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1. August 2024 | Worte des Bewegungsleiters | 

Das alltägliche Wunder der Regeneration


Ruheplatz am Wasser (Foto: indiana-dunes-state-park-1848559, pixabay)

Ruheplatz am Wasser (Foto: indiana-dunes-state-park-1848559, pixabay)

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Mitglieder und Freunde der Schönstatt-Bewegung!

Das alltägliche Wunder der Regeneration

Das geistliche Morgenlied von Paul Gerhardt aus dem 17. Jahrhundert „Lobet den Herren alle, die ihn ehren“ (GL 81) startet mit Lobpreis in den neuen Tag. Auch wenn sicher viele von uns eine Anlaufphase brauchen, so kennen wir doch alle, wie sehr der Schlaf der Nacht die Kräfte regenerieren kann. Selbst wenn man „todmüde“ ins Bett gefallen ist, wird man wieder wach und spürt neue Lebenskraft. Das ist so selbstverständlich und doch auch wirklich ein Geschenk zum Staunen. Staunend und dankbar heißt es deshalb in dem Lied: „Dass unsre Sinnen wir noch brauchen können und Händ und Füße, Zung und Lippen regen, das haben wir zu danken seinem Segen. Lobet den Herren!“

Wie oft haben wir es auch erlebt, dass Wunden „wie von selbst“ wieder zuwachsen. Die aufgeschlagenen Knie der Kinderzeit sind längst vergessen und auch gebrochene Knochen und manchmal auch die zugenähten Schnitte einer Operation sind wieder verheilt. „Der Erfahrene hat viele Narben“, sagt man. Sie bleiben sichtbar und manchmal spürbar, aber man kann damit leben. Unverletzt geht niemand durch das Leben. Wir dürfen viel Zuversicht haben in die Heilungs- und Regenerationskräfte, die in uns und in allem Leben stecken.

Mit dem Wort Urlaub verbinden wir größere Hoffnungen als mit dem Schlaf einer Nacht. Es ist eine Zeit außerhalb der alltäglichen Zeit. Ich glaube, die Regeneration eines Urlaubs liegt daran, dass eine neue Weite zum Erlebnis wird. In der klassischen Streitfrage zwischen Urlaub am Meer und Urlaub in den Bergen gibt es keinen Kompromiss. Und doch haben beide Urlaubsorte etwas gemeinsam: Beide bieten einen anderen Blick in die Weite. Beim Blick zum Horizont verschwimmen das Meer und der Himmel, und das Farbenspiel des Sonnenaufgangs bestimmt den Himmel und spiegelt sich im Wasser. Nach dem Aufstieg aus dem Tal wandeln sich die massiven Bergwände zum Blick über die Landschaft. Das Hoch und Tief der Täler und Berge wird kleiner und mit ihnen die Mühen des Alltags. Ein neuer Blick auf die Welt erneuert auch den Blick auf das Leben. Übrigens kann man auch bei einer Besichtigung, bei einem Museumsbesuch oder beim Lesen eines Buches Unbekanntes entdecken und Freude am Neuen erleben.

Im Psalm 18 heißt es „Der Herr führte mich hinaus ins Weite, denn er hatte an mir Gefallen“ (Ps 18,20). Es gibt auch eine geistliche Regeneration.

„Da geht einem das Herz auf“

Eine Religionslehrerin hatte mit ihrer Grundschulklasse über mehrere Religionsstunden hinweg sich mit dem Thema Gebet beschäftigt. Dabei haben die Kinder über ihre Fragen gesprochen, aber auch miteinander geübt. Beten, Stille, Singen, Worte, Haltungen und das praktische Ausprobieren hat den Kindern besonders gefallen. Nach diesen „Projektstunden Gebet“ wurde die Lehrerin gebeten, bei einem Treffen mit Kollegen von diesem Projekt zu berichten. Sie fragte die Kinder, was ihnen besonders wichtig ist und was sie den andern Lehrern über das Beten sagen soll. Verschiedenes wurde zusammengetragen. Einer der Jungen stand auf und sagte dann: „Sie müssen den Lehrern sagen, dass das ganz toll ist.“ Und er stand da. Die Arme hingen gestreckt nach unten und er drehte die Handflächen nach vorn, hob den Kopf und sagte dabei: „Da geht einem das Herz auf.“

