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1. August 2025 | Worte des Bewegungsleiters | 

Maria - Vorbild des erlösten Menschen


Jahresmotto 2025 der Schönstatt-Bewegung Deutschland (Foto: Grabowska)

Jahresmotto 2025 der Schönstatt-Bewegung Deutschland (Foto: Grabowska)

Liebe Mitglieder und Freunde der Schönstatt-Bewegung!

Würden Menschen, die Sie beschreiben würden, von Ihnen sagen, dass Sie ein Mensch sind, dem man ansehen kann, dass er lebt, als wäre er erlöst? Am 15. August feiern wir Maria Himmelfahrt, ein Fest, an dem das Streben nach Vollendung und nach Erlösung sich manifestiert in der Person der Gottesmutter. Mariä Aufnahme in den Himmel steht dafür, dass ein einfacher Mensch, indem er seinen Weg mit Christus geht, Erlösung erreichen kann, so wie es an Maria geschah. Sie ist Sinnbild und Vorbild dieser Haltung, Vorbild für uns Menschen, da sie ja auch ein Mensch war. Ihre Haltungen sind für uns so etwas wie die Blaupause auf dem Weg zur Vollendung – so zumindest die Theorie.

Glauben Sie daran, dass Sie erlöst sind? Ich kann mir das nur schwer vorstellen und merke schon in dem Moment, in dem ich diese Frage an mich heranlasse, eine Spannung: Einerseits will ich glauben, dass es tatsächlich so ist, wie es überliefert ist in der Tradition der Kirche, in der Theologie: dass wir Menschen bereits alle erlöst sind, es uns an nichts fehlt. Und andererseits, wenn ich auf meinen konkreten Alltag blicke, dann kann ich mir vermutlich selbst nicht attestieren, dass ich nach den Maßstäben eines erlösten Menschen lebe – zumindest nicht immer. Ich glaube, dass uns genau diese Spannung zwischen konkretem Alltag und der uns selbst völlig übersteigenden Botschaft der Erlösung durch dieses Marienfest im Hochsommer vor Augen geführt wird. Und wir sind es, die dazu aufgerufen sind, diese Spannung bewusst zu kultivieren.

Menschlichkeit Gottes in der Welt

Maria ist Vorbild des erlösten Menschen. Mir gefällt der Gedanke, dass in der Aufnahme Mariens in den Himmel für uns ein den Alltag durchdringendes und ermutigendes Zeugnis gegeben ist. Maria ist die biblische Person, die wie kein anderer Mensch durch ihr Mittun etwas bewirkt, etwas verändert hat: durch ihr Ja, als der Engel sie fragte, ob sie bereit ist, Gottes Sohn, die Menschlichkeit Gottes, in die Welt zu tragen, durch ihr Mittun in Kana, als sie, ohne zu wissen, doch vertraute und andere Menschen, einfache Diener dazu bewegte, mitzuhelfen, damit Jesus Wandlung bewirken kann, und durch ihr Mitgehen bis unter das Kreuz, das auch den Glauben an Hoffnung und Erlösung in den schwersten Stunden des Lebens wachhält. Maria ist das Individuum, das Vorbild und Sinnbild und stellt uns konkret vor Augen, was ich mir ganz individuell von jedem gläubigen Christen erhoffe: Sie macht die Menschlichkeit Gottes persönlich und konkret. Sie bewirkt keine außergewöhnlichen Wunder, sondern alltägliche, indem sie Lebenswege mitgeht und den Blick für das Detail im Alltag bewahrt. Wenn wir im Liebesbündnis Maria als das Vorbild des erlösten Menschen sehen, dann sehe ich darin alles, was Menschen und Menschlichkeit ausmacht – von Freuden, Hoffnungen, von Leidenschaftlichem bis hin zu Anstrengendem, Schwierigem und Leidvollem, das damit verbunden ist. Den eigenen Alltag wie sie zu gehen und zu leben heißt, nicht nur Menschlichkeit Gottes in die Welt bringen, sondern auch mitwirken an diesem Erlösungsgeschehen.

