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Hubertus Brantzen: Unbequeme Anzeichen
(Foto: Bastian Riccardi, pexels.com)
Kommentar der Woche:
Unbequeme Anzeichen
Prof. Dr. theol. Hubertus Brantzen, Mainz (Foto: Basis-online.net)
Hubertus Brantzen
Unbequeme Anzeichen
05.11.2025
Im Internet fand ich einen Beitrag, dessen Überschrift mich stutzig machte: „Unbequeme Anzeichen, dass ein Mensch dein Leben bereichert“. Die gängige, auch mir geläufige Vorstellung ist doch eher, dass die, die mein Leben bereichern, mein Wohlfühl-Konto erhöhen. Diese „reizende“ Überschrift verleitete mich, den Artikel zu lesen.
Der mich bereichernde Mensch bringe mich dazu – so der erste Impuls –, meine Ansichten zu hinterfragen. Eigene Ansichten zu hinterfragen, ist oft unbequem. In der Tat: Wenn mich jemand dazu bringt, meine festgefahrenen Meinungen neu zu befragen, muss das ein Mensch sein, dem ich vertraue und dem ich etwas zutraue.
Ferner zeige mir dieser Mensch in einigen Aspekten, wie ich gerne wäre. Der andere verweist mich also, etwa durch seine alternativen positiven Verhaltensweisen, auf mein besseres Ich. Er weckt in mir die Sehnsucht, das, was ich bin, in bestmöglicher Form zu werden.
Und dieser Mensch gebe mir Gründe, meine Komfortzone zu verlassen. In der Regel habe ich gar keine Lust und keinen Antrieb, das, was sich meiner Meinung nach bewährt hat, aufzugeben und mich auf irgendwelche Experimente oder gar Abenteuer einzulassen. Es muss ein vertrauenswürdiger und „ver-lockender“ Menschen sein, der mich dazu bringt.
Stimmt, dachte ich mir, und interessant! So mein erster Gedanke im Blick auf meine kleine Lebenswelt.
Und dann überblickte ich wieder die anderen Beiträge, die von Mord und Totschlag, von Krieg und menschenverachtenden Machenschaften in der großen Welt berichteten. Da kam mir die Überlegung: Entscheider und Politiker, die sich nicht an jenen drei Kriterien der „unbequemen Anzeichen“ messen lassen, die ihre Ansichten nie hinterfragen, die nie aus ihrer machtgestützten Komfortzone herausgehen, nur an sich „first“ denken und die ihre „Untertanen“ nicht dazu verleiten, bessere Menschen zu werden – die gehören abgesetzt. Denn sie tun uns gar nicht gut und bereichern nicht unser Leben.
Nebenbei: Man könnte meinen, die Bibel-Verfasser hätten den Brigitte-Artikel im Internet gelesen. Aber das ging ja wohl nicht. Ich frage mich: Wie konnten sie das Persönlichkeitsprofil des Jesus aus Nazaret so beschreiben, dass es exakt diese „unbequemen Anzeichen“ einschließt?
Prof. Dr. theol. Hubertus Brantzen, Mainz
