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16. April 2024 | ImPuls - Schönstatt - synodal | 

Praktischer Vorsehungsglaube – Folge 11 der Serie "Synodales Leben im Bund"


ImPuls - Schönstatt - synodal (Montage: POS, Brehm)

Hans Stehle. Zu dem Blick von uns auf die Synode gibt es auch die umgekehrte Linie und Frage: Was sagt Synodalität uns? Der starke Impuls „Synodale Bewegung“ macht uns Schönstätter aufmerksam auf innerste Momente unserer Spiritualität – neben anderen, etwa den Bund oder die nachkonziliare Dynamik– ganz zentral auf den praktischen Vorsehungsglauben.

Praktischer Vorsehungsglaube

Es geht sozusagen um unsere „Weltanschauung“: die aktive Suche nach dem göttlichen Willen, dem Heiligen Geist und der entsprechenden menschlichen Mitwirkung bei seinem Werk. Dafür gilt es mit einem geübten Glaubenssinn zu hören auf Gottes Stimme in den Seinsstimmen, Seelenstimmen und Zeitenstimmen.

„Zu erkennen versuchen, was der Heilige Geist der Kirche heute sagen will“, ist nach Papst Franziskus der Sinn und die Methode für die Synode. In einem früheren Beitrag dieser Reihe wurde schon darauf hingewiesen, wie bei den Synodalen Prozessen auf den Ebenen der evangelischen Kirche, dann beim Synodalen Weg der Katholischen Kirche in Deutschland und jetzt bei der Weltsynode in Rom jeweils einer dieser drei Aspekte im Vordergrund stand – natürlich nicht exklusiv, aber doch im Ausgangspunkt und in der Arbeitsweise. Nun käme es auf eine Vermittlung, eine Balance dieser drei Aspekte an.

Das heißt für uns als Schönstätter, dass wir tiefer graben in unserer eigenen Spiritualität und uns ausgesprochen üben im Wahrnehmen dieser dreifachen Stimmen des göttlichen Willens.

Zeitenstimmen:

Gott will etwas sagen mit den erschütternden Missbrauchsskandalen bis in höchste kirchliche Kreise. Kann, soll Gott noch lauter sprechen, bis er endlich gehört wird? Und er fordert entsprechende Reaktionen. Das betrifft die Machtausübung in der Kirche, unser Eingebunden-Sein in weltliche Bezüge, auch das Selbstverständnis des priesterlichen Amtes und die Frauenfrage.

Dies gilt umso mehr auch im Blick auf die ebenso doch nicht zu überhörende Zeitenstimme, dem Priestermangel. Seit Jahrzehnten sind wir da auf einer schiefen Ebene mit klarer Tendenz. Vor den Folgen schon in wenigen Jahren verschließen wir noch weithin einfach die Augen. Was bedeutet dies für die Leitungsstruktur in einer Gemeinde und insbesondere für die Eucharistie als „Quelle und Höhepunkt allen kirchlichen Lebens“ und für das „Recht“ der Gemeinden auf Eucharistie? Dazu kommt als Zeitenstimme der Auszug der Gläubigen aus der Kirche und die Abnahme der Bedeutung der Kirche im öffentlichen Diskurs.

Wie üben wir uns im Wahrnehmen und Deuten von solchen (noch weiteren) Zeitenstimmen? Es kann nicht heißen: weiter so und die Reihen enger geschlossen.

„Gott umarmt uns durch die Wirklichkeit.“ (Alfred Delp.) Die Wirklichkeit, wie sie ist, nicht wie wir sie uns wünschen würden. Wirklichkeit ist aber immer auch eine geschichtliche und mentalitätsbedingte Wirklichkeit, die sich je nach geschichtlicher Situation, in anderem Zusammenhang, in anderen Mentalitäten der Welt mitunter auch unterschiedlich darstellt. Deshalb ist gerade für uns Deutsche auch eine gewisse Zurückhaltung angebracht.

Seinsstimmen:

Wir kommen nicht darum herum, die Erkenntnisse der modernen Humanwissenschaften zu rezipieren, auch wenn sie für manche unangenehm sind, weil sie bestehenden Strukturen und Positionen der Kirche widersprechen (zu widersprechen scheinen). Umgekehrt formuliert: die Humanwissenschaften und das vertiefte Bibelstudium helfen uns, auch theologisch und pastoral menschendienlich(er) zu sein.

Damit eine Norm rezipiert werden kann, genügt heute nicht mehr, auf den Normgeber zu verweisen und Gehorsam zu fordern. Die Norm selbst muss dem Humanum dienen und dementsprechend begründbar sein. Vieles ist da natürlich nicht eindeutig und im Fluss. Man muss irgendwann Positionen abwägen und entscheiden, auch mit Kompromissen.

Wir müssen uns üben in der sogenannten „Unterscheidung der Geister“, worauf die Synode öfters verweist. Das ist ja ein Fachbegriff aus der ignatianischen Tradition, gerade bei uneindeutigen Situationen. Da geht es um einen Prozess, um über das eigene Empfinden näher zu ergründen, was wohl der Wille Gottes ist. Es sind da verschiedene Wege.

Als Abschluss und Zusammenfassung bei der Unterscheidung der Geister gilt vereinfacht:

In der Regel ist eher vom GEIST GOTTES,
was AUF DAUER und TIEFGREIFEND
FROH und FREI macht.

Die „Unterscheidung der Geister“ gilt natürlich auch bei den anderen Sprechweisen Gottes, den Zeitenstimmen und den Seelenstimmen.

Seelenstimmen:

Da geht es – siehe das bei der Weltsynode geübte beeindruckende „Gespräch im Geist“ – zentral darum wie wir miteinander sprechen, wie wir einander zuhören.

Ein Impuls der Übung in Achtsamkeit: Kann ich einem anderen Menschen so zuhören, dass ich nicht schon beim Zuhören in innere Zustimmung oder in Ablehnung gehe, dass ich schon beim Zuhören Argumente sammle, die ich anbringen kann, sobald ich zu Wort komme? Nur zuhören, ohne zu werten (!), das ist das Schwerste.

Es ist wie ein pulsierender, schaukelnder Atemvorgang. Von der Aufmerksamkeit (das geht nach außen), das Hören auf die andere Stimme, was und wie sie es sagt, auch mit den Zwischentönen, dem emotionalen Hintergrund – gehe ich in die Achtsamkeit (das geht nach innen), Hineinhorchen in mich selbst. Was davon, was ich gehört habe, hat mich innerlich berührt und bewegt? Bevor ich etwas sage, achte ich auf die Resonanz, die ausgelösten seelischen Spuren in mir. Und dann komme ich wieder zu einem nochmals aufmerksameren Zuhören, und so fort, hin und her, Aufmerksamkeit und Achtsamkeit.

Was ich dann dem anderen sage, hat ein ganz anderes Fundament. Es geht von einer tiefen Verbundenheit aus, gerade auch bei den Unterschieden. Bei aller Konfrontation, Debatten, Diskussionen geht es um einen Weg zu einvernehmlichen Lösungen, Entscheidungen (die auch einen ehrlichen Kompromiss nicht scheuen). Das ergibt dann ein MEHR, wie es bei der „Spurensuche“ heißt, dann wirkt die „schöpferische Resultante“, wie sie P. Kentenich sieht.

Bin ich fähig, geschult und geübt, auf die Seelenstimmen bei anderen zu achten – und ebenso auf die Seelenstimmen in mir? Das ist der Weg, um der Stimme, dem Willen Gottes näher zu kommen. Üben! Üben!

Pfr. i.R. Hans Stehle, Stuttgart

 


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