Nachrichten

22. Oktober 2017 | Oktober-Treffen | 

Einsatz für eine WIR-Gesellschaft - Impuls von Schwester M. Veronika Riechel


Schwester M. Veronika Riechel (Foto: Brehm)

Schwester M. Veronika Riechel (Foto: Brehm)

Cbre/Hbre. Unter dem Thema „Eure Söhne und eure Töchter werden Propheten sein“ (Apg 2,17) gab Schwester M. Veronika Riechel Denkanstöße für die Zeit 50 Jahre nach Pater Kentenichs Tod. Die Herausforderung sei, Drive und Dynamik des Anfangs zu bewahren und nie den Gründer-Spirit zu verlieren.  „Wie können wir ein Schönstatt schaffen“, so die Schönstätter Marienschwester, „das vital ist, das verantwortlich hineingreift in Kirche und Zeitgeschehen, oder schlichter gesagt, das Menschen von heute hilft, dass ihr Leben gelingt.“

50 Jahre nach dem Tod des Gründers – so habe Pater Kentenich bereits 1939, als die Bewegung gerade mal 25 Jahre alt war, gesagt – beginne eine Gründung die schiefe Ebene zu beschreiten. Aber er habe auch gleich hinzugefügt, dass die Bewegung daher dafür sorgen müsse, dass nach 50 Jahren erst der rechte Höhengang beginne. Die SchönstattMJF sage dazu heute in ihrem Jahresmotto: „Gipfelstürmer – gehst du mit?“, so Schwester M. Veronika. Es gehe also um die Frage, wie heute ein Schönstatt mit „Gründer Spirit“ wachse.

Kapazität und Autorität der Persönlichkeit anerkennen

Unterschiedlichste Menschen hätten sich immer angezogen gefühlt von Pater Kentenichs Persönlichkeit: „Er ist glaubwürdig!“ oder „Er hat Gott erlebt! Er hat eine Gotteserfahrung gemacht, auf die ich mich verlassen kann!“ so beispielhafte Aussagen von Menschen, die sich auf ihn eingelassen haben. Für viele sei er heute, in einer Zeit, die ein großes Bedürfnis nach klugen und durchsetzungsfähigen, klaren Persönlichkeiten habe, eine Kapazität die Halt und Orientierung gebe in Sachen Pädagogik, Zeitdiagnostik oder pastoralen Anregungen. Für die Schönstattfamilie sei er aber noch mehr: eine Autorität, an die sie sich binde, der sie aus guten Gründen folge. Dem Gründer folgen und an seinem Charisma Teil zu haben, bedeute in eine Beziehung zum Gründer zu treten, der seine Sendung nicht allein erfüllen wollte und wolle.

Wir - nicht ich

Schönstatt habe von Anfang an mit einem "WIR" begonnen, nicht mit dem „Ich“ des Gründers. Er wollte Mitgründer, Mitverantwortliche und Mitgestalter. Genau das habe der jungen Gründung so eine Strahlkraft verliehen und die Bewegung so schnell nach vorne gebracht, weil viele sich angenommen und für fähig befunden erlebten, wichtige Aufgaben zu übernehmen und voran zu bringen. Pater Kentenich wollte die ihm Anvertrauten nicht für bestimmte Aufgaben erziehen, sondern er wollte jede und jeden auf ihre/seine ureigene Sendung aufmerksam machen. „Ich kann keine Ja-Nicker gebrauchen“, habe er immer wieder gesagt. Aufgaben und Verantwortlichkeiten gab er gerade denen, die auch kritisierten und eigene Gedanken einbrachten. "Er war ein Teamplayer erster Güte." Seine schöpferische Grundformel hieß: Auf das „Mit“ kommt es an, Mitgründer, Mitgestalter oder wie das Motto der Familienbewegung für das Familienfestival 2018 heißt: „Das WIR gewinnt!“

Saatkörner ausstreuen und warten können

Pater Kentenich habe im Rückblick über dieses WIR davon gesprochen, dass ihm seine Mitarbeiter „Erkenntnisquelle“ und „Saatfeld“ gewesen seien. „Alles in Schönstatt ist gewachsen in der ständigen Fühlung des Gründers mit seiner Familie!“ so Kentenich. Er konnte unglaublich gut zuhören. Er habe einmal sein Geheimnis dafür erwähnt: „Ich habe mir beim Gespräch mit anderen niemals einen abweichenden Gedanken erlaubt!“ Pater Kentenich habe sich immer gefragt, was will Gott durch diesen Menschen sagen, was soll durch ihn in Schönstatt geweckt werden. Er sei auch ein Meister darin gewesen, „Saatkörner“ auszustreuen und dann in aller Ruhe abzuwarten, ob sich diese entfalten. Alex Menningen, sein enger Vertrauter sagte über ihn: „Er war der Mann, der endlos warten konnte mit viel Geduld!“

