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24. April 2024 | Kommentar der Woche | 

Christine Praetorius: Auf einen Nenner gebracht


(Foto: Kev, Pixabay)

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Kommentar der Woche:

Auf einen Nenner gebracht

Christine Praetorius | Karlstein am Main (Foto: basis-online.net)

Christine Praetorius | Karlstein am Main (Foto: basis-online.net)

 

 

 

 

 

Christine Praetorius

Auf einen Nenner gebracht

24.04.2024

Haben Sie den Begriff auch schon einmal gehört: „der ist ja voll toxisch“ oder „die leben in einer toxischen Beziehung“ und sich gefragt, was das eigentlich zu bedeuten hat? Ein neues Modewort, das sich in den letzten Jahren etabliert hat.

Erstmals sei das Wort 1972 in einer amerikanischen Fachzeitschrift verwendet worden um damit dysfunktionale Beziehungsmuster zu beschreiben. 2004 verankerte Britney Spears durch das Lied Toxic den Begriff weiter im Mindset. Im Song wird eine hörige Beziehung zu einem unguten Menschen thematisiert. 2022 erschien unter gleichem Titel ein Lied von BoyWithUke. Er besingt Einsamkeit, da er nirgendwo wahrgenommen werde, keiner auf ihn mit seinen Bedürfnissen reagiere: die Anderen haben Schuld an seinem Unglück, ihm bleibt nur Klagen und Alkohol.

Das Wort wird im allgemeinen Sprachgebrauch mittlerweile inflationär gebraucht. Das Internet ist voll mit Tests, ob wir selbst, der Chef, der Freund, der Partner toxisch ist, sogar auf der AOK Seite kann man solch einen Test machen. Mit wenigen Klicks zum Ziel und dann weiß ich, wer der Böse ist, der Giftige. Dann gibt es gleich noch umfangreiche Hilfsangebote, Richtlinien, Ratgeber, wie man sich aus solchen Beziehungen befreien kann. Wenn wir erst mal das Gift kennen, haben wir auch gleich das Gegengift zur Hand und haben die Macht: denn in der Regel ist ja der andere eindeutig böse, wir haben damit nichts zu tun. Unterschwellig ist sowieso klar, dass es narzisstische Menschen sind, somit unbelehrbare, die da Schuld haben.

So einfach ist es leider nicht. Es beschreibt aber doch ganz gut den Kampf zwischen Gut und Böse auf persönlichen Ebenen. In anderen Zusammenhängen tendieren manche politischen Parteien zu einer neuen Form von kaum kaschiertem oder ganz offenem “toxischem“ Autoritarismus – sprich ein zur gnadenlosen Ausnutzung und Ausgrenzung bereiter Egoismus, verdeckt unter dem Mantel: Hilfe für all jene – aber nur für jene, die dem neuen “Führer“ unterwürfig folgen. Das kennen wir doch irgendwoher!

Die Wurzeln solcher Auswüchse sind letztlich immer Angst und Gier. Wir haben aber Recht und Pflicht, uns und andere zu schützen vor dem Gift. Wie aber kann das gelingen?

Ich überlegte, was uns wohl die Charta der Menschenrechte, das Grundgesetz und schließlich auch die Heilige Schrift dazu zu sagen haben. In der Bibel reichen schon die Seligpreisungen und die 10 Gebote als ganz knapp gehaltene Handlungsanweisungen, um in uns die Wurzeln des Gifts unwirksam werden zu lassen und andere zu entgiften.

Mit all diesen Ideen im gedanklichen Gepäck fuhr ich dann vor einer Woche zu einer Fortbildung nach Lindau: Seminare, Vorträge, in der Hauptsache gehalten von Psychoanalytikern, bei denen Religion oft lediglich als Kompensation abgetan wird. Naja. Und dann war da der eine, der über Narzissmus referierte. Eine international anerkannte Koryphäe auf diesem Gebiet. Zu seinem Vortrag blendete er immer die bezugnehmenden Schriften mit Zitaten ein. Als er dann anfing, woran man denn einen nicht toxischen, einen nicht narzisstischen Menschen erkenne, kam das Bild einer Bibel mit dem Zitat: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.

Kürzer kann man das nicht fassen! Helfen wir uns also gegenseitig, uns selbst und andere besser zu lieben, so wie Jesus es immer anbietet und es in der Bibel kurz und prägnant auf einen Nenner gebracht ist.

Christine Praetorius, Karlstein am Main
Psychologische Psychotherapeutin


Quelle: www.basis-online.net 
Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung

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