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3. März 2024 | Delegiertentagung | 

Charisma mit Zukunft


"Charisma mit Zukunft": Vortrag von Pater Ludwig Güthlein ISch, Schönstatt, Vallendar (Foto: Brehm)

"Charisma mit Zukunft": Vortrag von Pater Ludwig Güthlein ISch, Schönstatt, Vallendar (Foto: Brehm)

Sr. Nurit Stosiek/Hbre. Der dritte Tag der Delegiertentagung der Schönstatt-Bewegung Deutschland betrachtet das Charisma als Ressource für die Zukunft. Schwerpunkt des Vormittages im Pater-Kentenich-Haus auf Berg Schönstatt, Vallendar, ist ein Vortrag von Pater Ludwig Güthlein, der einleitend darauf hinweist, dass dies die letzte Delegiertentagung ist, die er als Leiter der Deutschen Schönstattbewegung ausrichtet. Seine bereits einmal verlängerte Amtszeit geht im Oktober 2024 zu Ende.

Die Zeichen der Zeit machen es notwendig, dass wir uns mit der Person des Gründers beschäftigen“, so seine Einschätzung, die Anlass und breiterer Hintergrund seines Vortragsthemas „Pater Kentenich für alle Generationen. Narrative und Perspektiven“ sei. Als ein solches Zeichen nennt er die Vorwürfe an die Person Pater Kentenichs und an die Spiritualität Schönstatts: Grenzverletzungen als persönliche Erfahrung einzelner und als System.

Tagungsaula im Pater-Kentenich-Haus, Berg Schönstatt (Foto: Brehm)

Tagungsaula im Pater-Kentenich-Haus, Berg Schönstatt (Foto: Brehm)

Wie gelingt in neuen Generationen die Vermittlung der Person Pater Kentenichs

Güthlein verweist auf den geschichtlichen Augenblick, in dem die Schönstattbewegung gerade steht: Es ist eine Situation des Übergangs. Schönstatt wird zunehmend getragen von den Nachgründergenerationen. Sie haben eine Sprache, ein Lebens- und Wertgefühl, das anders ist als das früherer Generationen. Das präge auch den Zugang zum Ursprungsgeschehen Schönstatts. „Heute klingt alles ganz anders, landet ganz anders. Der Zugang der Generationen zu diesen Ursprungsrealitäten ändert sich.“ Wie kann hier Vermittlung an die junge Generation gehen? Die Frage stelle sich auch im Blick auf die Person Pater Kentenichs.

Es sei ein Zeichen der Zeit im Blick auf Kirche und Glaube, dass die persönliche Erfahrung in der Vermittlung immer wichtiger wird. Den Sinn der Missbrauchsdiskussion sieht Güthlein darin, dass die Kirche Reinigung erlebt und einen Weg findet für die Frage: Wie geht personale Vermittlung im Glauben. Es sei „ein hochsensibler Vorgang“. Denn „im Religiösen reichen alle Arten von Verletzung immer in eine andere Dimension hinein.“ Das gelte gerade für menschliche Beziehungen.

Güthlein über Pater Josef Kentenich: "Es gibt bei ihm keine Zweigleisigkeit." (Foto: Brehm)

Güthlein über Pater Josef Kentenich: "Es gibt bei ihm keine Zweigleisigkeit." (Foto: Brehm)