„Schönstatt braucht Menschen, die das prophetische Potential für heute verflüssigen, wohlgemerkt verflüssigen, nicht verwässern.“ (Foto: Kröper)

„Schönstatt braucht Menschen, die das prophetische Potential für heute verflüssigen, wohlgemerkt verflüssigen, nicht verwässern.“ (Foto: Kröper)

Wie Verbundenheit wachsen kann

Als Perspektive nach vorne wendete Schwester M. Veronika schließlich das Bibelwort aus der Apostelgeschichte: „Eure Söhne und eure Töchter werden Propheten sein“ (Apg 2,17) auf die Schönstattfamilie heute an. Zunächst gehe es darum treue Töchter und Söhne Pater Kentenichs zu werden, also eine Beziehung zu ihm zu entwickeln, die natürlich je nach Person unterschiedlich intensiv ausfallen könne. Um in der Verbundenheit mit ihm zu wachsen, gelte es z. B. ihn konkret ins eigene Leben einzuschalten und in seiner Person und Lebensgeschichte eine Antwort für die eigene Lebensgeschichte zu entdecken. Man könne aber auch über ihn lesen und dabei das herauslesen, was einen anspricht. Dazu gehöre z.B. auch die „Gründerlesung in persönlicher Interessensperspektive" oder die Begegnung mit Augen- und Ohrenzeugen, das Für-Schönstatt-Arbeiten oder einfach das Verweilen am Ort seines Heimgangs. Antonio Romano, ein italienischer Theologe schreibe: „Unter den vielen Möglichkeiten sich einem Gründer zu nähern gibt es nur eine einzige, den Gründer zutiefst zu verstehen, nämlich ihn zu lieben."

Propheten sein

Das zweite was in Apostelgeschichte 2,17 angesprochen werde sei „Prophet sein“. Das bedeute für sie u.a. heute von Schönstatt her auf „nagelneue“ Fragen Antworten zu geben.  Es sei nicht leicht, das Wort und das Charisma Pater Kentenichs zu verstehen und in die heutige Zeit zu stellen. Dafür sei viel Studium und viel Forschung erforderlich. Man könne jedoch erleben, „wenn es gelingt auch nur eine Wahrheit in den Atem unserer Zeit zu stellen, dann entfaltet das Wort und die Inspiration unseres Gründers unglaubliche Kraft.“

Wir Gesellschaft

Söhne, Töchter, Propheten. Dreimal werde der Plural verwendet. „Und auf diesen Plural kommt es an“, so Schw. Veronika. Schönstatt sei eine große Familie mit Menschen und Gemeinschaften unterschiedlicher Lebensentwürfe. Und in allen lebe der Gründer weiter und jeder stelle – wie Pater Catoggio, Vorsitzender des Generalpräsidiums, festhalte - einen Strahl seines Charismas dar. „Nur gemeinsam können wir unseren Gründer verstehen und aus seiner prophetischen Kraft leben“, so die Schönstätter Marienschwester. Das sei zwar Herausforderung aber noch mehr ein Geschenk. Die Studie „Next Germany“ des Zukunftsinstitutes beschreibe eine der Visionen einer zukünftigen Gesellschaft mit dem Begriff „Wir-Gesellschaft“. Die neue Macht des „Wir“ sei nicht zu übersehen. Neue Formen von Gemeinschaft, die sich überall fänden, würden als "progressive Wirs" benannt. Damit seien Alternativen aufgezeichnet zu den Zeichen einer Gesellschaft oder auch eines Europas, das der Gefahr von Spaltungen und Aufsplitterung entgegensehe.

Das „progressive Wir“, seien Menschen, die die Gemeinschaft wollen und dazu die Stärken des Einzelnen nutzen. Dazu müsse man „Ich-Stärke“ und „Gemeinsinn“, „maximale individuelle Freiheit“ und dennoch „kooperativ sein“ gleichzeitig denken und verwirklichen können. Das sei gerade das Profil, das Pater Kentenich in der Schönstattfamilie habe gestalten und verwirklichen wollen. Diese seine Sendung sei gerade heute auch die Sendung der ganzen Schönstatt-Bewegung.


Top