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16. Oktober 2023 | Deutschland | 

Ein erfülltes Priesterleben in der Diaspora


Todesanzeige Pfarrer Heinrich Aust (Foto: Rulf)

Der im Bistum Magdeburg gut bekannte Schönstattpriester Pfarrer i.R. Heinrich Aust ist am 27. September 2023 im Alter von 97 Jahren verstorben und am Dienstag, den 10. Oktober 2023, in Magdeburg beigesetzt worden. Pfarrer i.R. Eberhard Jacob, der in Heilbad Heiligenstadt lebt, hat einen Nachruf auf Pfarrer Heinrich Aust verfasst und diesen schoenstatt.de zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.

Nachruf auf + Pfarrer Heinrich Aust (28.11.1925 – 27.09.2023)

Eberhard Jacob. Mit 26 Jahren wird Heinrich Aust am 29. März 1952 in Paderborn zum Priester geweiht. Es werden damals Priester in der Diaspora gebraucht. Heinrich Aust meldet sich freiwillig in den östlichen Teil des Erzbistums Paderborn für den priesterlichen Dienst im Erzbischöflichen Kommissariat Magdeburg. Eine Rückkehr in die Heimat ist auf Grund der politischen Lage kaum möglich.

Seine Heimat ist Westfalen. Am 28.11.1926 in Herne geboren, wuchs er gemeinsam mit 5 Geschwistern in Bochum auf. Nachdem er 1943 ein Kriegsabitur abgelegt hatte, wurde er - noch keine 18 Jahre alt - zum Kriegsdienst einberufen. Die Grauen des Krieges erlebte er zuerst an der Westfront.

Nachdem er diesem Inferno als einer der wenigen entkommen war, erlebte er an der Ostfront in den Beskiden das ganze Grauen des Krieges ein zweites Mal. In Dänemark endete für ihn der Krieg schließlich in der englischen Kriegsgefangenschaft.

Da das Kriegsabitur nicht anerkannt wurde, legte er das Abitur nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft 1946 noch einmal ab und bewarb sich anschließend zum Studium der Alten Sprachen in Münster. Aufgrund des Numerus clausus an der Philosophischen Fakultät wurde er, der am liebsten Schauspieler geworden wäre, schließlich an der Theologischen Fakultät immatrikuliert.

Seine letzte Ruhestätte fand Pfarrer Aust neben dem Grab seiner Schwester in Magdeburg (Foto: Jacob)

Seine letzte Ruhestätte fand Pfarrer Aust neben dem Grab seiner Schwester in Magdeburg (Foto: Jacob)

„Josef Pieper, mein persönlicher Kirchenvater“

In seinen Lebenserinnerungen schreibt Heinrich Aust: „In diesem 1. Semester habe ich nur nach Lust und Laune studiert: Germanistik, Geschichte und – ganz wichtig und entscheidend für mein Leben – Philosophie bei Josef Pieper, den ich bis heute meinen persönlichen Kirchenvater nenne. Er hat mich durch seine überzeugende Lehre aus meinem Nihilismus herausgeholt.“

Nachdem er so nach Krieg und Gefangenschaft eine positive Einstellung zum Leben wiedergewonnen hatte und für eine bessere Welt wirken wollte, setzte er das Theologiestudium in Paderborn und München fort und wurde am 29. März 1952 in Paderborn zum Priester geweiht. (vgl. Nachruf des Bistums Magdeburg) Sein Bruder Hans Aust empfing ebenfalls in Paderborn die Priesterweihe.

Zu seiner ersten Stelle als Vikar in der Pfarrei St. Marien in Köthen reiste er aus dem Westen mit einem Motorrad an. Nach elf Jahren wurde er als Vikar in die Pfarrei St. Elisabeth nach Weißenfels versetzt und im Jahr 1969 schließlich zum Pfarrer der Pfarrei St. Marien in Lutherstadt Wittenberg ernannt.

