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2. September 2023 | Nacht des Heiligtums | 

Beim Live-Podcast wird das Motto der NdH 2023 „risk it - zuverSICHT!“ konkret


Live-Podcast zum Thema der NdH 2023: "risk it - zuverSICHT" (Foto: Brehm)

Live-Podcast zum Thema der NdH 2023: "risk it - zuverSICHT" (Foto: Brehm)

HBre/CBre. Es ist schon Tradition, dass der Samstagvormittag der Nacht des Heiligtums der Auseinandersetzung mit dem Thema der NdH gewidmet ist. Es geht an diesem Morgen also um „risk it - zuverSICHT!“. Als Form hat das Programmteam einen „Live-Podcast“ gewählt. So jedenfalls steht es im Programmheft. Tatsächlich ist der Vormittag zweigeteilt. Im ersten Teil verknüpfen Steffi Rottler und Benedikt Matt, die die Bühnen-Lounge bevölkern, mit einem Live-Gespräch sechs beeindruckende Beiträge, die per Video eingespielt werden. Im zweiten Teil kommt es zu einem bemerkenswerten Gespräch mit einer Mitarbeiterin des Projektes „Schattentöchter“.

Risiken eingehen kann weiterführen

Als ersten Podcast-Beitrag werden die Teilnehmenden mit dem Beitrag von Rima konfrontiert, die erzählt, wie sie in der Coronazeit nach Italien ausgewandert ist. Ihre Botschaft: „Wenn ihr kein Risiko eingeht, kommt ihr nicht weiter.“ Sie rät den zuhörenden jungen Menschen, sich nicht einreden zu lassen, dass sie mit ihren Gefühlen und Plänen falsch liegen. „Wenn ihr wirklich innerlich spürt, dass dieser Weg jetzt dran ist, dann geht ihn.“ Und weiter: „Geht mit Zuversicht an die Dinge ran. Es wird gut, wenn ihr es wirklich wollt.“

Steffi Rottler und Benedikt Matt im Gespräch. Von den eingespielten Video-Beiträgen gibt es aufgrund urheberrechtlicher Fragen an dieser Stelle keine Bilder (Foto: Brehm)

Steffi Rottler und Benedikt Matt im Gespräch. Von den eingespielten Video-Beiträgen gibt es aufgrund urheberrechtlicher Fragen an dieser Stelle keine Bilder (Foto: Brehm)

Es gibt jede Menge Berechtigung für Zuversicht

Jana, im Berufsleben Cyberstaatsanwältin, stellt sich im zweiten Beitrag als „Lifecoach im Pocketformat“ vor: Sie gibt jeden Morgen ihren Followern einen Soundimpuls mit in den Tag, weil sie festgestellt hat, dass viele Menschen langsam ihr Vertrauen und ihre Zuversicht verlieren. „Wenn wir nicht aufpassen“, so Jana, „dann werden wir von der Fülle der schlechten Nachrichten überflutet und damit langsam davon überzeugt, dass in dieser Welt alles schiefläuft.“ Eindringlich fordert sie die Zuhörenden auf: „Vergesst nie, dass all das Negative und Schlechte, das ihr zu lesen und zu hören bekommt nur ein verschwindend kleiner Ausschnitt dieser Welt abbildet. Erinnert euch, in jedem denkbaren Moment geschieht auf dieser Welt etwas Gutes. Gerade jetzt legt ein Soldat seine Waffen nieder. Gerade jetzt vergibt ein Mensch einem anderen nach einem jahrelangen Streit. Gerade jetzt findet jemand seine Lebensaufgabe und setzt sich begeistert ein. Gerade jetzt laufen sich zwei Menschen in die Arme für eine lebenslange Freundschaft.“ Es gäbe jede Menge Berechtigung für Zuversicht, so Jana in ihrem Beitrag. Und Sie betont, dass es weder naiv, noch oberflächlich sei, zuversichtlich zu sein. „Ein zuversichtlicher Mensch schafft sein Leben ganz anders als ein pessimistischer.“

