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26. Oktober 2024 | Deutschland | 

Öffentlicher Vortrag: Das Humanotop – Ein Ort des Menschlichen


Prof. Dr. Achim Kampker, ist Gründer des Vereins „Ingenieure retten die Erde e.V.“ und spricht über die Vision eines Ortes des Menschlichen (Foto: Brehm)

Prof. Dr. Achim Kampker, ist Gründer des Vereins „Ingenieure retten die Erde e.V.“ und spricht in Schönstatt beim JKI-Kongress über die Vision eines Ortes des Menschlichen (Foto: Brehm)

Sr. M. Nurit Stosiek. „Wer hat eigentlich die Kompetenz, hier noch Rettung und Heil zu bringen. Natürlich die Ingenieure, denn die Ingenieure retten die Erde.“ Dieses Wort, mit dem Prof. Dr. Joachim Söder den Abendvortrag im Pater-Kentenich-Haus auf Berg Schönstatt, Vallendar, einleitet, gilt Prof. Dr. Achim Kampker, Inhaber des Lehrstuhls für Production Engineering of E-Mobility Components an der RWTH Aachen. Kampker ist auch Gründer des Vereins „Ingenieure retten die Erde“. Wie es dazu kam, erklärt der Referent des Abends selbst.

Bei sich selber anfangen und nicht auf andere warten

In verschiedenen Konstellationen, so Kampker, sei er immer wieder auf die Haltung gestoßen: zuerst müssen die anderen anfangen, etwas zu ändern. Sein Gedanke: Wir müssen etwas gegen die vielerorts verbreitete Untergangsstimmung tun. So sei die Idee „Ingenieure retten die Erde“ entstanden. „Es geht darum, sich an die eigene Nase zu fassen. Wir wollen nicht unsere Verantwortung delegieren.“ Er hoffe, es käme einmal auf diese Weise zu der Strömung „Menschen retten die Erde“, dass die Einzelnen bei sich selbst anfangen.

Achim Kampker wurde als Mitentwickler des „Streetscooter“ bekannt, durch den die Post/DHL in den Städten Pakete lokal CO2-frei zustellen kann. Heute wird das E-Mobil deutschlandweit zu Tausenden für die Post eingesetzt.

Achim Kampker wurde als Mitentwickler des „Streetscooter“ bekannt (Foto: Brehm)

Achim Kampker wurde als Mitentwickler des „Streetscooter“ bekannt (Foto: Brehm)

Technologie als Schlüssel für die heutigen Herausforderungen

Kampker zeigt sich überzeugt, dass Technologie der Schlüssel für die heutigen Herausforderungen sei, ohne dabei den Menschen zu vergessen. Technologie sei nur ein Teil der Lösung, der Mensch stehe im Mittelpunkt. Deshalb trage sein zentrales Projekt den Namen Humanotop – Ort des Menschen. Die Technologie solle helfen.

In seinem motivierenden und inspirierenden Vortrag sprach der Referent über das Humanotop als eine Modellstadt der Zukunft, in der alle benötigten Ressourcen auf dem gleichen geographischen Gebiet „produziert“ werden. Dies betreffe insbesondere Energie (Urban Energy), Wasser und Lebensmittel (Urban Farming), Mobilität (Urban Mobility) und weitere dazu benötigte Infrastruktur inklusive Gebäudebau und Vegetation.

Städte, so Kampker, seien derzeit das größte Problem und „leben“ auf Kosten des Umlandes. Das müsse anders werden. Es gelte, die Städte so weiterzuentwickeln, dass auch sie Teil eines Kreislaufs werden würden.

(Folie: Kampker, Ingenieure retten die Erde e.V.)

(Folie: Kampker, Ingenieure retten die Erde e.V.)

