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20. Mai 2025 | Miteinander für Europa | 

75 Jahre nach der Schuman-Erklärung – Europa auf dem Weg zur Verwirklichung seiner Berufung begleiten


75 Jahre nach der Schuman-Erklärung - Eine Begegnung im Europaparlament, Brüssel, organisiert vom ökumenischen Netzwerk "Miteinander für Europa" und der slowakischen EU-Abgeordneten Miriam Lexmann (Foto: Brehm)

75 Jahre nach der Schuman-Erklärung - Am 15. Mai fand eine Begegnung mit der Politik im Europaparlament, Brüssel, statt, organisiert vom ökumenischen Netzwerk "Miteinander für Europa" und der slowakischen EU-Abgeordneten Miriam Lexmann (Foto: Brehm)

Maria Chiara De Lorenzo/Hbre. Europa steht weiterhin im Zentrum internationaler Spannungen und lebhafter Debatten, deren Ausgang das Leben der fast einer halben Milliarde Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union beeinflusst. Frieden versus Verteidigung, Handelskrieg oder -frieden, Energiepolitik, Entwicklungspolitik und soziale Gerechtigkeit, Identität und Vielfalt, Offenheit und Grenzen: Die Themen auf der Agenda sind zahlreich. Angesichts der Veränderungen im inneren wie im äußeren Kontext – allen voran der Krieg in der Ukraine – ist eine Neubewertung und Aktualisierung der Vision Robert Schumans und der Gründerväter nicht nur relevant, sondern notwendig.

Schumans Vision eines vereinten Europas – ein Instrument des Friedens

Es sind 75 Jahre vergangen, seit der damalige französische Außenminister am 9. Mai 1950 in Paris seine revolutionäre Rede hielt und damit den Grundstein für den europäischen Integrationsprozess legte. Am 15. Mai 2025 haben bei einer Begegnung im Gebäude des Europäischen Parlaments in Brüssel Expertinnen und Experten, Vertreterinnen und Vertreter verschiedener christlicher Bewegungen sowie junge Aktivistinnen und Aktivisten Schumans Vision eines vereinten Europas als Instrument des Friedens eine Stimme verliehen.

Gerhard Pross, Moderator von Miteinander für Europa (Foto: Brehm)

Gerhard Pross, Moderator von Miteinander für Europa (Foto: Brehm)

David Vadásc, "Young Green", München (Foto: Brehm)

Statement: David Vadásc, "Young Green", München (Foto: Brehm)

Cezara Perian, Orthodoxe Kirche, Temeschwar, Rumänien (Foto: Brehm)

Statement: Cezara Perian, Orthodoxe Kirche, Temeschwar, Rumänien (Foto: Brehm)

Lukas Roth, Köln (Foto: Brehm)

Statement: Lukas Roth, Köln (Foto: Brehm)

Maria Kovaleva, Slovakei (Foto: Brehm)

Statement: Maria Kovaleva, Slovakei (Foto: Brehm)

Die Veranstaltung wurde auf Initiative von „Miteinander für Europa“ (MfE) gemeinsam mit einigen Europaabgeordneten organisiert. Eingeladen hatte die slowakische Abgeordnete Miriam Lexmann, die aus familiären Gründen leider selbst nicht teilnehmen konnte. Am Morgen des 15. Mai versammeln sich rund hundert Personen aus Belgien, Italien, Deutschland, den Niederlanden, der Slowakei, Österreich, Frankreich, Griechenland und Rumänien. Anwesend sind Christen aus der katholischen und orthodoxen Kirche sowie aus den Kirchen der Reformation; Vertreter der Gemeinschaften Immanuel, Young Men's Christian Association (YMCA - CVJM), Fokolare, Schönstatt, Sant’Egidio, Quinta Dimensione und der Gemeinschaft Papst Johannes XXIII. – die typische Vielfalt des Netzwerks MfE.

Gerhard Pross, Zeitzeuge der Anfänge und Moderator von MfE, betont: „Für uns ist es wichtig, die Kraft des Glaubens bei der Gestaltung der Gesellschaft zum Ausdruck zu bringen. Wir sind jedoch nicht an Macht oder Herrschaft interessiert, sondern daran, Hoffnung, Liebe und die Kraft der Versöhnung und des Miteinanders zu vermitteln, die im Evangelium begründet sind.“

Junge Europäer unter den Zuhörenden und den Referierenden

Unter den Zuhörenden und den Referierenden fällt die starke Beteiligung junger Menschen auf: 20 von ihnen kommen vom Gymnasium Spojená škola Svätá rodina in Bratislava. Sie studieren aktive Bürgerschaft und europäisches Recht. Sie sind mit ihren Lehrern in Brüssel, um Erfahrungen zu sammeln, die ihren beruflichen und privaten Lebensweg prägen können. Unter ihnen ist Maria Kovaleva. In ihrem Beitrag erklärt sie: „Ich komme aus Russland, und für mich bedeutet Europa, dass ich heute hier sein kann, unabhängig von meiner Herkunft oder der politischen Lage in meinem Land oder in der Slowakei, und frei sprechen kann – genau hier, im Herzen Europas. Für mich war Europa immer ein Ort, an dem es keine Rolle spielt, welcher Religion oder Nationalität man angehört. Jeder hat das Recht, sich zu äußern, und zwar ohne Zensur. Das ist das Europa, von dem Robert Schuman geträumt hat.

