Nachrichten
IHR Blick und SEIN Blick - eine ermutigende Botschaft
Jahresmotto 2025 der Schönstatt-Bewegung Deutschland (Foto: Grabowska, pixabay)
Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Mitglieder und Freunde der Schönstatt-Bewegung!
Ich darf als neu gewählter Bewegungsleiter in diesem Bündnisbrief zum ersten Mal ein paar einleitende Worte an Sie richten. Bei meinem Hineinwachsen in diese für mich neue Aufgabe steht das Jahresmotto bereits fest: „Du bist groß in mir – mitgehen“. Begleitet wird das Motto von dem Bildausschnitt des Marienbildes aus unserem Heiligtum, das die Augen von Maria und Jesus hervorhebt. Es ist IHR Blick und SEIN Blick, die uns entgegenblicken. Zusammen bilden diese Augen-Blicke und das Jahresmotto – zumindest für mich – eine ermutigende Botschaft, die mir hilft, auch meinen Blick auf die Zukunft zu schärfen und auszurichten.
Ermutigend, denn ER ist es, der wirkt. In mir und in jedem Menschen. In jedem Paar Augen, das ich ansehe, sehe ich auch IHM in die Augen. Das lässt mich auch ehrfürchtig werden vor jedem einzelnen Menschen und jeder einzelnen Begegnung. Aber auch wenn man die Perspektive wechselt, hat es eine Wirkung: Auch ich werde gesehen, ER wirkt auch in mir und ich werde gesehen. So wird jede Begegnung zum Augenblick, der mich ein Stück weit verändert.
Heiliger Boden
Ich habe in den Jahren nach meiner Diakonenweihe an der Universität gearbeitet und für mich eine entscheidende Frage gehabt: Was kann ich als Seelsorger „nur“ in einem universitären Umfeld arbeiten? Brauche ich nicht vielleicht mehr Kontakt zu Menschen in einer Gemeinde oder in der Bewegung, um immer mehr hineinzuwachsen in eine diakonische Haltung und einen diakonischen Dienst. Eine Ordensschwester sagte mir in dieser Zeit einen Satz, der mich seitdem immer wieder begleitet: „Sag dir einfach: Überall, wo du arbeitest und wo du stehst, da ist Heiliger Boden“. Dieses Wort vom Heiligen Boden („Leg deine Schuhe ab; denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden“, Ex 3,5) begleitet mich seitdem in allen Arbeitsbereichen und Stationen meines Lebens, und das Jahresmotto mit den durchdringenden Augen von Jesus und Maria weckt zutiefst das Gefühl, das mit diesem Satz verbunden ist. Wie Maria und mit ihr stehen wir auf demselben Grund: Heiliger Boden, das ist dort, wo mich der Blick eines anderen Menschen trifft. In jeder Begegnung mit jedem Menschen stehe ich auf Heiligem Boden, weil ER es ist, der in den Menschen wirkt.
Auf mich hat das eine ermutigende und vor allem auch verändernde Wirkung. Ein Teil von dem, was es in mir auslöst, will ich in drei Haltungen zum Ausdruck bringen.
Ein Augenblick voll Ehrfurcht und Neugier
Da ist zunächst die Haltung von Neugier und Ehrfurcht. Ich will verstehen, was mein Gegenüber denkt, was den oder die andere motiviert und wie er oder sie auf die Welt blickt. In Schönstatt geht es seit dem Gründungsmoment immer wieder um die Frage der Selbsterziehung unter dem wohlmeinenden Blick der Gottesmutter. Das Augenpaar, das mich anblickt, macht mir – manchmal auch ohne Worte – deutlich, an welcher Stelle ich wachsen kann, aber auch, worüber ich bei mir dankbar sein darf. Zur Neugier gehört aber auch ein großes Moment an Achtung und Ehrfurcht vor der unfassbaren Würde des konkreten nächsten Menschen. Wo über Menschen als Völker oder Massen gesprochen wird, da wird der Blick für die Würde des Einzelnen leicht vergessen. Vielleicht steckt in der Haltung von Neugier und Ehrfurcht im Angesicht des anderen auch ein entscheidender Anknüpfungspunkt für die vielfältigen Krisenerscheinungen, seien es die Kriege in Nahost und der Ukraine, gesellschaftliche Spaltungen und populistische Verengungen. Es kommt mir fast absurd vor, einen Menschen als Feind zu bezeichnen, wenn ich mir nur den Blick in seine Augen und dabei das Wort vorstelle: „Du bist groß in mir“. Sicher, das ist kein Allheilmittel für eine bessere Welt, aber, so zumindest erlebe und hoffe ich es, vielleicht ein erster Schritt oder zumindest eine Haltung, die mir hilft, den unmittelbaren Augenblick ganz ernst zu nehmen, trotz der Ambivalenzen und Unlösbarkeiten unserer Welt.