Charakteristika des Humanotops

Lebensraum - Eine sogenannte Eco-City ist eine menschliche Siedlung, die sich an selbstragenden Strukturen und Funktionen natürlicher Ökosysteme orientiert. Im Mittelpunkt steht das Wohlergehen der Bürger*innen durch integrierte Stadtplanung und –bewirtschaftung, in dem die Vorteile des Ökosystems gezielt genutzt und somit Güter für zukünftige Generationen geschützt und gepflegt werden.

Mobilität – angezielt ist, dass der Verkehr langfristig ausschließlich klimaneutrale Energie nutzt, denn nur mit einer Verkehrswende ist die Vollendung der Energiewende möglich.

Ökologie - Die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft geht mit der Zerstörung von Lebensräumen einher. Deshalb ist es wichtig, die Landschaft von Bebauung freizuhalten, das urbane grüne Netz auszuweiten und die bereits vorhandenen Strukturen dichter zu bebauen.

Energie - Die Energieerzeugung im Humanotop erfolgt direkt am Ort der Verbraucherinnen und Verbraucher durch Installation von Solar- und Windenergie auf Hausdächern und freien Flächen.

Produktion - Der Ressourcenverbrauch kann optimiert und durch umweltschonende Rohstoffgewinnung sowie durch Anwendung einer Kreislaufwirtschaft, ökologischer Energieerzeugung und Speicherung umweltschonend werden.

Das Humanotop ist also eine Modellstadt, die Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit miteinander verbinden soll: Die Natur wird nicht zerstört, aber es macht auch marktwirtschaftlich Sinn. Die Grundzüge dieser Modellstadt entstehen an der deutsch-niederländischen Grenze auf dem Gelände des Avantis Business-Parks. Hier können Start-ups oder Unternehmen, vor allem aus den Bereichen Ernährung und Mobilität, erste Praxiserfahrungen machen.

Kampker: Die industrielle Zucht von Insekten fungiert als ideale Alternative zu den herkömmlichen Futtermitteln (Foto: Brehm)

Kampker: Die industrielle Zucht von Insekten fungiert als ideale Alternative zu den herkömmlichen Futtermitteln (Foto: Brehm)

Ziel: ein Kreislaufmodell

Achim Kampker stellt manche erstaunlichen Wege vor, um Probleme mit Hilfe des Kreislaufmodells anzugehen: Die Nutztierhaltung sei zum Beispiel für 18% der weltweiten Klimagase in der Atmosphäre verantwortlich, vor allem aufgrund der Produktion der Futtermittel. Hauptbestandteil des Futters sei Soja, weshalb es zur großflächigen Rodung des Regenwaldes für Plantagen komme. Des Weiteren diene Fischmehl als Futtermittel für Aquakulturen. Die Produktion führe zur Überfischung der Meere, wodurch es zu Artensterben sowie zur Zerstörung der Dynamik des Nahrungsnetzes komme. Die Fütterung von Soja und Fischmehl habe somit verheerende Auswirkungen auf die Umwelt. Um der Abholzung des Regenwaldes und der Überfischung entgegenzuwirken, musste also eine nachhaltige Alternative zu Soja und Fischmehl gefunden werden.

Die industrielle Zucht von Insekten fungiere als ideale Alternative zu den herkömmlichen Futtermitteln, da sie einen hohen Proteingehalt besäßen. Kampker machte deutlich, dass sich für den Nahrungsmittelkreislauf die „Soldatenfliegen“ am besten eignen würden, da diese sich von nahezu allen organischen Abfällen ernähren könnten. Außerdem seien sie keine Schadinsekten, somit keine Krankheitsüberträger. Die Larven der gezüchteten Soldatenfliegen können sowohl als Futtermittel, als auch als hochwertiger Dünger und Öl verwendet werden. Im Gewerbegebiet Avantis, direkt an der holländischen Grenze gelegen, stehen bereits Prototypen für die einzelnen Prozessschritte.

Die interessanten Ausführungen Kampkers fanden bei den Anwesenden große Resonanz, was in der anschließenden Diskussion deutlich geworden ist.

 

 


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