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14. März 2024 | Miteinander für Europa | 

Eine notwendige Reise: vom Kopf zum Herzen und dann zur Hand


Ausschnitt aus dem Flyer zum Webinar "Zur Einheit berufen - Für eine Ökologie der Beziehungen" (Foto: together4europe.org)

Ausschnitt aus dem Flyer zum Webinar "Zur Einheit berufen - Für eine Ökologie der Beziehungen" (Foto: together4europe.org)

Maria Wienken, MfE. Da die Herausforderungen und Krisen für die Bewahrung der Schöpfung und eine integrale Ökologie weltweit exponentiell wachsen, widmete das ökumenische Netzwerk Miteinander für Europa am 2. März 2024 einen ganzen Tag dem Online-Austausch zum Thema: „Zur Einheit berufen - Auf dem Weg zu einer Ökologie der Beziehungen“ und ließ Fachleute und Aktivisten aus verschiedenen Kirchen und Gemeinschaften zu Wort kommen.

Webinar 2. März 2024 – „Zur Einheit berufen - Auf dem Weg zu einer Ökologie der Beziehungen”

In einer Atmosphäre zunehmender Konvergenz stellten die Referenten ihre Forschungen und ihr Engagement für den Umweltschutz vor. „Kein Ding, kein Geschöpf existiert außerhalb der Beziehung, jedes Lebewesen ist ohne Gemeinschaft nicht denkbar“, sagt Prof. Nicolaos Asproulis, Stellvertretender Direktor der Volos-Akademie für Theologische Studien, Volos, Griechenland, und fährt fort: „Gleichzeitig verdeckt die Gemeinschaft aber nicht die Andersartigkeit und die persönliche Besonderheit, denn die Gemeinschaft existiert nicht für sich allein, sondern um der Menschen willen, die miteinander in Gemeinschaft treten.

Eine Vielfalt von Beziehungen ist für die Entwicklung des Lebens Voraussetzung

Prof. Asproulis war einer von sechs Referenten, die das Thema einer sich stark abzeichnenden Ökologie der Beziehungen aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchteten. So auch Prof. Stefania Papa, Dozentin für Ökologie im Bereich Umwelt-, Biologie- und Pharmawissenschaften und -technologien, Universität 'Luigi Vanvitelli', Italien, in ihrem Einführungsvortrag. Sie untersuchte das Merkmal der Natur, das nicht nur grundlegend, sondern auch äußerst faszinierend ist - die ihr innewohnende Beziehungsfähigkeit - und unterstrich „das Netz komplexer und voneinander abhängiger Beziehungen zwischen jedem Lebewesen und jedem Element der Natur, die das Leben selbst erhalten.“ Diese Beziehungen seien „nicht einseitig, sondern durch den gegenseitigen Austausch von Energie, Materie und Information gekennzeichnet.“ Dies führe zu Harmonie, aber auch zu Konflikten und Zerfall. Gerade „diese Vielfalt der Beziehungen, die sowohl Konflikte als auch Kooperationen einschließt, ist grundlegend für das Funktionieren der Ökosysteme und für die fortlaufende Entwicklung des Lebens auf der Erde, das ständig neuen Herausforderungen ausgesetzt ist.

Mitwirkende und Teilnehmende (Foto: together4europe.org)

Mitwirkende und Teilnehmende (Foto: together4europe.org)

Es geht um eine ganzheitliche Vision der Beziehung zur Schöpfung und zu ihrem Schöpfer

Pfr. Manuel Barrios, Generalsekretär der EU-weiten Kommission der Bischofskonferenzen COMECE, referierte über eine Umfrage zur Rezeption des von Papst Franziskus 2016 unterzeichneten Dokuments Laudato Sì, das auch außerhalb der katholischen Welt eine starke Wirkung zeigte.

Das „Ja zur Schöpfung“ sei eines der „7 Ja“, die das Netzwerk Miteinander für Europa während der Großveranstaltung in Stuttgart 2007 formuliert habe. Daran erinnerte Gerhard Pross, Moderator des Netzwerks, in seinem einleitenden Grußwort zu diesem Tag. „Für viele unserer Bewegungen hat das Thema Ökologie einen hohen Stellenwert und wir verbinden es heute mit unserem Charisma der Einheit, der Beziehungen.“ Es gehe darum, zu einer ganzheitlichen Vision der Beziehung zur Schöpfung und zu ihrem Schöpfer zu gelangen.

DialogUE – Raum finden für Ideen der lokalen Demokratie

Der Online-Tag ist Teil eines von der Europäischen Union (EU) unterstützten Projekts, DialogUE. Es ist daher angemessen, den European Grean Deal vorzustellen, ein ehrgeiziges Projekt, bei dem die EU einige der strengsten Umweltstandards der Welt entwickelt hat. In diesem Zusammenhang betonte Prof. Philip McDonagh aus Irland, Direktor des „Centre for Religion, Human Values and International Relations“ an der Universität Dublin, die Bedeutung von Artikel 17 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Dieser Artikel fördere einen offenen und transparenten Dialog über wichtige Fragen, mit denen Europa konfrontiert sei, durch hochrangige Treffen und Seminare für Dialog und Arbeit zwischen den europäischen Institutionen und den Kirchen. Prof. McDonagh lädt die Teilnehmer des Webinars ein, im Rahmen dieses Vertrags „Raum zu finden um Ideen einzubringen, auch zu Fragen der Nahrungsmittel und der Ernährungsweise, der globalen Ernährungssicherheit, der EU-Politik und -Gesetzgebung sowie der lokalen Demokratie.