Aktives Hören auf Heiligem Boden
Eine zweite Haltung, die das Bild vom Heiligen Boden bei mir auslöst, ist die des aktiven Hörens. Ich will in dieser Begegnung mit IHM, in jeder Begegnung ganz aufmerksam werden für die leisen Stimmen. Es ist nicht nur ein passives Hören und Aufnehmen, sondern ein aktives: Verstehen Wollen, Nuancen nachgehen und immer im Blick halten, was das für mich bedeutet. Dieses aktive Hören auf Heiligem Boden scheint mir die Haltung zu sein, die Papst Franziskus auch für den Synodalen Weg wünscht, bei dem es darum geht, den Willen Gottes für die Kirche in der heutigen Zeit zu erkennen und konkrete nächste Schritte zu gehen – mitzugehen. Den Willen Gottes kann kein Mensch allein erkennen, das geht nur im aktiven Zusammen-Hören und aktiven Miteinander-Mitgehen. Damit ist kein Feststellen oder Verhandeln eindeutiger Positionen gemeint, dafür jedoch ein möglicher Weg für den nächsten Schritt angedeutet. Und der beginnt im Augenblick, in der Begegnung mit IHM, von dem wir sagen: „DU bist groß in mir“. Vielleicht ist damit auch ein Perspektivwechsel meiner eigenen Überzeugungen verbunden. Ich wünsche mir diese Haltung zumindest für meinen Beginn an verantwortlicher Stelle für die Schönstatt-Bewegung und hoffe, diesem Anspruch gerecht werden zu können.
Der Drang zum nächsten Schritt
Eine dritte Haltung aus dem Jahresmotto in Verbindung mit dem Stehen auf Heiligem Boden hat etwas damit zu tun, nächste Schritte auch angehen zu wollen. Es ist die Haltung von Mitgestaltung. Wenn er es ist, der groß in mir ist, dann will er auch etwas in der Welt verändern. Veränderung beginnt zwar bei mir selbst, darf aber nicht an der Stelle stehen bleiben. Es ist das Moment, sich gedrängt zu fühlen, oder das „nichts ohne uns“, von dem wir in Schönstatt auch immer wieder sprechen, als Haltung zu kultivieren. Es ist Seine Anwesenheit („Die Liebe Christi ist es, die uns drängt“ 2 Kor 5,14), die dieses Drängen nach Mitgestaltung auszulösen vermag.
Liebe Freunde und Mitglieder der Schönstatt-Bewegung,
Am Anfang meiner Zeit als Bewegungsleiter frage ich mich natürlich, wohin wir als Bewegung in der Kirche, in der Gesellschaft und in dieser Zeit besonders gerufen sind. Ich sehe diese Haltungen auch als Marianische Haltungen, die Ausdruck des Bündnisses sind, das wir mit Maria schließen. Bild und Jahresmotto tragen für mich persönlich, aber wie angedeutet auch für die Zeit, Kirche und Bewegung wichtige Impulse, und ich wünsche uns allen die Kraft, die aufrichtige Unterscheidung und die richtigen Worte zur rechten Zeit. Diese Haltungen machen nicht alles neu, was bisher gewesen und gewachsen ist, sondern setzen genau da an, wo wir stehen, bei all dem, was bisher geworden ist – sie setzen an in diesem Augen-Blick.
Ich persönlich darf dabei anknüpfen an das Fundament, das mein Vorgänger P. Ludwig Güthlein in den letzten Jahren aufgebaut hat. Ich bin dankbar für die vielen Menschen, die für das Ganze der Schönstatt-Bewegung mitarbeiten. Ich freue mich über jeden und jede, der oder die mitgeht.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Bündnistag.
Ihr
Pater Felix Geyer
Schönstatt-Bewegung Deutschland