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3. November 2023 | ImPuls - Schönstatt - synodal | 

Ein MEHR fließt über – Folge 6 der Serie "Synodales Leben im Bund"


ImPuls - Schönstatt - synodal (Montage: POS, Brehm)

Kurt Faulhaber. In seinem Kommentar zur Folge 5 vermutet Michael Schlüter, dass beim „Gespräch im Geist“  „auch tiefere Erkenntnisse bzw. neue Sichtweisen/ Inhalte“ entstehen. Damit geht er über den Synodentext hinaus, der als „Ergebnis“ des Gespräches im Geist die „Konsens“findung anzielt. Der Heilige Geist kann tatsächlich mehr als einen Konsens bewirken.

Papst Franziskus spricht in seinem Buch „Wage zu träumen!“[1] vom „Überfließen“: „Wenn Menschen einander vertrauen und demütig gemeinsam das Gute suchen und bereit sind, in einem gegenseitigen Austausch voneinander zu lernen“, kann es zu diesem „Überfließen“ kommen. Ein „Durchbruch kommt als Geschenk im Dialog zustande“. Er „überwindet“ „die unser Denken begrenzenden Ufer“.

Das zeigt sich vor allem notwendend bei Meinungsverschiedenheiten, Spannungen, Konflikten, schwer zu überwindenden Gegensätzen. „In solchen Momenten erscheint die Lösung eines hartnäckigen Problems in unerwarteter und unvorhergesehener Weise, als Ergebnis einer neuen und größeren Kreativität.“ Sie „bewirkt, dass die Antworten, die wir früher durch den Gegensatz nicht sehen konnten, wie aus einem überquellenden Brunnen strömen. Wir erkennen in diesem Prozess ein Geschenk Gottes“. (S. 105)

Solche Durchbrüche „können geschehen, oft in letzter Minute, und sie führen zu Einigungen, welche uns vorangehen lassen. Aber das »Überfließen« kann auch eine Einladung sein, unsere Denkweisen und unsere Linsen zu ändern, unsere Starrheit und unsere Agenda sein zu lassen und an Orten zu suchen, die uns vorher noch nie aufgefallen sind. Wir haben einen Gott der Überraschungen, der uns immer einen Schritt voraus ist.“ (S. 121)

Es handelt sich um „dasselbe Wirken des Geistes …, das in der Heiligen Schrift beschrieben und in der Geschichte offenkundig geworden ist“. (S.105) Wir nennen es schriftgemäß in der „Pastoral am Puls“ das göttliche „MEHR.“

Dynamikpfeil (Grafik: pastoral-am-puls.de)

Dynamikpfeil (Grafik: pastoral-am-puls.de)

Wir haben dafür ein eigenes Symbol kreiert: einen Pfeil für die Dynamik, die den vorgegebenen Rahmen sprengt. Jesus hat im Täufer „mehr als einen Propheten“ (Lk 7,26) gesehen. Im Blick auf sich selber sagt er: „hier ist mehr als Jona“, „mehr als Salomo“. (Mt 12,41f) Nach Paulus ist Gott der, der „unendlich viel mehr tun kann, als wir erbitten oder erdenken“. (Eph 3,20)

Dem überfließenden MEHR, das sich nach Franziskus „in der Geschichte offenkundig“ zeigt, ist Jörg Lauster in der Kulturgeschichte des Christentums nachgegangen.[2] Er nennt es: ein Mehr – ein schöpferischer Überschuss – eine Transformation – die Autorität des Heiligen – Spuren göttlicher Transzendenz. Er verfolgt diese Spuren von Jesus bis zur Gegenwart, um gegen Ende festzustellen: „Das Christentum ist mehr als sein Dogma, und es ist auch mehr als die Institutionen, die es hervorgebracht hat.“ Die Kulturgeschichte des Christentums ist „als eine fortwährende Anreicherung in dem Versuch zu begreifen, den Überschuss des christlichen Welterlebens kulturell zu artikulieren und als Verzauberung der Welt weiterzugeben.“ (S. 617) Das Buch endet mit dem Satz: „Das Christentum ist die Fülle seiner Erscheinungsformen – und es ist noch viel mehr als das.“ (S. 617)

Dieses MEHR spielt eine ausschlaggebende Rolle in Schönstatt. Pater Kentenich nennt es „schöpferische Resultante“: „Geht das positive Ergebnis von geschichtlichen Vorgängen über die Summe der einzelnen Ereignisse hinaus ('positiver Überschuss'), schließt er auf die schöpferische Wirksamkeit göttlicher Kräfte.[3] Dies ist das Kriterium, ob Entscheidungen, Initiativen, Entwicklungen von Gott inspiriert sind und auf seinen Wegen voranführen.

Die synodale Methode der Weltkirche gibt diesem Element Schönstatts eine neue und umfassendere Bedeutung. Nicht nur für die Erkenntnis des Willens Gottes in geschichtlichen Prozessen, sondern für die Gesprächsführung, Entscheidungsfindung, Konfliktlösung generell.


[1] Wage zu träumen!: Mit Zuversicht aus der Krise, Kösel 2020
[2] Lauster, Jörg: Die Verzauberung der Welt. München 2014.
[3] H.W. Unkel, Schönstatt-Lexikon S. 366

 

Leser-Resonanz

 

Stephanie Rebbe-Gnädinger
Freising
19.11.2023, 17:28

Der französische Fotograf und Streetart-Künstler JR (*1983) plakatiert Porträt-Fotografien in monumentalen Formaten auf Häuserfronten, Eisenbahnzüge, Containerschiffe oder Grenzmauern. Im Fokus stehen bei ihm oft Menschen, deren Würde und Rechte übergangen werden. Ihnen verleiht JR mit seiner Kunst auf einfühlsame Weise Sichtbarkeit.

Im Katalog zu der Ausstellung "Chronicles" in der Kunsthalle München (26.8.2022-15.1.2023) schreibt er - angesichts teilweise unüberwindbarer bürokratischer Hürden bei der Genehmigung seiner Projekte, z.B. an der "Tortilla Wall" zwischen Mexiko und den USA: "Uns wurde bewusst, dass es bei den vielen Projekten, die ich im Laufe der Jahre gemacht hatte, immer einen Engel (...) gegeben hatte, jemanden, der von der anderen Seite kommt oder den man verdächtigt, auf der anderen Seite zu stehen, der aber trotzdem hilft. Aber das ist etwas, das man nicht planen kann. Man muss es einfach versuchen. Versuchen und vielleicht scheitern. Aber wenn es gelingt, dann zeigt es vielleicht eine andere Sicht auf die Dinge, die man erwartet hat. Und es zeigt, dass die Grenzen nicht unbedingt dort verlaufen, wo man sie vermutet."

Herzlichen Dank für den Beitrag "Ein MEHR fließt über" und die Deutung des Überfließens, des Durchbruchs, der "schöpferischen Resultante" als Möglichkeit, Spuren des Göttlichen in unserer Welt zu entdecken.

 

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