Peter, 16 Jahre alt, zeigt sich sichtlich beeindruckt, zum ersten Mal an einem institutionellen Ort zu sein, an dem wichtige Entscheidungen getroffen werden. Er ist Schülervertreter und das Erlebnis in Brüssel ist für ihn eine Inspiration für die Zukunft, in der er durch Management oder politisches Engagement eine Führungsrolle übernehmen möchte.

Samuel, 17, beschreibt die Tage als „eine außergewöhnliche Erfahrung, um mehr über Europa zu erfahren, über politische Abläufe und die Arbeit des Parlaments. Ich glaube, ich spreche im Namen der ganzen Klasse: Es war großartig!

Francois Delooz, MfE Belgien, moderierte die Begegnung und die Beiträge von jungen Menschen auf dem Podium (Foto: Brehm)

Francois Delooz, MfE Belgien, (2.v.l.) moderierte die Begegnung und die Beiträge von jungen Menschen auf dem Podium (Foto: Brehm)

Kein Treffen von Träumern

Eine weitere Studentengruppe kommt aus Italien – zehn Studierende der Politikwissenschaften und internationalen Beziehungen von der LUMSA-Universität in Rom. Daniele, im ersten Studienjahr, ist besonders beeindruckt vom Nachmittag: dem ökumenischen Gebet in der ‚Chapel for Europe‘. „Mir gefällt die Arbeit von Chiara Lubich, Brücken zu bauen, um alle zu vereinen. Man konnte das Engagement jedes Einzelnen spüren. Es war kein Treffen von Träumern, sondern eine konkrete Suche, die zu etwas Solidem führt.“ Für Diego ist die Begegnung ein Moment, in dem Erinnerungen wiederbelebt werden, die zu Kontinuität führen. Die in Brüssel spürbare Internationalität inspiriert ihn: „Ein Ausgangspunkt für zukünftige Entwicklungen.“ Die Beiträge der Europaabgeordneten sind ihm besonders wertvoll.

Neben Gerhard Pross (l) Antonella Sberna (Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer), Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments und Leoluca Orlando (Fraktion der Grünen / Freie Europäische Allianz) (Foto: Brehm)

Neben Gerhard Pross (l) Antonella Sberna (Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer), Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments und Leoluca Orlando (Fraktion der Grünen / Freie Europäische Allianz) (Foto: Brehm)

MfE ein Beispiel dafür, was die EU für die Völker und die Zivilisationen tun kann

Anwesend sind an diesem Vormittag Antonella Sberna (Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer), Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments und zuständig für die Umsetzung von Artikel 17 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, in dem das Verhältnis der Union mit den Kirchen, den religiösen und weltanschaulichen Gemeinschaften geregelt wird), Leoluca Orlando und Cristina Guarda (Fraktion der Grünen / Freie Europäische Allianz). „Ihr seid ein Beispiel dafür, was die EU für unsere Völker und unsere Zivilisationen tun kann“, erklärt die Vizepräsidentin gegenüber Miteinander für Europa. Sie fordert die anwesenden jungen Menschen auf, „kritisch, aber leidenschaftlich“ zu sein, „Europa gut zu studieren“, um „gemeinsam das zu korrigieren, was uns nicht gefällt, den Frieden innerhalb unserer Grenzen zu gewährleisten als Beispiel für die Einheit der Völker unter Achtung der Souveränität“.

Die meisten Teilnehmenden sind erstmals innerhalb der Parlamentsgebäude bei einem Meeting mit dabei (Foto: Brehm)

Die meisten Teilnehmenden sind erstmals innerhalb der Parlamentsgebäude bei einem Meeting mit dabei (Foto: Brehm)


Erinnerung an das Prinzip der Geschwisterlichkeit

Leoluca Orlando lädt dazu ein, „das Zukunftsprojekt zu erkennen, das in Schumans Handeln lag, und eine ‚unruhige‘ Erinnerung zu pflegen“. Er erinnert an das Prinzip der Geschwisterlichkeit, das historische Polarisierungen zwischen rechts und links in Bezug auf Freiheit und Gleichheit überwinden könne. Als Beispiel für Geschwisterlichkeit erwähnt er „die prophetische Erfahrung der Einheit zwischen Katholiken und Lutheranern dank der Intuition von Chiara Lubich in Ottmaring bei Augsburg - einem Ort im Herzen des Dreißigjährigen Krieges“.

