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Susi Mitter: Entscheidungsfähigkeit – etwas zutiefst Menschliches

(Foto: Arina Krasnikova, GÜRÇAY YÜRÜTEN)
Kommentar der Woche:
Entscheidungsfähigkeit – etwas zutiefst Menschliches

Susi Mitter, Schönstatt Österreich (Foto: Basis-online.net)
Susi Mitter
Entscheidungsfähigkeit – etwas zutiefst Menschliches
15.10.2025
In der vergangenen Woche hatte ich eine spannende Begegnung in einem Park. Eine Frau kam auf mich zu und sagte: „Darf ich Sie etwas fragen? Mich macht das so fertig, dass unser ganzes Leben vorprogrammiert ist. Was meinen Sie dazu?“
Sie erzählte mir aus ihrem Leben, dass sie sicher schon mehrmals gelebt habe und nicht wisse, ob sie selbst für ihr jetziges Leben verantwortlich sei oder ob das eine andere Macht sei, die ihr Leben vorprogrammiert habe.
Da ich Zeit hatte und sie harmlos wirkte, ließ ich mich auf das Gespräch mit ihr ein. Ich sagte: „Ich glaube an eine göttliche Vorsehung, das heißt aber nicht, dass alles vorprogrammiert ist, sondern Gott hat einen Liebesplan für unser Leben, gibt uns aber Entscheidungsfreiheit und nimmt diese sehr ernst. Es gibt immer wieder Weichenstellungen in unserem Leben, wo wir unterschiedliche Wege einschlagen können.“
Das dementierte sie heftig und meinte, nein, sie habe keine Entscheidungsfreiheit, sie habe nur die Entscheidung, wie sie auf eine Situation reagiere. Aber das sei ja nur eine sehr kleine Freiheit.
Das regte mich, nachdem unser Gespräch schon eine Weile zu Ende war, zum Nachdenken an: Ist das wirklich nur eine kleine Freiheit? Wie wir auf andere Menschen, auf Ereignisse reagieren, ist doch sehr groß, wenn wir das ernst nehmen. Wir haben die Wahl, etwas neutral zu sehen, positiv oder negativ – das hat natürlich oft mit Vorerfahrungen zu tun, die wir gemacht haben. Gewisse Verhaltensweisen anderer Menschen regen mich auf, andere nicht. Aber: Wie ich mich anderen gegenüber verhalte, ihren Standpunkt einordne und ob ich jemanden schon innerlich vorverurteile, weil er/sie vielleicht anders denkt als ich oder nicht meinem Wertegerüst entspricht, liegt in meiner Hand. Das ist doch alles andere als eine kleine Freiheit – die ist doch ziemlich groß!
Pater Kentenich war die Entscheidungsfähigkeit ein hoher Wert. Er sagt: „Unsere (Schönstatt-)Familie ist so aufgebaut, dass sie in ungezählten vielen Dingen uns freie Entscheidung lässt. Vor wie viele Entscheidungen werden wir gestellt! Wir müssen dafür sorgen, dass die Entscheidung ein Freisein von etwas und ein Freisein für etwas bedeutet.“
Frei sein von … frei sein für … Wo ist das für mich gerade dran? Ich möchte mich in meinen Entscheidungen in nächster Zeit gerne von dieser Frage leiten lassen.
Susi Mitter
Schönstatt-Bewegung Österreich