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15. November 2023 | Deutschland | 

Lebenskompetenz teelöffelweise vermitteln


Familienzeitschrift "WIR", herausgegeben von der Schönstatt-Familienbewegung (Foto: Kirschner)

Familienzeitschrift "WIR", herausgegeben von der Schönstatt-Familienbewegung (Foto: Kirschner)

Hildegard Kirschner, WIR-Redaktion. „Wir, Gott und die Welt“ – das Familienmagazin aus Schönstatt verbindet Glauben und Leben miteinander. Das Konzept dahinter stammt von Pater Josef Kentenich: Geschichten aus dem Leben für das Leben. Zu den Hintergründen haben wir mit Pater Elmar Busse gesprochen.

Cover der Zeitschrift "WIR, Gott und die Welt", Ausgabe 2023-3

Cover der Zeitschrift "WIR, Gott und die Welt", Ausgabe 2023-3

Warum gibt es eine Schönstatt-Familienzeitschrift?

Pater Elmar Busse: Seit den Anfängen Schönstatts spielen Zeitschriften eine große Rolle. Die Zeitschrift "MATER TER ADMIRABILIS. Gegenseitige Anregungen zum Kampf für unsere bedrohten Ideale in schwerer Zeit" kam ab März 1916 heraus und wurde von Josef Kentenich selber redigiert. Das Besondere daran war, dass er „seine“ Studenten zu Wort kommen ließ. Es war also keine inspiratorische Einbahnstraße von ihm, als dem kompetenten Spiritual, der den ehemaligen Studenten und jetzigen Soldaten im Ersten Weltkrieg gute Ratschläge mit auf den Weg gab, sondern er entwickelte damit einen Kommunikationsstil, den wir heute als Netzwerkkommunikation bezeichnen würden. Für kirchliche Verhältnisse damals etwas unerhört Neues.

Wie dürfen wir uns das konkret vorstellen?

Elmar Busse: Viele Beiträge in den Ausgaben der MATER TER ADMIRABILIS waren mit „xy“ signiert. Kentenich ging es um das authentische Leben und Streben; und dazu gehörten die Probleme und „Niederlagen“, aber auch die Erfolgserlebnisse, wie es den Soldaten gelang, im geisttötenden Klima des Kriegsalltags die Ideale hochzuhalten und damit die Spannung zwischen der Realität und den humanitären Werten auszuhalten. Wieviele Soldaten verabschiedeten sich von ihren humanistischen Wertvorstellungen angesichts der Grausamkeiten des Krieges, aber bezeichneten das als ‚Realismus‘.

Als Kentenich im März 1942 als Häftling ins KZ Dachau kam, war er selber in diese Spannung zwischen Ideal und Wirklichkeit hineingestellt. Kentenich hielt an der positiven Sicht des Menschen fest und rechnete immer wieder mit Wandlungswundern hin zum Guten. Aber weil der Glaube an das Gute im Menschen immer bedroht ist, weil das Böse lauter schreit als das Gute, braucht es die gegenseitige Unterstützung und Ermutigung. Denn das Gute kommt häufiger vor als das Böse, aber es schreit nicht so laut. ‚Ich bin nicht allein mit meiner Menschlichkeit und mit meinem Glauben‘ – diese Erfahrung kann Menschen bestärken in der Treue zu ihren Idealen.

Was hat es mit dem Konzept der „Geschichten aus dem Leben für das Leben“ auf sich?

Elmar Busse: Der französische Philosoph Jean-François Lyotard beschrieb 1979 in seinem vieldiskutierten Buch „Das postmoderne Wissenseine Idee vom "Ende der großen Erzählungen". Er meinte damit keine literarischen Erzählformen, sondern einen grundlegenden Glaubwürdigkeitsverlust in der Gesellschaft. Die "Erzählungen", die er dabei im Auge hatte, waren die Politik, die Religion und die Philosophie.

Nach dem ‚Ende der großen Erzählungen‘ kam es zu einer regelrechten Renaissance der Autobiographien und autofiktionalen Erzählungen. Der Schriftsteller Daniel Frei meint dazu: „Viele der fesselndsten Texte sind heute autobiografischer Natur. Ich finde es wichtig, dass wir darüber nachdenken, wie wir einander Geschichten erzählen. Schließlich bestimmt das darüber, wie wir uns als Gesellschaft verstehen, woran wir glauben und ob wir einander noch etwas zu sagen haben.“

Info-Box

Die Schönstatt-Familienzeitschrift
„Wir, Gott und die Welt“
erscheint viermal im Jahr.
Sie kostet 18 Euro
inklusive Versand.

Abo und Info:
Per E-Mail:
abo-service@wir-familienmagazin.de
oder im Internet:
www.wir-familienmagazin.de

Welche Art von Geschichten sollten wir einander Ihrer Meinung nach erzählen?

Elmar Busse: Eine durchgängige Erfahrung ist doch die, dass erfolgreiche Präventionsarbeit als Ergebnis Normalität hervorbringt. Diese wiederum ist nicht medial interessant. Das lernt schon ein Journalistikstudent in den ersten Vorlesungen: Hund beißt Briefträger – das ist normal und reißt keinen vom Hocker. Aber Briefträger beißt Hund – das lässt aufhorchen. Also ist diese Nachricht mitteilenswert.

So gesehen, arbeiten wir in der Redaktion der Familienzeitschrift „WIR“ alternativ zu den gängigen Regeln des Medienbetriebes. Aber was uns wichtig ist: dass wir nach dem „Ende der großen Erzählungen“ „kleine Erzählungen“ bringen, authentisches Leben.

Welche Zielrichtung haben diese Geschichten?

Elmar Busse: Unser Gehirn sucht nach Geschichten, um die vielen und oft auch kaum zueinander passenden Informationen, die auf uns einprasseln, zu strukturieren, um sie verarbeiten zu können und um ihnen einen Sinn zu geben. Ohne Geschichten kämen wir in der Welt nicht zurecht und würden das, was uns geschieht, nicht verstehen. Das SPD-Urgestein aus dem Ruhrgebiet, Carsten Brosda, plädiert dafür, dass eine Politik, die Veränderung zum Besseren will, davon erzählen muss, was sein könnte. [C. Brosda, Mehr Zuversicht wagen. Wie wir von einer sozialen und demokratischen Zukunft erzählen können. Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 2023.]

Das ist der Grund, warum wir in der „WIR“ immer wieder Geschichten erzählen – sowohl von Problemen als auch von erfolgreichen Bewältigungsstrategien, die sich in der Praxis bewährt haben. Unsere Geschichten sind lösungsorientiert und Mut machend. Damit stehen wir ganz in der Tradition Pater Kentenichs und seiner ersten Zeitschrift „Mater Ter Admirabilis“.

Was empfehlen Sie deshalb unseren Leserinnen und Lesern?

Elmar Busse: Dass sie ihren verheirateten Kindern, Enkeln, Neffen und Nichten zu Weihnachten ein Jahresabo der „WIR“ schenken. Es wird bestimmt eines der nachhaltigsten Geschenke sein, das sie je überreicht haben.


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