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22. September 2023 | Deutschland | 

„Intensiv-Woche für Familien mit entwicklungsbeeinträchtigten Kindern“ im Schönstatt-Zentrum Haus Mariengrund Münster


Andrea und Jörg Stender (2.u.3.v.l.) freuen sich besonders über die Wertschätzung, die das Team den Eltern und Kindern „mit Herz und Motivation“ entgegenbringt. Dazu gehören (v.l.) Schwester Juttamaria, Dr. Manuela Baumgartner, Dr. Maria Forster-Kobler und Roland Forster (Foto: Hubertus Kost)

Andrea und Jörg Stender (2.u.3.v.l.) freuen sich besonders über die Wertschätzung, die das Team den Eltern und Kindern „mit Herz und Motivation“ entgegenbringt. Dazu gehören (v.l.) Schwester Juttamaria, Dr. Manuela Baumgartner, Dr. Maria Forster-Kobler und Roland Forster (Foto: Hubertus Kost)

Hubertus Kost. „Familien-Intensivwoche“ hört sich anstrengend an. Dabei geht es aber um das Gegenteil. Konkret: Um Begegnung und Auszeit für Familien, deren Lebensumstände durch die Beeinträchtigung eines oder mehrerer Kinder sehr belastend sind.

„Das Beste, was uns passiert ist.“

Vor seiner ersten Teilnahme an einer Intensiv-Woche war Jörg Stender durchaus kritisch. „Was soll ich dort?“ fragte er sich. Das war 2015. Seitdem kommt er mit seiner Ehefrau Andrea und der gemeinsamen Tochter Annika jährlich aus Essen zu dem besonderen Familientreffen in das „Haus Mariengrund“ nach Münster und sagt über die Auszeit: „Das Beste, was uns passiert ist.“

Annika ist 12 Jahre alt und durch eine Mehrfachbehinderung beeinträchtigt. Die Eltern kümmern sich rund um die Uhr um ihr einziges Kind. Die Familienwoche erleben sie als starken Impuls, der ihre Beziehung und ihr Selbstbewusstsein stärkt. „Wir sind nicht allein.“ Das sei ein ganz besonderes Gefühl, das sie mit den anderen Eltern in der Intensiv-Woche teilen.

„Unter der Lupe“

Loslassen können, psychische und körperliche Belastungen reduzieren und minimieren. Einfach ist das nicht. Es gibt Referate, Einzelgespräche und die Möglichkeit, sich mit anderen Familien auszutauschen. Die angenehme Umgebung trägt dazu bei, sich entspannen zu können. Für die Kinder mit Beeinträchtigung gibt es vielfältige Angebote. Jeder Familie stehen 40 Stunden Kinderbetreuung und umfassende Therapien zur Verfügung.

Geschwister-Kinder werden in den 7 Tagen bewusst in den Vordergrund gerückt und in speziellen Geschwister-Gruppen gestärkt. Sie müssen nämlich – wenn ein Bruder oder eine Schwester beeinträchtigt sind – in der Familie manchmal zurückstecken. „Wie erleben Geschwister die Situation?“ Auch diese Frage wird unter die Lupe genommen. Übrigens im wahrsten Sinn, denn „Unter der Lupe“ war in diesem Jahr das Motto des Treffens. Die Geschwister-Kinder waren sogar mit kleinen Lupen im Gebäude und auf dem Gelände des Tagungsortes unterwegs.

Bedürfnisse der Eltern bestimmen die thematischen Inhalte

1995 gab es die erste Familien-Intensivwoche in Linz (Österreich). Initiatorin war Dr. Manuela Baumgartner, ärztliche Leiterin der Ambulanz für Entwicklungsneurologie und Neuropädiatrie am dortigen Ordensklinikum der Barmherzigen Schwestern. Die Intensiv-Wochen werden jährlich angeboten. Ein Tagungsort ist inzwischen Lignano in Italien, der weitere „Haus Mariengrund“ in Münster“ (seit 2013). Die Leiterin des Hauses, Schwester Juttamaria, und die Ärztin aus Österreich (ihr Ehemann ist Professor Dr. Helmut Baumgartner, Direktor der Klinik für Kardiologie III am Uni-Klinikum Münster) fanden sofort einen „guten Draht“ zueinander, als Räumlichkeiten für die Intensiv-Woche gesucht wurden. 10 Familien mit jeweils einem bis 4 Kindern nahmen in diesem Jahr daran teil und erlebten „Begegnung“ als wichtigen Bestandteil der Bildungsarbeit des Hauses. Mitveranstalter sind inzwischen die Ärztin Dr. Maria Forster-Kobler und deren Ehemann Roland Forster, Unterstützung kommt auch von Professor Baumgartner.

„Die Inhalte der Intensiv-Woche ergeben sich aus den Bedürfnissen der Eltern,“ sagt Dr. Manuela Baumgartner. Unterstützt werden Eltern und Geschwister. Offenheit und Vertrautheit seien dabei ganz wichtig. Wie erleben Geschwister die Situation zu Hause? Wie gehen Eltern als Paar miteinander um? Deutlich wird: Es geht nicht um Unterricht und schon gar nicht um Belehrung. „Es geht um Lebensprozesse und um Erfahrungen aus diesen Prozessen,“ betont die Ärztin. Sie nennt die Intensiv-Woche „seelischen Aktiv-Urlaub.“

„Hier erhalten wir Wertschätzung“

Das gesamte Team zeichne sich durch „Herz und Motivation“ aus, betont Andrea Stender: „Im täglichen Leben werden wir ganz oft beurteilt, hier erhalten wir Wertschätzung.“ Und ihr Mann ergänzt: „Das allein ist schon Erholung pur.“ Im nächsten Jahr wollen sie auf jeden Fall wieder bei diesem Sommerhighlight dabei sein und möchten schon jetzt alle interessierten Familien in einer vergleichbaren Lebenssituation ermuntern, es ihnen gleich zu tun.

Weitere Informationen

im Internet bei den Veranstaltern
Text: Hubertus Kost, Münster
(Mit Ergänzungen von Thorsten Köhler, HMG Münster)

 


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