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13. November 2025 | Kommentar der Woche | 

Gertrud Pollak: Blechlawinen – und: Gesichter haben einen Mund…


(Foto: wal_172619, Pixabay.com)

(Foto: wal_172619, Pixabay.com)

Kommentar der Woche:

Blechlawinen – und: Gesichter haben einen Mund…

Dr. Gertrud Pollak, Mainz (Foto: basis-online.net)

Dr. Gertrud Pollak, Mainz (Foto: Basis-online.net)

 

 

 

 

 

 

Gertrud Pollak

Blechlawinen – und: Gesichter haben einen Mund…

13.11.2025

Eigenartig, was das Wort eines Bundeskanzlers auslösen kann… Demonstrationen zum Stadtbild und viele Worte. „Meine Tochter sieht das anders“. Viele angebrachte oder auch komische Kommentare gehen mit den Demos und Interviews über den Bildschirm. Eine Migrantendebatte? Mag sein – aber blickt man ohne Hintergedanken in das Innere unserer Städte oder einfach in das unterschiedliche Getümmel, fällt ganz vieles auf, woran wir uns anscheinend gewöhnt haben.

Es ist augenscheinlich, dass immer mehr Autos hintereinander die Straßen füllen. Eine anonyme Blechlawine rollt überall, wo es möglich ist. Geparkt wird, wo man kaum dachte, dass es möglich wäre. Für Fußgänger bleibt wenig Durchkommen. Wer sitzt denn in diesen Autos? Oft nur eine Person, die ihrem persönlichen Ziel nachgehen muss. Ja, man sieht vielleicht am Steuer noch ein Gesicht, aber dann… Was könnte dieses Gesicht sagen? Doch klar, die Autos rauschen vorbei.

Der Gang per Fuß durch unsere Städte lässt auch andere Geräusche hören. In Fußgängerzonen gehen Passanten geschäftig aneinander vorbei. Andere lungern gelangweilt auf einer der Bänke am Rand. Laut unterhält sich die Gruppe der Jugendlichen in der Ecke. Kinder mit ihren Müttern plappern leise. Aber sonst – selten hört man Stimmen, die man auf Anhieb versteht. Diese vielen Gesichter machen nicht deutlich, woher sie kommen. Viele einzelne Menschen gehen allein. Manche Hautfarbe oder das Kopftuch und die Gewandung verraten, dass das Geburtsland dieser Person nicht Deutschland ist.

Was steckt hinter diesen oft fremd anmutenden Gestalten? Wie oft schaue ich auf den stummen Mund in diesen Gesichtern. Oft frage ich mich: Was steckt wirklich hinter diesem Menschen. Könnte doch er oder sie sprechen, erzählen, welche Hintergründe im eigenen Leben wichtig sind? Wir gehen einfach aneinander vorbei. Dieser Mann auf der Bank vor dem Kaufhaus, am Straßenrand – sein Gesicht lässt ahnen, dass er an anderes denkt, als das, was um ihn los ist.

Nachdenklich, ja verloren geht sein Blick – wohin? Könnte oder dürfte der Mund in seinem Gesicht doch sprechen! Er hat wohl nicht die Mittel, um in der Blechlawine mitzufahren. Wohin auch? Er ist vielleicht nur hier, um zu arbeiten und Geld an die Menschen zu schicken, an die er jetzt verloren denkt. Vielleicht ist es auch ganz anders. Aber der Mund in seinem Gesicht spricht nicht.

Nachdenklichkeit, die den einzelnen Menschen sieht, Zuhören wäre wichtig. Mehr Stimmen einzelner könnten unsere Debatten differenzierter und umsichtiger werden lassen. Gesichter haben einen Mund…

Dr. Gertrud Pollak, Mainz

Quelle: www.basis-online.net 
Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung

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