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22. Oktober 2023 | Oktober-Treffen | 

Inmitten der Realitäten, die zum Alltag gehören, um göttliche Zuversicht bitten – Gottesdienst zum Abschluss des Oktobertreffens


Eucharistiefeier zum Abschluss des Oktobertreffens der Schönstatt-Bewegung Deutschland in  der Pilgerkirche, Vallendar (Foto: Brehm)

Eucharistiefeier zum Abschluss des Oktobertreffens der Schönstatt-Bewegung Deutschland in  der Pilgerkirche, Vallendar (Foto: Brehm)

Hbre, Sr. M. Nurit Stosiek. Wenn auch ein Teil der Teilnehmenden des Oktobertreffens aufgrund der laufenden Jahreskonferenzen ihrer Gemeinschaften nicht mehr am Sonntagsgottesdienst in der Pilgerkirche in Schönstatt teilnehmen können, so ist diese Heilige Messe am Sonntag, 22. Oktober 2023, doch der abschließende Programmpunkt des Oktobertreffens der Schönstatt-Bewegung Deutschland. Musikalisch wird er schön gestaltet durch den Chor „Stimmvoll“, der unter der Leitung von Schwester M. Tabea Platzer, passend zum Gebet für den Frieden in der Welt, getragene und eindringliche Melodien und Musikstücke zu Gehör bringt.

Der Chor "Stimmvoll" gestaltete den Gottesdienst "stimmungsvoll" mit (Foto: Brehm)

Der Chor "Stimmvoll" gestaltete den Gottesdienst "stimmungsvoll" mit (Foto: Brehm)

Pater Ludwig Güthlein, Leiter der Schönstatt-Bewegung Deutschland, der diesen Gottesdienst zusammen mit einem Diakon und Mitbrüdern aus der Gemeinschaft der Schönstatt-Patres konzelebriert, kann neben den Teilnehmenden des Oktobertreffens auch die Gottesdienstbesucherinnen und -besucher, die zur üblichen Pilgermesse um 10.30 in der Pilgerkirche gekommen sind, begrüßen. Gut sichtbar an der Altarwand ist auf einem großen Banner das Motto für die Jahresarbeit der deutschen Schönstatt-Bewegung 2023/2024 zu sehen: Neben einer zerbrochenen Schale, repariert im Kitsugi-Stil mit deutlich sichtbaren goldenen Bruchlinien stehen die Worte: „Zuversicht. In den Rissen schaffst du Raum“. Die Schale mit ihren Bruchlinien erinnere fast an die Erdkugel mit den Brüchen und Rissen der aktuellen Zeitgeschichte, so Güthlein bei der Begrüßung.

Kann Zuversicht wachsen angesichts der Grundstimmung von Alarmzustand?

Die Predigt dieses Gottesdienstes nutzt er, einige Gedanken zum Motto für die Jahresarbeit darzulegen: Obwohl von Rissen die Rede sei, habe das Motto doch einen zuversichtlichen Ton. „Wir alle erleben immer neu, wie durch die Ereignisse der Welt die Grundstimmung von Alarmzustand wachgehalten wird. Ist es möglich, immer neu vor Ohnmachtssituationen zu stehen und doch zu erleben, dass Zuversicht wächst – eine Zuversicht, die zur Gestaltung des Lebens befähigt?“

Pater Ludwig Güthlein ISch, Schönstatt-Bewegung Deutschland (Foto: Brehm)

Pater Ludwig Güthlein ISch, Schönstatt-Bewegung Deutschland (Foto: Brehm)

Sind wir die „Bundesrepublik der Verzagten“?

