Nachrichten
Absolventenkongress „25 Jahre Akademie für Ehe und Familie“ in Schönstatt: „Du schreibst Geschichte“

Beim Absolventenkongress der Akademie für Ehe und Familie konnten Ehepaar Maria-Theresia und Hubertus Brantzen (l) im 25. Jahr des Bestehens der Akademie den Staffelstab an das neue Leiterehepaar Elisabeth und Bernd Haas weitergeben (Foto: Defrancesco)
Michael Defrancesco. Wenn der Palmsonntag naht, dann wissen die Absolventen der Akademie für Ehe und Familie, dass schon wieder ein Jahr vergangen ist und dass es Zeit ist, die Koffer zu packen – für den Absolventenkongress im Tagungszentrum Marienland in Schönstatt, Vallendar. In diesem Jahr ging es um Geschichte: um die eigene und um die der Akademie, denn vor 25 Jahren entstand dieses Schulungsangebot von Familien für Familien.
Lebensroman und Biografiearbeit

Pater Raul Espina ISch stellt das Konzept des "Lebensroman"-schreibens vor (Foto: Defrancesco)
Wie die Zeit vergeht! Ein guter Zeitpunkt also, in die Biografie zu schauen und sich auf die Spuren Gottes zu machen. Das übernahm am Samstag P. Raul Espina ISch, der den Absolventen die Methode des Lebensromans sowie die Biografiearbeit näherbrachte. Wie entsteht der Roman meines Lebens und warum sollte ich überhaupt einen schreiben? Es geht darum, den roten Faden im eigenen Leben zu entdecken, erklärte P. Raul, das Wirken Gottes in meiner eigenen Geschichte. Es geht darum, lose Enden im eigenen Leben zu verbinden, Zusammenhänge zu erkennen, sich zu versöhnen und sich letztendlich selbst besser kennenzulernen.
Begonnen wurde der Vormittag mit einer gedanklichen Zeitreise: Was ist meine früheste schöne Kindheitserinnerung? Und welche zwei Gegenstände aus meiner Lebensgeschichte würde ich in eine Zeitkapsel stecken, weil sie eine besondere Bedeutung für mich haben? Ein spannendes Gedankenexperiment, das zündete und umgehend ein lebhaftes Gespräch unter den Absolventen auslöste.

Biographische Arbeit konkret (Foto: Defrancesco)
Chronologie und Fakten treffen Deutung und Wahrnehmung
Der Schönstattpater betonte dabei, dass bei einer solchen Reise in die eigene Geschichte zwei Säulen nebeneinanderstehen: die reine Chronologie und die Fakten auf der einen Seite (zum Beispiel das Geburtsdatum meines ersten Kindes) und die individuelle und subjektive Deutung und Wahrnehmung dieses Ereignisses auf der anderen Seite (also die Frage, was ich bei der Geburt des ersten Kindes gefühlt habe und welche Bedeutung ich diesem Ereignis in meinem Leben beimesse).
„Lebenswahrheit ist vielschichtig“, betonte Espina und ermunterte, keine Angst vor Subjektivität zu haben. Gerade für Ehepaare ist es spannend, wenn sich zwei subjektive Wahrnehmungen begegnen. Im Austausch kann das Paar dann herausfinden, wie der Partner und die Partnerin dasselbe Ereignis wahrgenommen hat und welche Bedeutung ihm zugeteilt wird.
So kann man Fakten sammeln und Ereignisse identifizieren, Erinnerungen damit verknüpfen, Muster erkennen und schließlich den Sinn im eigenen Leben finden. Die Vergangenheit wird zur Lehrmeisterin – insbesondere dann, wenn wir diese Erkenntnisse dann wirklich aufschreiben und unseren Lebensroman zu Papier oder zu Computer bringen. P. Raul ermutigte, Ungenauigkeiten und Lücken zu akzeptieren und die Lebensgeschichte mit all ihren Brüchen und Unvollkommenheiten anzunehmen.
Wer das Leben so nachkostet und niederschreibt, der sollte den Lebensroman auch laut vorlesen, riet P. Raul. Entweder einem geistlichen Begleiter oder einer vertrauten Person – oder laut der Gottesmutter im Heiligtum, wenn man allein ist. Niederschreiben, verbalisieren und laut vorlesen – ein Dreiklang.

Judith und Andreas Gerner bringen Erfahrungen mit der "Schriftrolle als Familientagebuch" ein (Foto: Defrancesco)
Die Schriftrolle als Familientagebuch
Am Samstagnachmittag wurde das Thema weitergeführt. Judith und Andreas Gerner stellten die Methode der Schriftrolle vor; so kann beispielsweise eine Familie oder eine Gruppe ihre Geschichte schreiben. Da kann die leere Schriftrolle ausgebreitet werden, und dann dürfen alle ihre Gedanken zu Papier bringen. So kann man zum Beispiel eine Schriftrolle anfertigen während einer besonders intensiven Familienzeit, zum Beispiel wenn die Oma stirbt oder wenn man als Familie einen beeindruckenden Urlaub macht. Wenn jedes Familienmitglied täglich seine Gedanken auf der Rolle notiert, entsteht ein Familientagebuch. Und wenn die Rolle abgeschlossen wird, kann man nach einigen Jahren wieder nachschauen, was man damals empfunden und erlebt hat. So kann Geschichte bewahrt werden, damit man später auf sie zurückgreifen kann.