Festes Vertrauen auf eine positive Entwicklung in die Zukunft

Beim Beitrag von Constanze Falkenberg wird es erst mal ganz still, als sie erzählt, dass sie 2012 durch einen Autounfall, bei dem sie selbst mit im Auto war, ihren Mann und ihre drei Kinder verloren hat. Zuversicht in einer solchen Situation? Sie zitiert das Lexikon, das Zuversicht als „festes Vertrauen auf eine positive Entwicklung in die Zukunft und die Erfüllung bestimmter Wünsche und Träume“ definiert. Es ist zu spüren, dass sie einen intensiven Prozess durchlaufen hat, bei dem ihr viele geholfen habe, wieder an die Zuversicht zu glauben. Schon in der Unfallnacht zum Beispiel das Beten des Vaterunsers mit dem Pfarrer im Krankenhaus. Das habe ihr die Gewissheit gegeben: „Ich darf mein Leben in Gottes Hände legen, er wird mich jetzt führen!“ Und Gott habe ihr, auch durch andere Menschen viel Gutes zukommen lassen: sie nennt die Vorbereitung und erfolgreiche Teilnahme an einem Triathlon, die Möglichkeit eine Ausbildung zur Physiotherapeutin zu machen und nun die Tätigkeit in ihrem geliebten Beruf. Auch das Erleben von vielen Menschen, die sich für ihre Mitmenschen oder für die Natur einsetzten, sei so ein Geschenk. „Gott hilft uns in all unseren Aufgaben und er hat uns den Himmel versprochen“, so Constanze Falkenberg abschließend.

Verzweiflung und Zuversicht sitzen im gleichen Boot

Das Bild eines Seenotrettungsschiffes ist auf der Leinwand zu sehen während Sarah zu hören ist und Erfahrungen aus ihrem Einsatz für Flüchtlinge erzählt. Sie habe sich eine Zeitlang in Calais in Nordfrankreich für Flüchtlinge eingesetzt und auch bei der Seenotrettung mitgewirkt. Dort, so sagt sie, sei ihr angesichts der übergroßen Not eine unfassbar große Zuversicht entgegengekommen von diesen Menschen, „die ohne schwimmen zu können in viel zu kleine, völlig überfüllte Boote steigen, um Folter, Krieg und der schrecklichen Perspektivlosigkeit, der schieren Verzweiflung zu entkommen.“ Trotz allem Schlimmen sei es für sie immer neu inspirierend, „diese starken Menschen zu erleben“. Das gebe auch ihr Kraft, wenn sie sich alleine oder ausgelaugt fühle, wieder mit Zuversicht in die Zukunft zu schauen. Wie die Moderatoren in ihrem Zwischengespräch über den Beitrag herausarbeiteten: Sarahs Botschaft mache überdeutlich: „Verzweiflung und Zuversicht sitzen im gleichen Boot.“ Flucht sei eigentlich ein totaler Akt der Zuversicht. „Zuversicht ist dabei kein Zustand, sie zielt immer auf Veränderung, auf Wandel“, so Steffi Rottler. „Sie ist eine Haltung.“

Nach einem feuchten Beginn und einer kühlen Nacht freuen sich die Teilnehmenden auf dem Festival-Platz an diesem Morgen über die Kraft und Wärme der Sonne (Foto: Brehm)

Nach einem feuchten Beginn und einer kühlen Nacht freuen sich die Teilnehmenden auf dem Festival-Platz an diesem Morgen über die Kraft und Wärme der Sonne (Foto: Brehm)