Güthlein berichtet von einer Begegnung mit einem Kreis von Unternehmern. Er habe ihnen aus einem Artikel [*] die Feststellung zur deutschen Situation vorgelesen: Überall sei von Mangel die Rede – Facharbeitermangel, Wassermangel, Vitaminmangel… Vor allem aber leide Deutschland an „Mutmangel“. „Wir sind“, so hieß es weiter, „im Vergleich zu den USA, die ‚Bundesrepublik der Verzagten, das Homeland der Desillusionierten‘.“ Der Blick nach Amerika zeige, dass „anderswo anders gefühlt, größer gedacht“ werde.

Auf die Frage an die Unternehmer: Ist das so?, sei die Reaktion gekommen: Ja, es gibt so eine Grundstimmung. Und es macht einen Unterschied, mit welcher Grundstimmung man handelt, welcher Grundton in einem klingt.

Welcher Grundton steckt in unserer Welt?

Die Darstellung zum Jahresmotto zeige eine Weltkugel mit Rissen. Wie gehen wir mit diesen Rissen um? Eine Beraterin der Nato habe vor kurzem geäußert: Zuversicht entsteht dann, wenn in einer neuen Situation Möglichkeiten liegen und man sich von den andauernden Cassandra-Rufen der Medien und des gesellschaftlichen Klimas nicht beeinflussen lässt. Cassandra-Rufe, das seien die Stimmen, die Lösungswege als unmöglich ansehen, die alles schwarz ankündigen. Man solle nicht darauf hören, so die Beraterin.

Güthlein kommentiert: „Einfach nicht darauf zu hören, funktioniert vermutlich nicht. Aber um auf die Situation mit Zuversicht zu antworten, braucht es tiefere Wurzeln.“ In diesem Zusammenhang erinnere er sich an die theologischen Auseinandersetzungen während seines Studiums zum Thema „Erbsünde“: Irgendetwas ist in der Welt, was das Gute zerstört. Wie stark liegt das Zerstörerische in der Schöpfung Gottes? Wie ist es mit dem Negativen, das sich addiert, und der Hoffnung, dass sich auch das Gute addiert? Was ist stärker?

Der Philosoph Blaise Pascal solle einmal geäußert haben, die Lehre von der Erbsünde sei schwer zu begreifen. Aber noch weniger könne er die Welt mit all den schrecklichen Vorgängen begreifen ohne die Erbsünde.

Gott, der mit seiner Schöpfung Gutes vorhatte, habe zugelassen, dass ein Riss in die Welt, in die Herzen der Menschen hineinkam. Ein Riss, der nicht einfach behoben werden könne. Gott habe es zugelassen, weil er die Freiheit der Menschen so hochachte. Gott habe einen Weg gefunden, als Mensch gewordener Erlöser in diese Risse hineinzusteigen, sie durchzutragen und dadurch Vollendung zu bringen. Die ursprünglich schöne Schöpfung sei durch die Erlösung noch schöner geworden.

"Womit rechne ich mehr: mit dem Negativen oder mit den guten Kräften?" (Foto: Brehm)

"Womit rechne ich mehr: mit dem Negativen oder mit den guten Kräften?" (Foto: Brehm)

Wieviel Pessimismus und wieviel Zuversicht ist in mir?

Güthlein lädt ein, bei sich selbst nachzuspüren: „Wieviel Pessimismus ist in mir und wieviel Zuversicht? Womit rechne ich mehr: mit dem Negativen oder mit den guten Kräften?“

Güthlein weiter: „Wie ist das, wenn man auswertend auf das eigene Leben schaut?“ – Die Lesung des Sonntages aus dem 2. Korintherbrief enthalte eine solche Auswertung. Da heiße es: „Gott, der sprach: ‚Aus Finsternis soll Licht aufleuchten!‘, er ist in unseren Herzen aufgeleuchtet, damit wir erleuchtet werden zur Erkenntnis des göttlichen Glanzes auf dem Antlitz Christi“ (2 Kor. 4,6). Es gäbe die Risse, die Unverständlichkeiten, die wir nicht bewältigen könnten, so Güthlein. Und zugleich gäbe es die Erfahrung, dass Gott wirksam sei. Jedoch heiße es im Lesungstext weiter: „Diesen Schatz tragen wir in zerbrechlichen Gefäßen; so wird deutlich, dass das Übermaß der Kraft von Gott und nicht von uns kommt. Von allen Seiten werden wir in die Enge getrieben und finden doch noch Raum; wir wissen weder aus noch ein und verzweifeln dennoch nicht; wir werden gehetzt und sind doch nicht verlassen; wir werden niedergestreckt und doch nicht vernichtet.“ (2 Kor 4, 7f)