Alltagsmächtigkeit als Grunderfahrung

Wenn wir Liebesbündnis feiern im Licht von Maria Himmelfahrt, dann ist uns dieses Mittun und Mitwirken in unseren Alltagserfahrungen vor Augen gestellt, dieses Christwerden wie und mit Maria. Wer sein Liebesbündnis schließt, der begibt sich damit auf den Weg, dieses „wie und mit Maria“ vielleicht nicht immer zur Gänze zu verwirklichen, aber doch immer wieder besser kennenlernen zu wollen. Selbst dort, wo wir nicht in dem Erlösungsbewusstsein leben können, weil Alltag eben doch zu schwierig ist oder das Leben uns vor Herausforderungen stellt, in denen keine noch so schönen Worte uns helfen, ist sie so etwas wie ein Backup, eine Sicherungskopie unserer Erlösungshoffnung. Eben auch dann, wenn wir es nicht können. Oder gerade dann, wenn es uns schwerfällt, daran zu glauben, oder wenn vielleicht Glaube besonders hart ist und man am liebsten alles beiseiteschieben will – und diese Erfahrungen kenne ich auch –, dann ist im Liebesbündnis vielleicht ihr Glaube an uns stärker als unserer an sie. Gerade deswegen gilt das „Nichts ohne dich – nichts ohne uns“.

Das ermutigt aber auch, mitzutun an der Welt, am Alltag, an der Menschlichkeit Gottes, die durch Maria in die Welt gekommen ist, und es ermutigt, wieder neu anzufangen. Die Kunst des Neubeginns der Erlösung wird in diesem Liebesbündnis konkret.

Im Alltag wirksam

Gerade darin liegt auch eine stille Kraft: Im Bewusstsein, dass Maria nicht als unerreichbares Ideal dasteht, sondern als jemand, der vertraut, zweifelt, hofft und sich einlässt – und so selbst im Unspektakulären ein Zeichen setzt. In ihrem Leben spiegelt sich die Bandbreite menschlicher Erfahrung wider: Freude, Schmerz, Unsicherheit und Zuversicht. Sie zeigt, dass Glauben nicht immer von glanzvollen Momenten getragen wird, sondern oft im Ringen, im kleinen Ja, inmitten alltäglicher Herausforderungen Gestalt annimmt. Das muss konkret werden. Es geht darum, der Erlösung im Alltag auf die Spur zu kommen. Das ist es, was wir in den Grundvollzügen des Liebesbündnisses erleben: Wenn wir das Ideal unseres Lebens verwirklichen, immer mehr wachsen, auch innerlich wachsen, Gottes Wirken in unserem Leben immer mehr verstehen und deuten lernen, unser Mittun ernst nehmen und üben, an das Charisma im Nächsten zu glauben. Das sind kleine alltägliche Erfahrungen, die Erlösung konkret machen. Sicher ist es hilfreich, dies bewusst zu trainieren.

Kleine alltägliche Erlösungsübungen können Momente der Dankbarkeit sein, in denen Sie innehalten und überlegen, wofür Sie heute – inmitten aller Herausforderungen – dankbar sein können. Vielleicht für eine unerwartete Hilfsbereitschaft, ein gutes Wort, einen Moment der Ruhe oder einen Schritt, den Sie trotz Unsicherheit gewagt haben. Es können kleine konkrete Zeichen der Hoffnung sein, indem Sie jemandem eine kleine Freude machen – ein Lächeln, ein Anruf, eine aufrichtige Ermutigung.

Es kann aber auch sein, dass Sie all das, was gelungen ist und was schwer war symbolisch in Marias Hände ablegen und sie um die Kraft bitten, am nächsten Tag neu anzufangen – getragen vom Bündnis des Vertrauens. Oder ein Moment der Versöhnung, der noch aussteht: Nehmen Sie sich vor, einen Konflikt zu klären mit sich selbst oder mit jemand anderem. Zu sagen: „Es ist gut“ zwischen uns, das ist Erlösung konkret für alle Beteiligten.

Das Liebesbündnis im Licht von Maria Himmelfahrt zu begehen, regt mich dazu an, die Alltagsmächtigkeit des Liebesbündnisses erneut begreifen und ergreifen zu wollen. Das wünsche ich auch Ihnen und einen gesegneten Bündnistag.

Ihr

P. Felix Geyer
Schönstatt-Bewegung Deutschland


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