Christoph Götz zeigt, wie Generationserzählungen identitätsstiftend wirken können (Foto: Defrancesco)

Das muss ausprobiert werden: Die Familienerzählung mit Legosteinen visualisieren (Foto: Defrancesco)
Mit Legosteinen die Familienerzählung visualisieren
Das eine ist die schriftliche Form, das andere die erzählende: Christof Götz warf den Blick auf Erzählungen, die teilweise über Generationen weitergegeben werden und identitätsstiftend wirken – sowohl für Familien wie für ganze Volksgruppen. Dieses Wir-Gefühl und diese Familienerzählung wurden im Anschluss visualisiert: Die Paare nahmen sich Lego-Steine und bauten eine zentrale Geschichte ihrer Paarbeziehung nach. Im Anschluss erzählten sich die Paare gegenseitig, was sie gebaut hatten und gaben sich so gegenseitig tiefe und abwechslungsreiche Einblicke in wichtige Lebensmomente.

Pater Felix Geyer, Leiter der Schönstatt-Bewegung Deutschland, dankt und gratuliert Ehepaar Brantzen für den Aufbau und die 25jährige Leitung der Akademie für Ehe und Familie (Foto: Defrancesco)
25 Jahre Akademie
Nach so vielen guten Gedanken musste am Abend natürlich gefeiert werden. P. Felix Geyer, Bewegungsleiter der deutschen Schönstatt-Bewegung, brachte einen Glückwunsch, mit einem heiteren Quiz blickten die Absolventen auf die vergangenen 25 Jahre zurück, und natürlich gab es Torte mit Tischfeuerwerk – ein solches Jubel-Jubiläum feiert man ja nicht jeden Tag.
„Bereit für ein neues Kapitel?“ – Staffelstab-Übergabe
Die Gründer der Akademie, Maria-Theresia und Hubertus Brantzen, übergaben dann am Palmsonntag symbolisch den Staffelstab der Akademieleitung an Elisabeth und Bernd Haas, die künftig die Geschicke der Akademie leiten werden.

Mit "Bereit für ein neues Kapitel?" überscheiben Elisabeth und Bernd Haas ihren Vortrag am zweiten Tag des Kongresses (Foto: Defrancesco)
„Bereit für ein neues Kapitel?“ war denn auch passend der Vortragstitel der „Neuen“. Elisabeth und Bernd Haas gaben wertvolle Tipps für ein erfülltes Leben und gaben Hilfe, wie man das schaffen kann. Dass man Träume und Ziele hat, dass man Schwerpunkte setzt und seine Träume Schritt für Schritt realisiert, ist das eine. Aber was ist, wenn schwere Gedanken meinem Glück und meinem erfüllten Leben im Weg stehen? Was ist, wenn das Gedankenkarussell nicht zur Ruhe kommen will? Eine Übung, die das Ehepaar Haas mit den Absolventen machte, wird noch lange in Erinnerung und in Gebrauch bleiben; sie geht ganz einfach: Man nehme den unangenehmen Gedanken, der einen ständig plagt, man konzentriere sich darauf und schaue ihn an. Und dann sage man: „Ich habe den Gedanken, dass…“. Was erreichen wir damit? Wir entzaubern den Gedanken als das, was er ist: nämlich nur ein Gedanke und nicht die Wirklichkeit. Gerade dann, wenn schwere Gedanken versuchen, sich uns als Wahrheit und Wirklichkeit zu präsentieren und als reales Ereignis, dann kann diese kleine Übung helfen, den Gedanken in seine Schranken zu verweisen und klarzustellen: Du bist nur ein Gedanke. Das bedeutet nicht, dass du wirklich bist, dass du wahr bist und erst recht nicht, dass du hilfreich für mich bist.

Pater Stefan Strecker feiert mit den Akademiefamilien den Palmsonntagsgottesdienst (Foto: Defrancesco)
Palmsonntagsgottesdienst zum frohen Abschluss eines festlichen Jubiläums-Wochenendes
Im abschließenden Gottesdienst, der mit der Segnung der Palmzweige vor dem Heiligtum von Marienland begann, erschloss P. Stefan Strecker den Absolventen erneut den Sinn des Palmsonntags, bevor Eltern und Kinder in einer freudigen Prozession in die Hauskapelle zogen und dort gemeinsam Eucharistie feierten. Ein froher Abschluss eines festlichen Jubiläums-Wochenendes – und in den herzlichen Umarmungen zum Abschied floss die Freude ein, dass ja bald schon wieder Palmsonntag ist und der nächste Absolventenkongress ansteht.