MEP Christina Guarda, Fraktion der Grünen / Freie Europäische Allianz (Foto: Brehm)

MEP Christina Guarda, Fraktion der Grünen / Freie Europäische Allianz (Foto: Brehm)

Den Zusammenhalt im Streben nach Frieden einfordern

Für Cristina Guarda ist Frieden das Schlüsselwort: „Als christliche Bewegungen bitte ich euch, euch an dieser Diskussion zu beteiligen und unsere Kohärenz im Streben nach Frieden einzufordern. Trefft die richtigen Entscheidungen und wählt richtig, um den Frieden zu respektieren.

Jeff Fountain, Schuman Centre, Brüssel (Foto: Brehm)

Jeff Fountain, Schuman Centre, Brüssel (Foto: Brehm)

Schuman-Erklärung: ein Friedensprojekt

Und genau das ist das Ziel der Schuman-Erklärung: ein Friedensprojekt. Jeff Fountain vom Schuman Centre bringt eine Interpretation der spirituellen Grundlagen der Erklärung und ihrer „mutigen dreiminütigen Rede“ ein: „Ihr Projekt war nicht nur politisch oder wirtschaftlich. Auf einer tieferen Ebene lässt sich erkennen, dass das Projekt zutiefst moralisch und spirituell ist und in den Werten des Herzens verwurzelt ist. Die Institutionen, zu deren Entstehung sie beigetragen hat – so unvollkommen sie auch sein mögen – sind ein Schutzwall gegen die Rückkehr zu einer Politik der Herrschaft und Ausgrenzung, der Angst und des Hasses.

Prof. Alberto Lo Presti, Rom, Italien (Foto: Brehm)

Prof. Alberto Lo Presti, Rom, Italien (Foto: Brehm)

Europa eine Seele geben

Aber wer sollte Europa seine Seele geben? – Diese Frage stellte Alberto Lo Presti, Professor für die Soziallehre der Kirche - LUMSA Universität Rom, in den Raum: „Wir sollten nicht erwarten, dass diese Seele von den europäischen politischen Institutionen geschaffen und an ihre Bürger weitergegeben wird. Ich möchte nicht in einer Gesellschaft leben, in der mir eine Institution eine Weltanschauung einimpft. Das tun normalerweise totalitäre politische Organisationen, die wir auch hier in Europa gut kennen: zum Beispiel der Nationalsozialismus und der Kommunismus. Die Seele der Europäischen Union wird sichtbar werden, wenn sie sich in den täglichen Entscheidungen ihrer Bürger widerspiegelt. Als Miteinander für Europa wollen wir Europa bei der Verwirklichung seiner Berufung begleiten.

Nach der Begegnung versammeln sich einige der Teilnehmenden zu einem Gruppenfoto vor dem Parlamentsgebäude (Foto: Brehm)

Nach der Begegnung versammeln sich einige der Teilnehmenden zu einem Gruppenfoto vor dem Parlamentsgebäude (Foto: Brehm)

Gebet für Europa in der Europakapelle

Zur Begegnung gehört am Nachmittag eine Gebetszeit in der Europakapelle, die sich in der Nähe des Parlaments befindet, zu der eine große Zahl der Teilnehmenden sich versammeln. Alle Plätze im Kirchenraum sind belegt, sodass viele der jungen Menschen auf der Empore Platz nehmen. Der Fokus der Versammlung liegt auf dem Gebet für Europa, in das alle Anwesenden einstimmen. Unter Beteiligung vielfältiger Sprecherinnen und Sprecher werden in englischer Sprache Dank-, Buß- und Fürbittgebete gesprochen, in die alle einstimmen können. Nach der Kurzpredigt von Thomas Römer, der sich auf das Bibelzitat aus Apostelgeschichte 16 („Komm herüber nach Europa und hilf uns“) bezieht, laden die Verantwortlichen des Netzwerkes Miteinander für Europa dazu ein, das „Bündnis der gegenseitigen Liebe“ zu erneuern. Mit musikalischer Begleitung von Sebastian, Lukas und Finja wird das Lied „Shine, Jesus, shine“ angestimmt und nach dem gemeinsamen Gebet des Vater Unser schließt Fadi Krikor vom Father's House for all Nations e.V. die Gebetszeit mit einem kraftvollen Segensgebet ab. Viele der Anwesenden empfinden diesen Moment als einen besonderen Augenblick der göttlichen Gegenwart. Einige bemerken gegenüber Gerhard Pross, „dass das Gebet in der Europakapelle ein besonderer Höhepunkt“ dieser Begegnung in Brüssel gewesen sei.

Zum Abschluss der Begegnung trifft man sich zum Gebet in der Europakapelle in der Nähe der Parlamentsgebäude (Foto: Brehm)

Zum Abschluss der Begegnung trifft man sich zum Gebet in der Europakapelle in der Nähe der Parlamentsgebäude (Foto: Brehm)

 


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