Engagement für Pater Franz Reinisch

Bereits 1950 hatte Pfarrer Heinrich Aust während der Studienzeit die Schönstattbewegung kennengelernt. 1964 gehörte er zum Kreis der Mitbrüder, die die Neugründung des „Verbandes der Schönstattpriester“ vollzogen.

Prägend war für Pfarrer Aust die Begegnung mit dem Schönstattpriester Ludwig Wulf (1900-1977), den er 1952 kennenlernte und der ihm zum geistlichen Begleiter wurde. Pfarrer Ludwig Wulf kannte den Gründer Schönstatts, Pater Josef Kentenich. Auf Bitten von Pfarrer Wulf gab Pater Kentenich das Sterbekreuz von Pater Franz Reinisch an die Schönstattbewegung im Osten. Pfarrer Wulf fühlte sich dem Erbe von Pater Franz Reinisch verpflichtet. Im Ruhestand zog er nicht in seine Heimat ins Sauerland, sondern ging nach Kirchmöser bei Brandenburg. Gemeinsam mit Pfarrer Aust rief er 1962 die Reinisch-Vigil in Kirchmöser in der Nähe des Zuchthauses Brandenburg Görden ins Leben. Bis heute wird diese Vigil zur Todesstunde von Pater Franz Reinisch von der SMJ „Wegweiser“ begangen.

Schönstattapostel in Wittenberg

Pfarrer Aust hielt in den Jahren von 1957 bis 1969 für die Schönstatt-Mannesjugend die Pfingst- und Silvestertagung in Friedrichroda (Thüringen) beim Heiligtum. Viele junge Männer aus dieser Zeit hat er geprägt und begleitet. Als er 1969 Pfarrer in der Lutherstadt Wittenberg wurde, konnte er diesen Dienst nicht mehr fortsetzen. In Wittenberg fand er zwei Filialen der Schönstätter Marienschwestern vor. Das war für ihn eine gute Voraussetzung, im Sinne Schönstatts zu arbeiten. Es entstanden verschiedene Schönstattguppen. Jedes Jahr fand eine Buswallfahrt zum Heiligtum in Friedrichroda statt. Daran erinnern sich einzelne Gemeindemitglieder auch heute noch gern. Für Schönstattkreise im Osten Deutschlands hielt Pfarrer Aust Exerzitien und Vorträge und war ein gesuchter Beichtvater. Als 1974/1975 die ersten jungen Theologen zur Diözesan-Priestergemeinschaft fanden, war er Rektor und Erzieher für die Kandidaten.

Verehrer Josef Englings

Pfarrer Aust war ein großer Verehrer des jung verstorbenen Schönstätters Josef Engling. Dieser wurde am 5.1.1898 in Prositten – im heutigen Polen – geboren und ist im 1. Weltkrieg am 4.10.1918 in Cambrai (Frankreich) gefallen. Mit Jugendlichen der Schönstattjugend und Theologen war er mehrmals in den Jahren 1964 bis 1977 unterwegs nach Prositten. Wie Pfarrer Aust berichtet, nahm er 1964 einen Stein von Prositten mit, der nach Cambrai zum Bau des dortigen Heiligtums gekommen ist.

Ein Schönstattaltar für ein Heiligtum im Bistum Magdeburg stand mehrere Jahre in der Kirche St. Petri in Magdeburg und später in Quellendorf. In den letzten Jahren ist dieser Altar dann, auf den Vorschlag von Pfarrer Aust, in die Heimat von Josef Engling nach Prositten gekommen.

Ruhestand in Magdeburg

Im Alter von 70 Jahren ging er zusammen mit seiner Schwester Maria, die ihm den Haushalt führte, in den Ruhestand nach Magdeburg. Dort nahm er noch viele priesterliche Dienste wahr, begleitete Schönstattgruppen und hielt sich für die monatliche Bündnisfeier verantwortlich. Mit großer Freude und Dankbarkeit konnte er in der Kathedrale „St. Sebastian“ seinen 95. Geburtstag feiern.

Alters- und gesundheitsbedingt musste er 2021 seine Wohnung aufgeben und in das Caritas-Altenpflegeheim Bischof-Weskamm-Haus ziehen.

