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Synodalität: ein neuer Anfang im Heiligen Geist. Folge 12 der Serie „Synodales Leben im Bund“
Alicja Kostka. Die Einladung von Papst Franziskus, eine mehr und mehr synodale Kirche auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens zu gestalten, bringt etwas Neues mit sich. Schon des Namens wegen braucht „Synodalität“ eine Begriffsklärung: für die meisten Christen ist es ein neuer Begriff. Synodalität meint nicht nur etwas „Neues“ – sie bringt „Neues“ mit sich und vor allem: sie ermöglicht einen neuen Anfang. Einen Anfang im Heiligen Geist.
Ein neuer Anfang mitten im Scheitern
Mitten in einer tiefgreifenden Krise der Kirche, die für nicht wenige Christen ein Anlass ist, sich von dieser Institution endgültig zu verabschieden, lädt der Geist Gottes ein, uns auf den Weg zu machen; einen neuen Anfang zu gestalten. Dieser Anfang will gemeinsam begonnen werden. Er will aus persönlicher, in Gemeinschaft getroffener Entscheidung geschehen. Theologisch passt voll und ganz zum Geist, der Lebendigmacher ist (Credo in … vivificantem), dass er ausgesprochen in die Ohnmachtssituation der Kirche kommt und sie lebendig, lebens-fähig machen will und es auch vermag, wie die Szene in der Geburtsstunde der Kirche, im Coenaculum, dem Abendmahlsaal, bezeugt: Er schenkt einen neuen Anfang; er macht den Start der Kirche möglich. Deswegen nennt Papst Franziskus den eigentlichen Protagonisten der Synode: den Heiligen Geist. Mit ihm beginnt die synodale Kirche ihre neue Gestalt anzunehmen.
Wie der Synodale Weg der Kirche in Deutschland eine Antwort auf die „Katastrophe des Missbrauchs“ sein will, so ist der weltweite synodale Prozess ein Aufruf und eine Einladung des Geistes, der Kirche einen neuen geistlichen Start zu ermöglichen, als Antwort auf komplexe Krisenerscheinungen (vgl. Das Vorbereitungsdokument zur Synode, Nr. 4-6), innerkirchlich und weltweit. Auch diese Krisenerscheinungen und Problemfelder werden gemeinsam identifiziert und ebenfalls gemeinsam – sorgsam und sorgfältig angegangen. Global und lokal.
Das Gespräch im Geist – ein willkommenes Instrument des Neuanfangs
Von synodaler Erfahrung als einem neuen Beginn überzeugen die ersten Erfahrungen derer, die sich auf das Gespräch im Geist eingelassen haben. Der Anspruch und die Zusage an alle Christgläubigen gerichtet: „Im Hören auf einander die Stimme Gottes herauszuhören“ erweist sich nicht nur als eine Verheißung, sondern geradezu als pfingstliche Erfahrung. Es ist möglich und kann eine faszinierende, neue Erfahrung sein, im ehrfürchtigen Hören darauf, was das Herz der Mitschwester, des Mitbruders bewegt, die Spuren des Geistes wahrnehmen zu dürfen. Diese Spuren nehmen erste Gestalt an im resonanten Nachhören, Nachklingen lassen im hörenden Raum des eigenen Herzens. Der Widerhall der Stimmen – sowohl der erfreulichen, wie auch der kritischen, schmerzlichen Stimmen, der Stimmen am Rande, – markiert die Richtung, in welcher der Geist die hörende Gemeinschaft führen möchte. Instrumentum laboris nennt den Kern dieses Vorgangs sehr anschaulich: „Die inneren Spuren, die das Zuhören der Schwestern und Brüder in jedem einzelnen hinterlässt, sind die Sprache, mit der der Heilige Geist seine eigene Stimme erklingen lässt.“ (IL, Nr. 38) Eine neue Erfahrung wird gemacht und geschenkt zugleich: Er, der unsere Herzen mit seinem Geist in der Taufe gesalbt hat, spricht in uns und mitten unter uns!
