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Alltagsmächtigkeit des Liebesbündnisses

Jahresmotto 2025 der Schönstatt-Bewegung Deutschland (Foto: Grabowska)
Liebe Mitglieder und Freunde der Schönstatt-Bewegung!
Ich habe den Eindruck, dass die Schönstatt-Bewegung am Beginn einer neuen Epoche steht oder zumindest in eine neue Phase kommt. Es kommt etwas in Bewegung. Wenn ich versuche, diese Bewegung in Worte zu fassen bzw. die Strömung in Worte zu fassen, dann würde ich sagen: Wir gehen einen Weg, bei dem sich die Alltagsmächtigkeit des Liebesbündnisses im Leben vieler Menschen vertieft als wirksam erweist. Wie gesagt: Das ist der Beginn, das ist nicht das Ende des Weges und daher auch eher als Versuch zu sehen, diesem Vorgang einen Namen zu geben.
Gerade im Umfeld von Pfingsten, der Romfahrt der deutschen Schönstatt-Bewegung oder dem Jubiläum des internationalen Familienbundes wird die Alltagsmächtigkeit des Liebesbündnisses deutlich: Es geht um persönlichen Glauben, wie er ganz realistisch im Alltag erfahrbar ist. Es geht um Wachstumsprozesse, die dort ansetzen, wo wir stehen und wie wir sind, und es geht um die Erfahrbarkeit konkreter Menschen und erlebbare Freude am Nächsten und am Miteinander.
Ein Schritt der geistlichen Vertiefung
In Rom haben wir im Heiligtum Cor Ecclesiae in der Nähe des Vatikans einen kleinen geistlichen Akt vollzogen, den wir Liebesbündnis im Herzen der Kirche überschrieben haben (Sie finden das Video und die Gedanken dazu auf der Homepage www.schoenstatt.de). Der Weg der Kirche und der Weg Schönstatts in die kommende Zeit, auf dem wir diesen ersten Schritt gehen, ist ein Weg der geistlichen Vertiefung. Wenn wir von einem Weg der geistlichen Vertiefung sprechen, dann ist damit nicht eine Flucht in die Innenwelt gemeint, die uns wegführt von den Schwierigkeiten des Alltags. Es ist ein Weg in die Innenwelt und betrifft die Tiefendimension, aus der heraus wir Antwort geben auf die Fragen unserer Umwelt und unserer Zeit und eben auch Antwort finden für unseren Alltag. Es geht um die damit verbundene Arbeit an uns selbst, die uns ermöglicht, Orientierung zu finden. Selbstleitung aus einer kultivierten Innerlichkeit anstatt der Orientierung an Maßstäben, Meinungen und Positionen, die von außen, sei es durch Medien, gesellschaftliche Meinungen oder auch eingefahrene Haltungen im Sinne eines „Das macht man halt so“ auf uns einwirken. Das heißt nicht, dass alles schlecht ist, was „von außen“ kommt. Orientierung und Haltung entwickelt sich und findet man vor allem auch in dem, was in der Gesellschaft oder der eigenen Familie oder dem Freundeskreis als gut, als wünschenswert erfahren wird.
Ich verbinde mit dem geistlichen Schritt, wenn ich diesen einen Schritt der geistlichen Vertiefung nenne, genau etwas anderes, dass wir in unserer Innenwelt bei uns selber Maßstäbe finden bzw. dass sie der Ort ist, an dem die Arbeit passiert: Bei uns selbst und in den Erfahrungen, die wir tagtäglich machen. Im Alltag mit Gott unterwegs zu sein.
Gotteserfahrung im Alltag
Ich bin fest davon überzeugt, dass der Weg des Liebesbündnisses ein Weg ist, auf dem wir Gott im gewöhnlichen Alltag suchen und finden können. Deswegen verbinde ich mit der geistlichen Vertiefung auch die fünf Glaubenssätze, die genau diese Gotteserfahrung hervorheben wollen. Ich nenne sie noch einmal:
Ich glaube an mein Persönliches Ideal.
Ich glaube, dass ich wachsen kann.
Ich glaube, Gott wirkt in meinem Leben.
Ich glaube, dass mein Beitrag zählt.
Ich glaube an dein Charisma.
Entscheidend ist hierbei für mich, dass Gott auf dreifache, aber auch unterschiedliche Weise in diesen kurzen Ich-glaube-Sätzen vorkommt. Es sind drei Arten und Weisen der Gottesbegegnung und jede erfordert eine ganz konkrete Antwort, ein Mittun unsererseits.
Gott in mir begegnen
Um Gott in mir geht es im ersten Satz: „Ich glaube an mein Persönliches Ideal“. Gott, der jedem Menschen in seinem Persönlichen Ideal etwas hineingelegt hat, was das eigene Denken übersteigt und doch anregt. Das Persönliche Ideal ist der göttliche Funke in mir. Dem nachzugehen ist eine anstrengende und abenteuerliche Reise. Eine konkrete Formulierung zu finden, die das trifft, was ich meine erkannt zu haben, und die mich doch herausfordert zu wachsen und alle positiven Kräfte in mir weckt, ist tatsächlich harte Arbeit.
Gott in der Umwelt und in Erfahrungen begegnen
Zweitens geht es um Gott in der Umwelt und in den Erfahrungen, die wir machen. „Ich glaube, Gott wirkt in meinem Leben“ meint, dass wir Gott auf die Spur kommen können, wenn wir auf das blicken, was wir erfahren haben und es in Verbindung mit dem bringen, was wir über Gott und Glaube wissen. Genau wie beim Persönlichen Ideal ist auch das ein anstrengender und mitunter gefahrvoller Weg. Denn alles, was wir sehen und erfahren, braucht eine sorgfältige Unterscheidung der Geister.
Gott im Nächsten begegnen
Eine dritte Art Gottesbegegnung ist schließlich die Begegnung mit Gott im Nächsten. „Ich glaube an dein Charisma“. Öfter wurde ich gefragt, ob mit dem „dein“ Gott oder ein anderer Mensch gemeint ist. Das griechische Wort „Charisma“ meint Geschenk, Gnade bzw. „göttliche Gabe“. Wenn ich zu einem Menschen sage, dass ich an „dein Charisma“ glaube, dann glaube ich an das, was Gott in ihn als Mensch hineingelegt hat. Auch das ist kein Selbstläufer. Es erfordert durchaus Wille und Anstrengung, tatsächlich im Kollegen, Chef und Nachbarn göttliche Gnade am Werk zu sehen. Und auch hier ist sicher eine sorgfältige Unterscheidung gefragt.
Wenn wir die geistliche Vertiefung als Weg ansehen, dann wird deutlich, dass das ein anstrengender und ein Alltagsweg ist. Es ist ein Weg, Gott in uns, in unseren Erfahrungen und in anderen Menschen zu suchen.
Ich glaube, wenn wir diesen Weg gehen, wird die geistliche Vertiefung ausstrahlen. Das ist meine Erfahrung bei vielen Persönlichkeiten, denen ich begegnen darf, die einen solchen Weg gehen. Das ist auch die Erfahrung, die Elisabeth gemacht hat, als sie den Gruß Mariens hörte. Da hüpfte das Kind in ihrem Leib (Lk 1,41).
Ich wünsche Ihnen gute Schritte auf diesem Weg und die Erfahrung, die Elisabeth machen durfte.
Einen gesegneten Bündnistag,
Ihr
P. Felix Geyer
Schönstatt-Bewegung Deutschland