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Uns dem Heiligen Geist unterordnen – eine provokative Einladung: Folge 20 der Serie „Synodales Leben im Bund“
Alicja Kostka. Eine der spannendsten Herausforderungen bei der Gestaltung synodaler Prozesse wird es sein, uns dem Heiligen Geist unterzuordnen. Dieses Wort mag provozieren. Wer will sich heute unterordnen? Und: ist dieses Wort noch zeitgemäß? Ja, in dem wir uns bemühen, uns dem Geist unterzuordnen, bezeugen wir seine reale Gegenwart unter uns. Wir bezeugen seine reale Leitung, die wir wahrnehmen und von ihm erhoffen, ja erbitten an diesem entscheidenden Punkt der Kirchen- und Weltgeschichte.
In den Gesprächen im Geist bemühen wir uns, eine Atmosphäre des gegenseitigen Zuhörens vorzubereiten, um „im Hören aufeinander seine Stimme wahrzunehmen“ – so der Schlüsselvorgang des synodalen Vorangehens. Eine der schönsten Erfahrungen ist es, diese leise Präsenz des Geistes mitten in unserer Suche, mitten im Hören und Heraushören, auch mitten im berechtigten Streiten (hier das Stichwort: Redefreiheit), staunend und dankbar wahrzunehmen. Eine neue Erfahrung der Gemeinschaft, die uns das synodale Miteinander schenkt. Der Geist Gottes spricht gewöhnlich leise, daher braucht es Stille – den bevorzugten Raum für ihn. Dies haben schon die Propheten des Alten Bundes erfahren, etwa Elija: Gott kommt nicht im Sturm (der hitzigen Diskussionen) und nicht in dem Erdbeben (etwa der Erschütterungen und Skandale), auch nicht im Feuer (der Empörung). Dies alles mag sein Kommen vorbereiten als Läuterung. Er kommt „in jenem sanften, leisen Säuseln: im Frieden“ – so Franziskus. Oder „wie es im Original genau heißt, mit einem wunderschönen Ausdruck: Der Herr war in einer Spur klangvoller Stille.“ (Ansprache von Papst Franziskus am 13.6.2014)
Wenn wir die Stimme des Geistes wahrnehmen, spüren wir, wie sich auf einmal lang verfestigten Knoten lösen und er – der Geist des Lebens – uns eine Zukunftsperspektive öffnet, die wir nicht vermutet hatten; er führt uns in die Weite. Es liegt an uns, der gemeinsam erkannten Richtung zu folgen, und das heißt ihm selber, der unter uns DA IST. Gott mit- und unter uns.
Nicht überall wird sofort die Einladung zum synodalen, gemeinsamen Gehen angenommen. Schon hier manifestiert sich eine erste Hürde seiner Ankunft, die eine Erneuerung und grundlegende Umkehr überhaupt nicht möglich macht. Das synodale Vorgehen ist eine Einladung zu etwas Neuem, zu einer Erneuerung aus der Grundkräfte der Kirche und der jeweiligen Gemeinschaft heraus.
Um diese Notwendigkeit der persönlichen und gemeinschaftlichen Unterordnung zu veranschaulichen, mag das Bild des Orchesters hilfreich sein, das Papst Franziskus in diesem Zusammenhang gerne gebraucht. Er setzt dabei den Akzent auf die Harmonie: „Die Vielfalt der Instrumente ist notwendig, um der Schönheit und Harmonie der Musik Leben zu verleihen, in der die Stimme jedes Einzelnen ihre eigenen Besonderheiten im Dienst der gemeinsamen Aufgabe bewahrt. So manifestiert sich die Harmonie, die der Geist in der Kirche bewirkt, der Geist, der die Harmonie in Person ist“ (vgl. Basilius der Große, Über Psalm 29,1; Über den Heiligen Geist, XVI,38). (Abschlussdokument, 42). Das Orchester braucht einen Dirigenten: seiner Führung müssen sich die Einzelnen zu- und unter-ordnen, damit ein gemeinsames Spiel entstehen kann. Eine neue Herausforderung, der sich die synodale Kirche in ihren ersten Schritten stellt.
Das Licht und die Richtung, wohin der Geist uns führen möchte, scheinen manchmal äußerst überraschend bis unbequem. Aber gerade in diesem Unbequemen kommt das Neue, wird das Neue unter uns: Das neue Antlitz der Kirche. Johannes XIII. hat mit dem Konzil eine Ära des Heiligen Geistes erwartet. Tatsächlich wurde das Konzil mehrfach als neues Pfingsten proklamiert und auch erlebt. Diese Hoffnung hat der Gründer Schönstatts mit ihm geteilt. In den konziliaren Dokumenten, die eine pastorale Ausrichtung für die Zukunft der Kirche grundgelegt haben, hat er eine „vom Heiligen Geist geleitete Kirche“ erblickt (vgl. u.a. den Vortrag vom 8.12.1965). Zwei Jahre nach dem Konzil sagte er: „An sich sollte die ganze konziliare und nachkonziliare Zeit eine ständige wirksame Erneuerung der Pfingstsituation, Coenaculumsituation, des Coenaculumgeistes und der Coenaculumfrucht sein“ (14.7.1967). Sind wir gerade Zeugen des Anbrechens dieser Ära, die aber nur mit uns anbrechen kann, mit uns als aktiven Gestaltern dieser Prozesse? Das neue Pfingsten ereignet sich neu, will sich neu ereignen, und wir dürfen seine Zeugen und Protagonisten sein.
Pater Kentenich hat Schönstatt selbst als ein lebendiges Coenaculum verstanden. Er war überzeugt, dass dieses Werk mit seiner auf größtmögliche Freiheit und Hochherzigkeit angelegten Spiritualität, ohne zentralistische Leitung, nur als Coenaculums-Realität bestehen kann. Um Maria versammelt, mit ihr um die Gaben des Geistes jeden Tag neu bittend, damit er uns eint und in die Zukunft führt, für das Leben der Welt. Die Erfahrung des Gründers mit seinem Wagnis der Schönstatt-Bewegung war in vieler Hinsicht mit den ersten Erfahrungen der synodalen Kirche kongenial. Beide sind ohne den Heiligen Geist nicht denkbar – beide sind auf ihn existenziell angewiesen. Das Pfingsten will sich gerade neu ereignen, ja, es ereignet sich leise neu.
Alicja Kostka
Leserresonanz
26.11.2024, 10:08 Uhr
Liebe Frau Kostka!
Vielen Dank für Ihren Beitrag: schlicht und einfach und doch so berührend! Das scheint mir Zukunft für die Kirche. Diese Grundeinstellung sollten wir den Pfingstlern und Freikirchen nicht alleine überlassen. Weiter so!
P. Peter Nöthen
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