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7. Oktober 2024 | ImPuls - Schönstatt - synodal | 

Das Leben will begleitet werden. Gedanken zum synodalen Stil: Folge 17 der Serie „Synodales Leben im Bund“


ImPuls - Schönstatt - synodal (Montage: POS, Brehm)

Alicja Kostka. Bei der synodalen Gestalt der Kirche geht es nicht um vorschnelle Ergebnisse. Die Hoffnungen auf Veränderungen in Frage der Ämter und der Lehre wurden vor dem Beginn der zweiten Synodensitzung in Rom zu Recht abgekühlt. Gewiss, bringt die am 2. Oktober eröffnete Synodenversammlung neue Perspektiven und konkrete Veränderungsvorschläge, die sich aus dem weltweiten synodalen Beratungs- und Unterscheidungsprozess ergeben. Dies zeigen schon die zehn thematischen Schwerpunkte, die nun Themen der intensiven Beratungen in Rom sind. Bei der synodalen Reform der Kirche handelt es sich jedoch um langfristige Prozesse, die aber schon in sich, in ihrer reziproken Dynamik, sich auf die Kirche und ihre Teilgemeinschaften und auch auf die Gläubigen belebend auswirken werden durch eine zunehmende Teilnahme und neue Formen der Mitverantwortung.

Der Geist ist es, der lebendig macht

Die belebende Kraft des synodalen Stils geht vom Geist Gottes aus. Er rückt in die Mitte der synodalen Dynamik. Ihn wollen und sollen wir ernst nehmen. Mit jedem „Gespräch im Geist“ wird er eingeladen und konkret, manchmal überraschend erfahren. So bleibt z.B. die Problematik einer angemessenen Präsenz der Frau in den Entscheidungsprozessen der Kirche im Mittelpunkt der Beratungen im Themenbereich Charismen und Ämter, sie wird aber nicht auf die Frage der Weihe begrenzt. In dieser grundsätzlichen Offenheit können sich neue Formen der Mitentscheidung und Leitung eröffnen, wenn wir erlauben, dem Geist in unvoreingenommener Weise in unseren Arbeitsgruppen Gehör zu schenken.

In den Resonanzrunden, die für das Wahrnehmen seiner Stimme von entscheidender Bedeutung sind, geht es um das gegenseitige Heraushören: was lebt im Herzen des je Anderen? Wo entzündet sich das Herz am Gehörten, wo markieren sich die Verbindungslinien, die eine Spur der Gegenwart Gottes sind? Eine neue Fähigkeit ist gefragt, ihn in der Mitte der authentisch kommunizierenden Gemeinschaft wahrzunehmen.

Das faszinierende ist, dass der Geist des Lebens am Leben des jeweiligen Teilnehmers, der jeweiligen Teilnehmerin des Prozesses ansetzt. Der Geist Gottes nimmt unser Leben mit all seinen Fragen und Kontingenzen ernst und er schätzt es. Er braucht es als unabdingbaren Teil des synodalen Prozesses. Das Leben ist wichtig, so wie es ist! Die kleinen Funken des jeweils Lebendigen verbinden sich zu größeren Flammen, die das Leben in der Runde markieren. Und dieses Leben möchte begleitet werden, damit es sich entfalten kann. In der Mitte des synodalen Prozesses steht das Leben.