1. September – „Tag der Schöpfung“

Einen sehr konkreten und persönlichen Blick bietet uns Prof. André Galli, Physiker an der Universität Bern (Schweiz), der das Projekt Grüner Fisch vorstellt. Seit 15 Jahren engagieren sich Christen und nichtchristliche Organisationen in konkreten Aktionen für die Bewahrung der Schöpfung. Ein besonderer Höhepunkt ist der 1. September, der in verschiedenen Kirchen als „Tag der Schöpfung“ begangen wird. In Bern versammeln sich Christen aus allen Kirchen zu einem ökumenischen Gebet.

Global denken – lokal handeln

Anschließend wird über Erfahrungen, Studien und Projekte sowie über eine breite Palette von bereits durchgeführten Aktionen berichtet. Archimandrit P. Amphilochios Miltos von Volos (Griechenland) zitiert den Ökumenischen Patriarchen Bartholomäus I.: „Wenn es zweifellos entscheidend ist, global zu denken, ist es ebenso wichtig, lokal zu handeln.“ Er stellt einige innovative Maßnahmen seiner Gemeinde vor, die großen Wert auf die Nutzung erneuerbarer Energien legt, Vorträge über Ökologie anbietet, Baumpflanzungen organisiert und viele andere Aktivitäten durchführt. Aus diesem Grund wird seine Gemeinde als „grün“ bezeichnet. Auch in Italien, in Benevento, wird an der Entwicklung einer Gemeinde mit regenerativen und unterstützenden Energien geforscht; Prof. Alessio Valente von der Universität Sannio (Italien) berichtet darüber.

Auf umweltfreundliche und nachhaltige Kapitalinvestitionen achten

Ökumenische Erfahrungen der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Kirchen werden von Pfr. Mario Nobilis, Universität Budapest (Ungarn), und Prof. Hans-Hermann Böhm (Deutschland) vorgestellt. Böhm unterstreicht die Bedeutung des „Schöpfungstages", der in vielen Kirchen am 1. September gefeiert wird, während sich in anderen die „Schöpfungszeit“ bis zum 4. Oktober erstreckt. Den Kirchen und Glaubensgemeinschaften stehen auch Vereinigungen wie Faithinvest und Faithful Finance zur Verfügung, die sie bei der Anlage ihres Kapitals in umweltfreundliche und nachhaltige Finanzmärkte beraten. Lorna Gold und Catherine Devitt, Geschäftsführerin bzw. Leiterin der Schulungsprogramme dieser Vereinigung, berichten darüber.

Mitwirkende und Teilnehmende (Foto: together4europe.org)

Mitwirkende und Teilnehmende (Foto: together4europe.org)

Nachhaltigkeit in all ihren Formen fördern

Jean-Marc Ziadé, Student der Fakultät für Nachhaltigkeit in Wirtschaft und Gesellschaft an der Universität Maastricht, berichtet über ein „nachhaltiges Zentrum" an dem außer der Universität zwanzig Verbände mitarbeiten. Ziel ist es, die Nachhaltigkeit in all ihren Formen zu fördern. Zu diesem „Hub“ gehören: ein Gemeinschaftsgarten, in dem die Studenten lernen können, wie man aus Paletten und Altholz einen Garten anlegt; Wiederverwendung von Plastik; Gemeinschaftsräume mit Nähmaschinen und allem, was zur Wiederverwendung, zum Aufbereiten oder Umfunktionieren beitragen kann; eine „Bibliothek“ mit Werkzeugen und Elektrogeräten, die die Studenten ausleihen können, und vieles mehr.

Zusammenarbeiten und aus der vertrauten Welt der Spezialgebiete heraustreten

Lärm ist heute die zweithäufigste umweltbedingte Todesursache in Europa, nach der Luftverschmutzung", sagt Prof. Mihaly Berndt von der Universität Pecs (Ungarn). Er betont, wie wichtig die Beziehung zu anderen Interessengruppen für seine Arbeit sei: „Der Schutz vor Lärm kann nur dann wirksam sein, wenn wir zusammenarbeiten. Und dazu müssen wir aus der vertrauten Welt unserer Spezialgebiete heraustreten".          

Das Thema „Beziehungen“ zieht sich wie ein roter Faden durch diesen intensiven Tag, wie der Moderator, Prof. Antonino Puglisi, Dozent an der Sophia Web Academy und unabhängiger Forschungsberater in London, unterstrich.

Stefania Papa bekräftigte dies in ihren Schlussfolgerungen und forderte dazu auf, alle Gelegenheiten zu nutzen, bei denen sich Christen und Nichtchristen gemeinsam für den Schutz der Umwelt einsetzen können. Eine solche Gelegenheit biete der bereits erwähnte „Tag der Schöpfung“. Für diejenigen, die das Thema der „Ökologie der Beziehungen“ vertiefen möchten, werde von Seiten des Eco-One-Netzwerkes vom 18.-20. Oktober 2024 eine weitere Online-Konferenz angeboten.

Ins Handeln kommen

Nach diesem ereignisreichen Tag fühlen wir uns eingeladen, unsere Umwelt und unsere Mitmenschen mit einem neuen Bewusstsein zu behandeln. Denn, wie P. Miltos sagte: „Der schwierigste Weg ist der vom Kopf zum Herzen und dann zur Hand.“

 
Maria Wienken gehört zur Fokolare-Bewegung
und arbeitet für das internationale Sekretariat von Miteinander für Europa

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