Christen sind dazu berufen, Zuversicht in die Welt zu tragen

Eindrücklich ist auch der Beitrag von Pfarrer Jörg Meirer, dessen Beitrag in seiner Kirche in Bad-Neuenahr-Ahrweiler aufgezeichnet worden war. In dieser Kirche sieht man nach wie vor die Spuren der Verwüstung durch die Flutnacht vom 14. auf den 15. Juli 2021. „Als wir am Morgen des 15. Juli begannen aufzuräumen und wieder aufzubauen, blieb uns gar nichts anderes übrig, als loszulegen mit Zuversicht, so der Pfarrer. Eine Dame habe es in die treffenden Worte gefasst. „Wenn du mitten in der Sch… stehst, bringt es nichts, den Kopf hängen zu lassen!“ Allerdings würde mit der Zeit die Kraft und damit auch die Zuversicht abnehmen und verloren gehen. In solchen Situationen sei es dann hilfreich, Menschen um sich zu haben, die einem zusagen: „wir schaffen das, wir machen weiter.“ Er habe für sich als Mitarbeiter der Kirche erkannt: Christen seien dazu berufen, die Zuversicht in die Welt zu tragen. „Seit Ostern dürfen wir die Zuversicht haben, dass es wieder gut wird, und die Gewissheit, dass wir da sind, um ein Stück Himmel auf der Erde zu bauen.“

Zuversicht und aktives Handeln

Dass Zuversicht zum aktiven Handeln führen kann ist dem letzten Einspieler zu entnehmen, in dem der Schönstatt-Pater Peter Kühlcke vom Einsatz der Schönstattfamilie in Paraguay für straffällig gewordene Jugendliche erzählt. In der Nähe des Schönstattzentrums Tuparenda gäbe es eine Jugendvollzugsanstalt für straffällig gewordene Jugendliche. Beeindruckend erzählt er, wie Mitglieder der Bewegung über einen längeren Zeitraum jeden Samstag die Jugendlichen in der Haftanstalt besuchten, um ihnen Hoffnung zu vermitteln. Doch bald habe sich die Frage gestellt, was es bringe, Hoffnung zu vermitteln, wenn es am Ende der Haftzeit keine Perspektive gibt. Vorsehungsgläubig hätten sie eine Antwort auf diese Situation als Gottes Wunsch interpretiert. Aber ohne Haus und ohne Geld? Schließlich habe sich ein Projekt entwickelt, auf dem Gelände des Schönstatt-Zentrums ein Haus zu bauen, in dem einzelne der Jugendlichen aufgenommen werden können, wo sie eine Ausbildung z.B. zum Bäcker machen können und von wo aus sie schließlich auch in eine Arbeitsstelle vermittelt werden. Zuversicht bewege zum Handeln und der Vorsehungsglaube zeige Wege. „Wir haben nicht die Drogenkriminalität gelöst, wegen der die jungen Menschen einsitzen, aber wir konnten und können Einzelnen helfen, ihren Weg zu finden.“

Im zweiten Teil des Vormittages sprechen Steffi und Benedikt mit Betty, die ihr Engagement im Projekt "SchattenTöchter" vorstellt (Foto: Brehm)

Im zweiten Teil des Vormittages sprechen Steffi und Benedikt mit Betty, die ihr Engagement im Projekt "SchattenTöchter" vorstellt (Foto: Brehm)

Mit dem Projekt „SchattenTöchter“ kommt das Thema Zwangsprostitution zur Sprache

Mit dem Live-Gespräch mit Betty wird im zweiten Teil des Vormittages das Thema Zwangsprostitution angerissen. Betty arbeitet als Sozialarbeiterin im Projekt „SchattenTöchter“, ein Verein, der sich seit 2017 gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution in Deutschland einsetzt. Ziel der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden des Vereins ist einerseits Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit, andererseits begleiten und unterstützen sie betroffene Frauen beim Ausstieg und leisten Präventivarbeit, um Frauen davor zu schützen, in die Prostitution zu gelangen. Das Problem der Zwangsprostitution sei in der deutschen Gesellschaft viel weiter verbreitet als man gemeinhin annehme. Dazu komme, dass die 2002 erfolgte Liberalisierung der rechtlichen Bewertung von Prostitution Frauen keine rechtlichen Vorteile gebracht habe. Profitiert hätten nur Zuhälter, Bordellbetreiber und der Staat. Betroffene Frauen entgingen in aller Regel der Wahrnehmung der Öffentlichkeit, da sie oft versteckt gehalten und von der Gesellschaft nicht als Frauen in Not wahrgenommen würden. Viele von ihnen seien oftmals gewaltsam und mit falschen Versprechungen aus ihren Familien herausgerissen worden.

