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26. März 2025 | Deutschland | 

Auf den letzten Metern – Michael Defrancesco und Bettina Gerlowski-Zengeler thematisieren ein immer-noch-Tabuthema


Auf den letzten Metern, ISBN 978-3-429-05992-7, Echter Verlag

Auf den letzten Metern, ISBN 978-3-429-05992-7, Echter Verlag

CBre. Ein Buch, welches das immer-noch-Tabuthema Sterben und Tod wohltuend mitten ins Leben hineinrückt, haben der Journalist Michael Defrancesco und die Hospiz-Geschäftsführerin Bettina Gerlowski-Zengeler im Echter Verlag herausgebracht. Die Autoren besuchten die acht Bewohner des Hospizes „Arche Noah“ im Taunus und ließen sich ganz auf deren Erzählen über ihr Leben ein, auf ihre Erkenntnisse, ihre Einstellungen, ihr ganz bewusstes Gestalten der letzten Tage, Wochen oder Monate und ihre Vorstellungen, ob und was nach dem Tod auf sie wartet.

Wer den Tod annimmt, lebt anders

Die Autoren merken schnell: Wer den Tod annimmt, ihm Raum gibt, der lebt anders. Wer im Bewusstsein lebt, dass jeder Tag der letzte Tag sein könnte, wer sich auf „den letzten Metern“ seines Lebensweges befindet, lebt bewusster und intensiver.

Die Menschen, die in der „Arche Noah“ leben, könnten unterschiedlicher nicht sein: da ist Christa, kurz vor der diamantenen Hochzeit, die es immer noch nicht fassen kann, dass der Krebs so unausweichlich und schnell in ihr Leben trat. Sie hat viele Sozialkontakte und bekommt viel Besuch. Sie freut sich an der liebevollen Zuwendung so vieler und sie hofft, dass nach dem Tod nicht alles aus ist.

Auf den letzten Metern, ISBN 978-3-429-05992-7, Echter Verlag

Auf den letzten Metern, ISBN 978-3-429-05992-7, Echter Verlag

Karl-Heinz ist dankbar für sein wunderbares Leben als Ingenieur. Er konnte durch die Welt jetten und viel bewegen. Mit seiner Frau, die ständig bei ihm ist, kann er viele schöne Rückblicke auf ihr langes gemeinsames Leben halten. Was ihn erwarten wird, das kann er sich nicht vorstellen, aber dass er keine Angst haben muss, das weiß er.

Und dann ist da noch Lieselotte, die das Hospiz mit aufgebaut hat und nun ihre letzten Wochen hier verbringt. Alle wissen, dass Liselotte es gerne schön hat und viel in Schönheit investiert. Sie geht ganz bewusst mit ihrem Sterben um und spricht auch offen und direkt mit jedem darüber.

Den eigenen Vorstellungen auf die Spur kommen

In jedem der Zimmer tut sich eine ganze Welt auf durch den Menschen, der hier erzählt. Das regt an, über die eigenen Vorstellungen nachzudenken, wie man selbst über das Weiterleben nach dem Tod denkt. Dass dies interessanterweise nicht unbedingt mit dem eigenen Glauben zu tun haben muss, ist ebenfalls eine Erkenntnis der beiden Autoren. Trotz Zugehörigkeit zu bestimmten Kirchen und ihren Glaubenssätzen hat jeder Mensch seine ureigenen Vorstellungen.

Auch Christina kommt zu Wort, die 45-jährige Krankenschwester im Hospiz, die froh ist hier zu sein. Im Krankenhaus sehe man viel zu sehr nur auf den Körper des Menschen. Hier sei sie auf die Spur gekommen, auf die Seele zu schauen. Sie habe viel gelernt in den Gesprächen mit den Sterbenden. Besonders schön fände sie, dass bei ihnen im Hospiz „mehr gelacht wird als in jedem Krankenhaus, das ich kenne. Das Leben auf den letzten Metern muss nicht traurig sein.“ Doch in einem stabilen Umfeld zu leben, das wäre wichtig, um ihre Arbeit im Hospiz tun zu können.

Den Tagen mehr Leben geben

Ein ausführlicher Teil über die Geschichte der Hospize schon im Mittelalter und der Hospizidee und Gründung des ersten stationären Hospizes durch Cicely Saunders 1967 bei London mit dem beeindruckenden Satz: Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben, findet sich im Anfangsteil des Buches ebenso wie im nachfolgenden Prolog eine Auseinandersetzung der beiden Autoren mit der Frage, wie stellen wir uns das Leben nach dem Tod vor, was eine Vielzahl von Möglichkeiten zulässt.

Hilfreich ist auch am Ende des Buches ein Informationsteil über Fragen rund um die Hospizarbeit, auch bei Eigeninteresse an und der Suche nach einem Hospiz.

Ein Buch, das mit einer gewissen Leichtigkeit Tod und Sterben thematisiert und durch die Besuche in den acht Zimmern des Hospizes eine große Vielfalt an Schritten „auf den letzten Metern“ aufzeigt. Und ein Buch, das gleichzeitig Hoffnung und Zuversicht verbreitet. Am Ende bleibt das Resume: es ist soooo gut, dass es Hospize gibt. Und: Der Tod gehört zum Leben dazu, deshalb ist es gut, sich selbst Gedanken darüber zu machen und das Thema nicht wegzuschieben, denn sonst schiebt man einen Großteil Leben weg. Das wird sehr deutlich in den Erzählungen der im Hospiz lebenden Menschen.

Bibliographische Angaben

  • Michael Defrancesco, Bettina Gerlowski-Zengeler
    Auf den letzten Metern
    Echter Verlag
    ISBN 978-3-429-05992-7, 120 Seiten, 14 x 22,5 cm. Broschur, € 24,90
    eBook: ISBN 978-3-429-06703-8 / € 20,99 (PDF)
    ISBN 978-3-429-06704-5 / € 20,99 (ePub)

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