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17. April 2024 | Kommentar der Woche | 

Kathrin Karban-Völkl: Ärger? Pusteblume!


(Foto: K. Karban-Völkl)

(Foto: K. Karban-Völkl)

Kommentar der Woche:

Ärger? Pusteblume!

Kathrin Karban-Völkl | Kemnath (Foto: basis-online.net)

Kathrin Karban-Völkl | Kemnath (Foto: basis-online.net)

 

 

 

 

 

Kathrin Karban-Völkl

Ärger? Pusteblume!

17.04.2024

Ich stelle mir Gott am zweiten Schöpfungstag vor. Mit einem Schmunzeln im Gesicht greift er ganz tief in seine Ideenkiste und schafft ein noch nie da gewesenes Geschöpf. Eine kraftvolle, mutige Pflanze, ausgestattet mit der Fähigkeit, die verschiedensten Emotionen bei uns Menschen auszulösen: Ärger und Staunen. Frust und Freude. Akzeptanz und Resignation. Knallgelb blüht sie uns seitdem im Frühling entgegen und reckt ihre Löwenmähne dem Himmel entgegen. Die Rede ist vom Löwenzahn. Ob diese von Emotionen umrankte Pflanze ein paar Zeilen wert ist? Ich glaube sogar viel mehr als das. Denn ja, der Löwenzahn hat es in sich.

Bei der Diskussion über den Löwenzahn scheiden sich übrigens die Geister: Menschen ohne Garten genießen gerne das kräftige Gelb hier und da. Aufgrund fehlender Unkrauterfahrung kommt ihnen beim Blick in die Löwenzahnmenge sehr leicht ein seufzendes „Ach ist das schön!“ über die Lippen. Gartenbesitzer dagegen finden die vor Kraft strotzende Pflanze (teilweise) ganz schön nervig – Ausnahmen bestätigen die Regel. Gerne zähle ich mich zu den Ausnahmen, denn ja, ich mag Löwenzahn. Nach 14 Jahren Mutterdasein habe ich mich mit den braunen, kreisförmigen Punkten auf den T-Shirts der Kinder arrangiert (Der Ausruf „Mama, der Strauß ist für dich!“ besiegt jedes Mal aufs Neue den Fleckenärger) und ich übe mich darin, mehr zu staunen als zu ärgern – ganz gleich ob es den Löwenzahn betrifft oder auch die kleinen und großen Herausforderungen des Alltags.

Ein wirksames Mittel „gegen“ den Löwenzahn verrät übrigens eine meiner Lieblingsgeschichten: Sie erzählt von einer Frau und ihrem Kampf gegen den Löwenzahn. Unzählige Experten hatte sie schon aufgesucht, doch keiner wusste ein wirksames Mittel gegen den Löwenzahn. Schließlich befragte sie einen alten Gärtner, der schon so manches in seinem (Gärtner-)leben erlebt hatte. Und sein Rat war eben dieser: „Lerne den Löwenzahn zu lieben!“.

Ob man das lernen kann? Ich glaube, da führt kein Weg daran vorbei. Denn ja, es ist so wichtig für unseren Alltag, unser Miteinander, unsere Welt, eben auch das lieben zu können, was uns quer kommt. Was ungeplant ist. Was – oder wer – anders ist, als erwartet. Was erstmal so gar nicht rein passt und zugleich auf seinen Sitz im Leben beharrt. Letzteres beherrscht der Löwenzahn mit Bravour. Denn er sitzt bzw. wurzelt überall, auch und gerade da, wo Wachstum eigentlich unmöglich ist. Was für eine göttliche Idee, uns diese Blume vor die Füße zu pflanzen und mit ihr die Frage, wie wir mit alltäglichem Ärger, Frust, Ungeplantem umgehen sollen. Glaubt man dem Schöpfungsbericht, so schließt Gott auch den Löwenzahn in sein allzu göttliches Schlusswort mit ein: „Er sah, dass es gut war.“ Grund genug, es Gott gleich zu tun und zu sehen, was gut ist, auch wenn es anders, ungeplant und quer daher kommt. Wer weiß, was daraus noch werden will. Übrigens: Für mich ist die Pusteblume der beste Beweis, dass Gott Humor hat und es ihm ernst damit ist: „Lernt, das Leben in seiner Fülle zu lieben!“.

Kathrin Karban-Völkl
Kemnath
Texterin www.diewortmacherei.de


Quelle: www.basis-online.net 
Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung

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