Die Kunst des Begleitens: Ein Amt des Begleiters

Diese Lebensaufbrüche möchten begleitet werden. Daher spricht man im Vorfeld der II. Sitzung der Synode immer öfters von dem Amt der Begleiterin bzw. des Begleiters. Dieses Amt braucht keine Weihe. Während des europäischen Vorbereitungstreffens auf die Synode in Linz Anfang September sprach Thomas Halík, davon und unterstrich: „Dieser Dienst erfordert sowohl ein persönliches Charisma, wie auch besondere Ausbildung und Supervision. Es ist eines von vielen Ämtern in der Kirche, für deren Ausbildung Gott nicht zuletzt Frauen viele Charismen gegeben hat.“ Im Vorfeld der zweiten Sitzung ist die Rede von Moderatoren, bzw. Facilitatoren.  „Facilitators“ sind „Ermöglicher“ oder „Moderatoren“ –  ausgebildete Fachleute, die bei der Synode die Teilnehmer beim „Gespräch im Heiligen Geist“ anleiten, begleiten und unterstützen sollen. Hier ist vor allem die Gabe und die Fähigkeit der Unterscheidung der Geister gefragt, um herauszufinden, wohin will der Geist Gottes die jeweilige Gemeinschaft führen.

Eine Analogie zur Familie

Die neuen Dienste der Begleiter und Begleiterinnen, die bisher nicht im Vordergrund des kirchlichen Dienstes standen, möchten die neue Dynamik des Miteinanders unterstützen, die sich aus dem Hören auf den Geist ergibt, damit sie zu einem konstruktiven Anschluss – auch über Klippen der Konflikte – kommen kann. Hier bietet sich eine Analogie zur Lebensgemeinschaft und zum Lebensprozess: Familie. Auch da geht es um Begleitung des Lebens: Das Leben der Partner bündelt sich und ermöglicht eine Weggemeinschaft; die Kinder brauchen Begleitung in ihrem originellen Leben im Wechselspiel der Kommunikation zwischen Eltern, Kindern und Geschwistern. Die Mutter begleitet das Kind und unterstützt sein originelles Leben, so wie der Vater auf die ihm eigene Weise. Beide aus ihrer je originellen Sensibilität und ihren Fähigkeiten heraus begleiten die Lebensprozesse in der Familie, damit Gemeinschaft, Harmonie und Glück erfahren wird.

Eine Analogie zu Schönstatt

Josef Kentenich, der selbst mit dem Gesetz der Resonanz gearbeitet hat, hat immer auf das Lebendige im Menschen und in der Gemeinschaft gesetzt. Die Funken des Lebens, die er in einem Menschen, in einem Gremium wahrgenommen hat, pflegte er sorgfältig und unterstützte sie, er reinigte sie und verband sie mit den Funken im eigenen Herzen. Er verband sie mit dem Funken Gottes, führte zu Gott hin. Ohne Resonanztheorie zu entwickeln oder kennen zu können, hat er tief resonant gelebt. So sagt er z.B. vielfach, dass ohne ein entsprechendes Erlebnis auf der natürlichen Ebene – wie z.B. beim Wort: Vater – nur schwer eine Resonanz in der Seele im Blick auf Gott als guten Vater geweckt werden kann.

Pater Kentenich hat das Leben sorgfältig begleitet. Die Dynamik der Begleitung fand u.a. ihren Ausdruck in den sogenannten „Strömungen“ innerhalb der Schönstattfamilie. Ein Erlebnis, einen Wert, welches das Leben und die Resonanz in den Seelen weckte, beobachtete er und unterstützte es. So entstanden z.B. die Hausheiligtums-Strömung, die Krönungs-Strömung oder die Josef Engling-Strömung in der Schönstattfamilie. Da weckten zeitweise bestimmte Schwerpunkte der Spiritualität mehr Leben und haben auf langer Sicht zu mehr Lebendigkeit beigetragen, als die Entfaltung der Spiritualität selbst. Strömungen stehen für Lebendigkeit der großen Familie; sie brauchen aber Pflege und Begleitung.

So sind KursleiterInnen und GruppenleiterInnen, sowie die LeiterInnen der Gemeinschaften dafür da, das Leben zu begleiten. Vielleicht braucht es heute ein neues Reflektieren dieser Ämter in der synodalen Perspektive: Wie können sie das Leben der Einzelnen und der Gemeinschaften mehr unterstützen? – Im Dienst des Lebendigen stehen in Verbindung mit dem, der lebendig macht.

Alicja Kostka, 22.9.2024

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