Wenn Paulus das schreibe, wisse er um die Erfahrungen, die die Gemeinden machen, die er selbst gemacht hat. Und das Erstaunliche sei: Bei all dem bin ich doch noch gehalten. – Ich erlebe die Härte, wie sie ist, und erfahre: Ich bin doch noch gehalten…

Das neue Jahresmotto habe diese Dimension. Die Risse in der konkreten Situation zu spüren und dann zu erleben: Du schaffst Raum. Aber das lasse sich nicht machen, es brauche das Hinhalten. Wenn Pater Kentenich die Geschichte Schönstatts deute, sage er: „Das war ein Stehen in göttlichem Licht, in göttlicher Kraft, geprägt von göttlicher Zuversicht.“ Eine solche Aussage sei nicht Theorie, sei nicht logisch abgeleitet – das sei erlebt worden, da sei Gott wirksam gewesen.

Mit dem gut besuchten Gottesdienst endet das Oktobertreffen 2023 (Foto: Brehm)

Mit dem gut besuchten Gottesdienst endet das Oktobertreffen 2023 (Foto: Brehm)

Die Hintergrundmelodie des Vertrauens

In den letzten Wochen, so P. Güthlein, hätten ihm drei verschiedene jüngere Menschen erzählt, wie sehr es sie berührt habe, das Vertrauen ihres Vaters auf die Gottesmutter zu erleben. Das habe auch ihnen Kraft gegeben. Er erinnert an das Statement von Sr. Francine-Marie beim Oktobertreffen: Dass der Komponist der Filmmusik zu ihrem Dokudrama an ganz bestimmten Stellen die Melodie „Breit um uns deinen Mantel“ hineingebracht habe. Das sei die Hintergrundmusik in der Lebenserfahrung Pater Kentenichs gewesen. Gegen Ende seines Lebens, in einer äußerst schwierigen Situation, habe Kentenich einem jungen Mitbruder gesagt: „Ich kann ihnen sagen, ich bin völlig ruhig. Solche und viel schlimmere Situationen habe ich in meinem Leben schon hundertmal erlebt und immer hat die Gottesmutter einen Ausweg gefunden. Sie werden sehen, sie macht das auch dieses Mal. Ich weiß nicht wie, ich weiß nicht wann, ich weiß nicht, wie lange das noch geht; aber sie werden sehen, - wenn es so weit ist, denken sie daran, was ich ihnen gesagt habe - die Gottesmutter findet auch dieses Mal eine Lösung.

Abschließend kommentiert Pater Güthlein: Das neue Jahresmotto habe einen Ernst in sich. Aber vielleicht könne es gerade deshalb eine andere Ebene von Zuversicht, Sicherheit und Glaubensfreude vermitteln. Er regt an, „dass wir den Weg gehen mit allen Realitäten, die zu unserem Leben und Alltag gehören, aber du schaffst Raum: du hältst uns, du hältst mich, du hältst meine Familie, du wirst nie aufhören an dem Weg, den wir gehen, mitzugestalten.“ Er lädt die Anwesenden ein auszuprobieren, wie es ist, wenn man Gott um diese Zuversicht bittet und wie es ist, wenn man die Gottesmutter mitnimmt in den Alltag des Lebens: „Zuversicht. In den Rissen schaffst du Raum.

 



[1] Gabor Steingart in focusonline, 7.6.2023


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