"Wir versuchen Begegnungen zu schaffen, um Frauen auf unsere Hilfsangebote zum Ausstieg aufmerksam zu machen." (Foto: Brehm)

"Wir versuchen Begegnungen zu schaffen, um Frauen auf unsere Hilfsangebote zum Ausstieg aufmerksam zu machen." (Foto: Brehm)

Ein interessantes Gespräch zum Thema Zwangsprostitution, bei dem auch Teilnehmende aus dem Publikum sich mit Fragen einbringen konnten (Foto: Brehm)

Ein interessantes Gespräch zum Thema Zwangsprostitution, bei dem auch Teilnehmende aus dem Publikum sich mit Fragen einbringen konnten (Foto: Brehm)

Auf die Frage der Moderatoren, wie man Frauen in solchen Situationen überhaupt helfen könne, berichtet Betty davon, dass an erster Stelle der Aufbau einer Beziehung zu den Betroffenen erforderlich sei, bevor diese überhaupt Hilfsangebote annehmen könnten. Aus diesem Grund sehe sie in ihrer Arbeit zum regelmäßigen Aufsuchen der Frauen in der Szene keine Alternative. Die Betroffenen würden selten von sich aus auf Hilfsangebote zukommen, zumal die Zuhälter alles dagegen unternehmen würden. „Daher versuchen wir Begegnungen zu schaffen, um Frauen auf unsere Hilfsangebote zum Ausstieg aufmerksam zu machen.

Natürlich brauche es „professionelle Distanz“, antwortet sie auf eine Frage aus dem Publikum, wie sie selbst mit den schlimmen und schwierigen Erfahrungen der betroffenen Frauen umgehen könne. Sie würde allerdings lieber von „professioneller Nähe“ sprechen, denn das sei das Wichtigste, was es den Frauen zu vermitteln gelte: dass es jemanden gibt, der wirkliches Interesse an ihnen hat, dass sie wertvoll und kostbar sind, Gottes Töchter. „Sie glauben nicht, dass es Hilfe gibt, und auch nicht, dass sie wirklich jemandem vertrauen können, der es gut mit ihnen meint.“ Daher brauche es oft viele Begegnungen, um sie zu überzeugen. Sie, so Betty, sei dankbar für ihr Team, dessen Mitglieder sich alle auf der Basis des Glaubens und der christlichen Zuversicht für die Betroffenen, die immer neu gezwungen würden, ihren Körper zu verkaufen, leidenschaftlich einsetzen.

Auf die Frage aus dem Publikum, wie man sich in dieser Problematik selbst engagieren könne, regte Betty an, im eigenen Umfeld auf die Thematik aufmerksam zu machen und damit Opfern eine Stimme zu geben. Das könne ein kleiner Beitrag zur Aufklärung und Sensibilisierung sein und zu einem Umdenken in der Gesellschaft beitragen. Wer sich intensiver einbringen wolle, habe z.B. die Möglichkeit sich schulen zu lassen, um in Schule und Jugendarbeit Präventionskurse durchführen zu können.

Bei aller Schwere der Thematik, so Benedikt Matt, habe die Art und Weise, in der Betty über das Thema gesprochen hat, ihm doch auch eine zuversichtliche Stimmung mitgegeben. Selbst in einem solchen Bereich können durch das Engagement von überzeugenden Persönlichkeiten wenigstens für einzelne Menschen Verbesserungen erreicht werden. Im Laufe des Nachmittages sei Betty in einem der Workshops gerne bereit, weitere Fragen zu beantworten.

Festivalgelände (Foto: Brehm)

Festivalgelände (Foto: Brehm)


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