Gelegentlich mache ich es diesem Jungen nach. Ich stelle mich, drehe die Handflächen nach vorne und sage mit erhobenem Kopf: „Da geht einem das Herz auf.“ Ich merke, wie etwas von Weite in mein Herz und mein Denken hineinkommt. Es gibt viele Gebetsformen. Manchmal muss man bewusst die gewohnte Form aufbrechen und den innersten Vorgang „regenerieren“.

Tanzen und Lobpreis – geistliche Regeneration

Ende Juni konnte ich an der Glaubenskonferenz UNUM24 in der Olympiahalle in München teilnehmen. Von Donnerstag bis Sonntag kamen etwa 6.000 Christen aus vielen Denominationen und Konfessionen zusammen: evangelische und katholische und besonders auch freikirchliche und charismatische. Etwa die Hälfte war unter 30 Jahre alt. Das Treffen war von langen Lobpreiszeiten geprägt, die von verschiedenen Musikbands gestaltet wurden. Dazwischen gab es Vorträge, Glaubensverkündigung und Zeugnisse von Glaubenserfahrungen von internationalen Predigern und Gemeindeleitern. Einen Artikel über die inhaltliche Fülle ist in der Online-Ausgabe der Tagespost1 zu finden.

Über mehrere Tage habe ich noch nie so viele Lobpreiszeiten mitgemacht wie in diesen Tagen. Bisher liegen meine Erfahrungen mehr in geistlichen Zeiten mit Stille, besinnlichen Liedern und bewegten Gottesdiensten. Diese Lobpreiszeiten waren lauter, rhythmischer und mit vielen Wiederholungen, die immer mehr zu meiner eigenen Betrachtung wurden. Viele der Jugendlichen Teilnehmer kannten die Lieder gut und sangen und tanzten mit. Martin Smith, ein Wegbereiter der Lobpreismusik, formulierte seinen Eindruck von der heutigen Jugendgeneration so: „Ich glaube, diese Generation singt und tanzt sich in einen persönlichen Glauben hinein und feiert ihre Glaubensentdeckung.“

Eines seiner Lieder besingt die Verkündigung aus Jesaja 61,3: Gott gab mir „a garment of praise“ – „ein Lobpreisgewand“.

Der Kehrvers des Liedes wiederholt immer wieder die Zeile: „Keine Traurigkeit kann mir rauben, was du mir gabst, denn ich trage ein Lobpreisgewand.“ Geistliche Regeneration ist wie das Anziehen eines festlichen Gewandes. Paulus beschreibt das mit dem gleichen Bild: „Ihr seid alle durch den Glauben Söhne Gottes in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen“ (Gal 3,26-27). Das weiße Taufkleid bringt diese Erfahrung symbolisch zum Ausdruck. Gott schenkt meinem Leben Schönheit und Würde. Jeden Tag dürfen wir dieses festliche Gewand tragen.

Wie würden Sie das Gewand nennen, das in Ihnen immer wieder die Freude über die gottgeschenkte Würde erneuert? Vielleicht Gewand des Segens? Ein Lobpreisgewand? Ein Liebesbündnisgewand?

Martin Smith zog für das Singen seines Liedes extra ein Gewand über. Der Name Jesu war auf das Gewand geschrieben und es war sein Bekenntnis, was für ihn die Mitte seines Lobpreises ist.

Ich wünsche Ihnen in der Urlaubszeit Erholung und ganzheitliche Regeneration

P. Ludwig Güthlein
Schönstatt-Bewegung Deutschland

Jahresmotto 2023/2024 der Schönstatt-Bewegung Deutschland (Motiv: Hanna Grabowska)

Jahresmotto 2023/2024 der Schönstatt-Bewegung Deutschland (Motiv: Hanna Grabowska)


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