Es gibt bei ihm keine Zweigleisigkeit

Güthlein ermutigt mit Blick auf Pater Kentenich, „nicht aufzuhören, eine eigene Meinung zu ihm zu finden als Person, die Glaube, die Glaubenserfahrungen vermittelt. Was mir eine gewisse Sicherheit gibt, ist: Es gibt bei ihm keine Zweigleisigkeit.“ Pater Kentenich habe nirgends etwas von seinem Wirken oder seiner Persönlichkeit verschleiern wollen, wie es bei manchen Gründern der Fall war, die des Missbrauchs schuldig wurden. Selbst der Visitator Sebastian Tromp habe immer davon gesprochen, dass es bei Kentenich keine Aufweise gegen seine sittliche Integrität gäbe. Jeder, der in der Begleitung von Menschen stehe, erlebe, wie leicht es bei bestem Willen zu Missverständnissen, ja Verletzungen kommen könne, so Güthlein. Bedenke man die vielen, vielen Menschen, die Pater Kentenich im Lauf seines Lebens begleitet habe, sei es bemerkenswert, dass es nicht mehr Verletzungsgeschichten gäbe. „Das hebt die einzelnen Erfahrungen nicht auf. Aber die Relation ist erstaunlich.

Nochmals ermutigt Güthlein die Zuhörenden: „Man muss für sich eine Einordnung finden, wenn man ihn weiterhin und vielleicht noch bewusster in seiner Wichtigkeit für unsere Bewegung sehen möchte.“

Nach diesen grundlegenden Bemerkungen wendet sich der Leiter der deutschen Schönstattbewegung dem weiterführenden Stichwort zu:

Ein Narrativ zum Thema Kentenich

Narrative, Erzählungen, könnten eine Gesamtsicht vermitteln, ohne ganz präzise zu werden. Darin liege ihre Macht, die aber auch zum Druck werden könne. „Muss ich Liebesbündnis“ – „Muss ich Maria...?“ – „Muss ich Heiligtum...?“ – „Muss ich Kentenich…?“Wenn das das Narrativ unter uns wäre, hätten wir ein großes Problem“, so Güthlein. Er verweist auf die Legende vom modernen Menschen, der in der Wüste verdurstet, weil er die Oase, die er sieht, für eine Luftspiegelung hält. Ein Narrativ zum Thema Kentenich müsse so sein, dass man merke, das ist Oase, das ist Quelle, was er anbietet baut auf. In diesem Zusammenhang zitiert Güthlein Jesusworte, u.a. Matthäus 23,9 wo Jesus sagt: „Auch sollt ihr niemand auf Erden euren Vater nennen; denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel“ und kommentiert: „Ich glaube, unser Gründer sagt: Ja genau, das ist mein Anliegen. Wenn nicht dahinter der Vater spürbar wird, sichtbar wird, wenn das nicht dabei ist, soll man die Finger davon lassen. Wenn nicht die Atmosphäre, das Ganze, das Narrativ diese Durchsichtigkeit spürbar werden lässt, dann ist etwas falsch.“

Mit Hinweis auf die Emmausgeschichte (Lk 24,13-31), wo Jesus den Jüngern auch unverständliche Seiten des Glaubens zumutet (Lk 24,26), betont Pater Güthlein: „In der Vermittlung von Glauben geht es um Dimensionen, mit denen man nicht so leicht umgehen kann. Pater Kentenich hat in seiner Vermittlung nichts weniger als das gewollt, darum ist er keinem dieser Themen ausgewichen.“

Güthlein: "Er [P. Kentenich] hat seine Vatersendung wie eine neue Berufung erlebt.“ (Foto: Brehm)

Güthlein: "Er [P. Kentenich] hat seine Vatersendung wie eine neue Berufung erlebt.“ (Foto: Brehm)

Geistliche Elternschaft

Bei der Vermittlung von Glaube an andere Personen in einer Beziehung die fruchtbar werde gehe es um geistliche Elternschaft. Geistliche Elternschaft lasse sich nicht machen, sie müsse wachsen. Pater Kentenich spreche von der „Erfahrung einer in Gott gegründeten Menschenliebe“. Bei ihm sei die Überzeugung von seiner Vatersendung nach und nach gewachsen. Er habe sie nicht angestrebt. Er habe in der Anfangszeit Schönstatts wahrgenommen, dass um ihn ein unterirdisches Netz von Beziehungen wuchs. Aber erst in Dachau, wo er die Zerstörung menschlicher Beziehung so deutlich erlebt habe und sah, dass diese den Menschen zerstörende Kultur auf Zukunft so sehr um sich greifen könnte, sei er sich bewusst geworden: „Was die Menschen in seiner Bewegung, in seiner Familie zuinnerst gehalten hat, was stark genug war, das war seine bleibende Vaterschaft für Schönstatt. Er hat seine Vatersendung wie eine neue Berufung erlebt.