2022 konnte er sein 70jähriges Priesterjubiläum feiern. Seine Schwester Maria, die zum Schönstatt-Frauenbund gehörte, war bereits 2013 verstorben. Beide haben jetzt ihr Grab nebeneinander auf dem Westfriedhof in Magdeburg.

Ministerpräsident Reiner Haseloff (l.) und Pfarrer i.R. Heinrich Aust nach der Verleihung der "Ehrennadel" des Landes Sachsen-Anhalt (Foto: Rulf/Staatskanzlei)

Ministerpräsident Reiner Haseloff (l.) und Pfarrer i.R. Heinrich Aust nach der Verleihung der "Ehrennadel" des Landes Sachsen-Anhalt (Foto: Rulf/Staatskanzlei)

Auszeichnung mit der „Ehrennadel“ des Landes Sachsen-Anhalt

Eine besondere Auszeichnung bekam Pfarrer Aust im Jahre 2019 durch den Ministerpräsidenten Dr. Reiner Haseloff, CDU verliehen. Hasselhoff gehörte zu einem Kreis junger Menschen, die in der Wendezeit durch Pfarrer Aust motiviert worden waren, sich politisch zu engagieren. Ohne Heinrich Aust, so wird Haseloff in einem Artikel der Mitteldeutschen Zeitung vom 30.1.2020 zitiert, säße er heute womöglich nicht in der Magdeburger Staatskanzlei. Der katholische Pfarrer habe ihn in der Wendezeit aufgefordert und ermutigt, sich politisch zu betätigen und in die sich verändernde Gesellschaft einzubringen.

Bei den Wittenberger Dienstagsdemos, bei denen er im Herbst 1989 im Vorbereitungsteam mitgewirkt hatte, kamen die Demonstranten am Stasi-Gebäude vorbei und riefen: „Stasi raus – Behinderte rein“. Heinrich Aust war einer der Motoren, die später die „soziale Umnutzung“ (Hasselhoff) dieses großen Gebäudes zur Nutzung für jugendliche und erwachsene Behinderte initiiert haben. Durch die Gründung des ökumenischen Augustinuswerkes wurde es Wirklichkeit. Heute können dort bis zu 700 Personen betreut werden. Für dieses Engagement wurde Aust mit der „Ehrennadel“ des Landes Sachsen-Anhalt geehrt. Hasselhoff bei der Ehrung: „Ihre Arbeit ist von großem Idealismus und einer tiefen Verbundenheit zur Kirche geprägt. Sie haben den sozialen und christlichen Charakter unseres Gemeinwesens gestärkt. Insbesondere haben Sie Menschen geprägt und damit unser Land zum Guten verändert. Dafür sind wir Ihnen sehr dankbar.“

Bischof Dr. Gerhard Feige, hier beim 95. Geburtstag des jetzt Verstorbenen, feierte das Requiem für Pfr. Heinrich Aust (Foto: Jacob)Bischof Dr. Gerhard Feige, hier beim 95. Geburtstag des jetzt Verstorbenen, feierte das Requiem für Pfr. Heinrich Aust (Foto: Jacob)

Ministerpräsident Dr. Haseloff war mit Pfarrer Aust sehr verbunden und pflegte bis zuletzt persönlichen Kontakt. Es war ihm selbstverständlich im Requiem am Dienstag, den 10. Oktober 2023 in Magdeburg in St. Sebastian dabei zu sein. Bischof Dr. Gerhard Feige feierte das Requiem für Pfr. Heinrich Aust. Ordinariatsrat Thomas Kriesel würdigte in seiner Predigt das lange und erfüllte Priesterleben von Pfarrer Aust. Pfarrer i.R. Eberhard Jacob konnte bei der Beerdigung in Magdeburg die Schönstattfamilie und das Schönstatt-Institut Diözesanpriester vertreten.

Heilbad Heiligenstadt, am 14.10.2023
Pfarrer i.R. Eberhard Jacob

 


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