Eine neue Kunst eröffnet sich; sie will erst erlernt werden: die Kunst des Hörens mit dem Herzen. Indem Jede:r offen und ehrlich (parrhesia, vom gr.: Redefreiheit) ins Wort bringt, was in ihm lebt, wird die Gemeinschaft nach und nach lebendig. Da entsteht buchstäblich etwas Neues: die neuen Erkenntnisgewinne mitten in der gegenseitig hörenden Gemeinde, die zu neuen Entscheidungen drängen. Mit dem Begriff von Hanna Arend: Natalität, manifestiert sich da die Geburt vom etwas Neuem, wenn wir den Raum, den Raum des eigenen Herzens dafür öffnen. Der Vorgang beschenkt die Beteiligten meistens mit Freude, in der die Frische und die leise Anwesenheit des Geistes sich manifestiert. Nicht frei von Spannungen und Konflikten, die dabei ans Licht kommen dürfen; nicht zuletzt können diese Spannungen als Geburtswehen von diesem Neuen wahrgenommen werden.
Die verblüffende Erfahrung ist oft dabei: ein neuer Anfang ist möglich, wo es schien, dass wir uns in alten Gleisen bewegt haben und keine Bewegung nach vorne abzusehen war. Die Berichte des weltweiten synodalen Prozesses bezeugen: Wo die Gespräche, die Konsultation des Volkes Gottes „in einem synodalen Stil gestaltet wurden, ist der Sinn für die Kirche neu aufgeblüht und die Teilnahme aller hat dem kirchlichen Leben neuen Schwung“ gegeben. (Vorbereitungsdokument, Nr. 7)
„Coenaculumsituation“: Eine Erfahrung und ein Dauerauftrag
Josef Kentenich hat der Coenaculumsituation eine Schlüsselrolle in Entstehung lebendiger Gemeinschaften zugeschrieben. Selbst hat er und haben die Protagonisten der Anfangsgeschichte Schönstatts erfahren, dass hier der Geist am Wirken war, beim Heiligtum und auch unter den Beteiligten. Schönstatt als Aufbruch im Geiste, ja: ein „Gesamtaufbruch“ sollte es sein und etappenweise durfte es auch sein. Die Erfahrung war dabei so deutlich, dass die Beteiligten: die Studenten und Theologen, Priester und Pallottiner aber auch Frauen: Bundes- und Marienschwestern von einer ganzen Coenaculumgeneration gesprochen haben, die sich Ende 20er bis Ende 30er Jahren im Nachklang dieser Erfahrung gebildet hat. Ihren Ausdruck fand sie in der Anbringung des Heilig-Geist-Symbols im Urheiligtum, 1946, und anschließend in weiteren Heiligtümern weltweit.
Bei der Einweihung des Heiligtums des Frauenbundes 1967, sprach der Gründer davon, dass ganz Schönstatt nur als pfingstliches Ereignis zu verstehen und weiter zu erhalten und zu entfalten sei: Als ein dauerhaftes Pfingstgeschehen: „eine dauernde Coenaculumfamilie, dauernd leben in Coenaculumsituation, ständig durchseelt vom Coenaculumgeist und ständig beschenkt mit Coenaculum-früchten“ (Ansprache am 14. Mai 1967). Diese Coenaculumsituation hat er anhand der Apg 1, 14 bezeichnet: „Sie alle hielten einmütig fest am Gebet samt den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern“. Diese Haltung ist Leben-gebärend für die Kirche und jegliche Gemeinschaft, auf jeglicher Etappe. Die Coenaculumsituation hat Josef Kentenich nicht selten mit Erfahrung der Ohnmacht gleichgesetzt, aber gerade diese Situation drängt zum „Coenaculumgeist“: einmütig, im Gebet verharrend (perseverantes), mit Maria… und beschenkt mit den Früchten der Wandlung.
Synodales Miteinander kann einen neuen Anfang schenken und zu einer zutiefst pfingstlichen Erfahrung führen.
Alicja Kostka
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