Sendung Schönstatts heiße Anteilhaben an seiner Sendung. Deshalb sei die Frage: „Wie stehe ich zu ihm? Glaube ich ihm, was seine Sendung ist?“ Pater Güthlein erinnert an ein Zeugnis von Pater Boll: Pater Kentenich habe ihm gesagt, als ihm bei der Gründung Schönstatts seine Sendung klar wurde, habe er gespürt: Ich kann den Menschen, für die ich da bin, nur meine Sendung vorlegen und warten, dass in ihnen der Glaube an diese Sendung wach wird. Deswegen sehe ich jeden Einzelnen, den die Gottesmutter für mich und meine Familie berufen hat, wie ein ganz großes, unverdientes Geschenk. Pater Güthlein kommentiert: „Es geht um eine gläubige Beziehung, wenn es um die Sendung geht.“ Bei der Weihe eines Hausheiligtums habe Pater Kentenich einmal gesagt: „Machen Sie sich keine Sorgen, wenn der Lebensvorgang geschieht, ist alles da/wird alles da sein, was es braucht.“ Das gelte auch von der Beziehung zum Vater und Gründer der Schönstatt-Bewegung. Das lasse sich nicht machen, aber es habe mit der Sendung zu tun. Mit einem Blick auf das Selbstzeugnis des hl. Paulus (1 Kor 4,15) und auf Erfahrungen mit orthodoxen Gemeinschaften, die ganz selbstverständlich von ihrem „geistlichen Vater“ sprechen, zeigt Pater Güthlein: „Unseren Gründer als geistlichen Vater zu sehen, ist nichts Exklusives.“

Narrative üben

Als abschließenden Gedanken weist der Leiter der deutschen Bewegung darauf hin: „Wir müssen üben, wie wir uns ausdrücken. Wie spricht man und was kommt an, wenn man ‚Vater‘ sagt?“ Er erinnert an das Zeugnis von Sr. M. Eileen bei der letzten Delegiertentagung, die als Jugendliche gerade dadurch Pater Kentenich als Vater erlebte, dass er ohne Worte mit ihr im Gebet verweilte und sie damit in seine Gottesbeziehung hineinnahm.

In dem Zusammenhang zitiert er eine Zeile aus dem Berufungslied von Anna Haas, die beschreibt, wie sich zwischen Gott und ihr Berufung abspielen kann. „Herr mit deiner Liebesglut leuchte du in mir. Zeig mir, wo ich hin gehör. Wer ich bin mit dir.“ Pater Güthlein: „Ich spüre, wer ich bin, mit jemand zusammen. Das ist eigentlich das, was wir uns wünschen beim Thema Kentenich: Dass ich merke, mit ihm zusammen passiert in mir etwas von größerer Klarheit und innerer Kraft.“

Als Schlussgedanke greift Pater Güthlein ein Wort der Schüler aus der Anfangszeit des Studienheimes in Schönstatt auf, das eigentlich ein Wort der Revolution gewesen sei: „Ein Haus, in dem keine Freude herrscht, muss geschlossen werden.“ Güthlein wandelt das Wort auf sein Thema ab: „Ein Kentenich, der keine Freude macht, wird im Bücherregal verstauben.“

Ein Blick in die Zukunft

Unter diesem Titel gibt es in der letzten Einheit der Delegiertentagung Informationen zu verschiedenen Veranstaltungen in diesem und im kommenden Jahr (demnächst ein eigener Artikel). Den Abschluss der Tagung bildet eine Heilige Messe in der Dreifaltigkeitskirche auf Berg Schönstatt.


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