen Welt und Gesellschaft sei es wichtig, eine Bindung an feste Werte zu entwickeln. Für ihn seien solche Werte eine Art Leitlinie, nach denen man handelt, und die Chance, einen festen Charakter zu entwickeln. Das Vorbild von Franz Reinisch sei hier Motivation und die Reinisch-Nacht daher eine wichtige Kraftquelle und Orientierungspunkt im Leben der Teilnehmer.

Lukas Jall: „Das direkte Feedback untereinander … ermöglicht bei jedem einzelnen Teilnehmer eine Entfaltung und ein persönliches Wachstum. Das ist sehr prägend!“ (Foto: Brehm)

Lukas Jall: „Das direkte Feedback untereinander … ermöglicht bei jedem einzelnen Teilnehmer eine Entfaltung und ein persönliches Wachstum. Das ist sehr prägend!“ (Foto: Brehm)

Wohngemeinschaft mit Heiligtum – die Lebensschule

Als ehemaliger Teilnehmer und als mehrere Jahre tätiger Co-Leiter berichtet Lukas Jall über das Projekt Lebensschule, das inzwischen in der 23. Generation läuft. Neun Monate lang leben fünf bis acht junge Männer in einer WG im Schönstattzentrum München zusammen. Sie gehen alle einer Vollzeitbeschäftigung nach in Schule, Ausbildung, Studium oder Arbeit. Sie werden von einem Pater und einem Co-Leiter begleitet. Gemeinsam geteiltes Leben, Gruppenstunden, Fahrten, Lebensschulabende und das gegenseitige füreinander da sein unterstützen den Drang, sich auszuprobieren, Orientierungshilfen zu bekommen, persönlich zu wachsen, sein Entdeckerpotential auszuleben und viele persönliche weiterbringende Erfahrungen zu machen, das sind die Motivationen der jungen Männer, sich diese wichtige Zeit in ihrem Leben zu leisten. Das besondere an der Lebensschule sei der Zusammenhalt und die Bindung, die in der Lebensschule entstehen. Ein verbindendes Element sei das Heiligtum. Und ein verbindendes Element sei Schönstatt generell, da Schönstatt eine Riesenpalette an Werten biete, die für gelingendes Zusammenleben gut gebraucht werden könnten. Ganz besonders wichtig sei aber die gegenseitige Begleitung, nicht nur durch den begleitenden Pater, sondern auch der Jugendlichen untereinander. „Als Co-Leiter, als junger Laie, habe ich die Erfahrung gemacht, dass es von jungem Erwachsenen zu jungem Erwachsenen oft deutlich leichter fällt, sich über bestimmte, auch heikle Themen, auszutauschen“, so Lukas Jall. „Das direkte Feedback untereinander über Verhalten und das Leben, das auf den Tisch kommt und wo auch kein Blatt vor den Mund genommen wird, das ermöglicht bei jedem einzelnen Teilnehmer eine Entfaltung und ein persönliches Wachstum. Das ist sehr prägend!“

Die eigenen Erfahrungsräume entdecken

Nach dieser eindrucksvollen Konkretisierung des Vortrags von Sr. M. Elizabet betonte Bewegungsleiter Pater Ludwig Güthlein zum Abschluss des gefüllten Tages noch einmal die Wichtigkeit des Charismas des Bindungsorganismus. Pater Kentenich habe sich nicht mit Theorien befasst, er wollte Räume schaffen, in denen sich Bündniskultur entfalten konnte. Es ging immer um Werte, persönliche Beziehungen und darum, dass Natürliches und Übernatürliches ins Spiel kommen, ein ganzheitliches Erlebnis entstehe. Und Güthlein schloss: „Es wäre schön, wenn viele von Ihnen ihren Raum entdecken könnten, wo sie Gott erfahren im natürlich-übernatürlichen Zusammensein.“


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