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1. Juni 2023 | Worte des Bewegungsleiters | 

Gedanken zum Herz-Jesu-Fest


Miteinander Gott hören (Motiv: Maria Kiess, Freising)

Miteinander Gott hören (Motiv: Maria Kiess, Freising)

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Mitglieder und Freunde der Schönstatt-Bewegung!

Die Klostergemeinschaften der Schwestern und Brüder von Bethlehem, eigentlich Schwestern und Brüder der monastischen Familie von Betlehem und der Aufnahme Mariens in den Himmel und des hl. Bruno (frz.: Famille monastique de Bethléem et de l’Assomption de la Vierge et de saint Bruno) sind durch ihre kunsthandwerklichen Produkte bekannt geworden. Ihre religiösen Figuren, Reliefs und Ikonen sind nahe an traditionellen Formen der Frömmigkeit. Sie haben jedoch einen Stil gefunden, der eine naive Einfachheit mit einer zurückhaltenden Ästhetik verbindet. Schon öfter habe ich erlebt, dass dieser Stil auch Menschen mit einem modernen Ausdrucksempfinden erreicht. Die Figuren und Bilder machen es leicht, dass sich ästhetisches und religiöses Empfinden treffen.

Herz-Jesu-Figur (Foto: Güthlein)

Herz-Jesu-Figur (Foto: Güthlein)

Vor einiger Zeit habe ich eine solche Herz-Jesu-Figur geschenkt bekommen und sie hat ihren Platz in meinem Zimmer und Hausheiligtum gefunden. Im Juni feiert die Kirche das Hochfest „Heiligstes Herz Jesu“. Herz, Gemüt und Gefühl haben es im Kontext von Frömmigkeit und Glaube nicht immer leicht. Zwischen zu viel und zu wenig scheint es keine Mitte zu geben, die allen Freude macht. Ich glaube, es liegt nicht nur daran, dass die Geschmäcker eben verschieden sind. Wir wissen alle, wie wichtig dieses tiefste Innere ist, aber auch dass wir gerade deshalb auch ein besonderes Schutzbedürfnis haben.

Sprache und Bilder sind alltäglich „voller Herz“

In der Sprache und in Bildern ist das Herz allgegenwärtig. Auf Grußkarten und in der Form von Anhängern hat das Herz einen festen Platz. Es gibt Lebkuchenherzen und Pralinenschachteln in Herzform. Werbekampagnen verzichten selten auf entsprechende Anspielungen und Herz-Schmerz-Filme und -Bücher haben immer ihr Publikum. Bei dem Thema Hochzeit kommt keiner an Herzbildern vorbei und die zwei Hände, die zusammen ein Herz formen, sind zum Ausdruck dafür geworden, wenn man etwas ganz besonders schön empfindet und man sich bedanken möchte.

Die sprachlichen Bezüge zum Herzen sind äußerst vielfältig und widersprüchlich: Das Herz kann beben und zittern, bis zum Hals schlagen und vor Panik rasen. Wenn aber die Tapferkeit siegt, geben wir ihm einen Stoß und nehmen das Herz in beide Hände. Manches liegt einem schwer auf dem Herzen oder es ist einem leicht ums Herz.  Wir machen unserem Herzen Luft und wollen es zu keiner Mördergrube machen. Wir wollen es aber auch nicht auf der Zunge tragen. Mit Hand aufs Herz wollen wir ganz ehrlich sein. Das Herz kann zerspringen und bluten, es kann steinern sein oder weich, es kann verschenkt werden und verschlossen bleiben. Manches können wir nicht übers Herz bringen und ein mutiger Mensch hat ein Löwenherz, das Unbegreifliches und schier Übermenschliches zustande bringt. Und der französische Philosoph Blaise Pascal (1623 - 1662) beugte sich vor den Grenzen der Vernunft, wenn er erklärt: „Das Herz hat seine Gründe, welche der Verstand nicht kennt“.

Seelische Last beschädigt tatsächlich das Herz

Der bedeutungsvolle Zusammenhang von Herz und allen wichtigen Lebensrealitäten ist jedoch nicht nur poetisch. Er ist viel realer. Psychisch-physisch real. Immer neu wird der Zusammenhang erforscht, wie sehr seelische Nöte unseren Kreislauf belasten. Ein Artikel beschreibt das Erlebnis eines Mannes in den Mitfünzigern, der in einem Moment seines beruflichen Lebens, als in einer angespannten Situation auch noch alle technischen Hilfen und Kommunikationsmöglichkeiten ausfielen, einfach bewusstlos zusammenbrach. Sein Herz blieb stehen. Auf der Intensivstation wurde er in ein künstliches Koma versetzt. Erst nach einer Woche kam er wieder zu sich. Er wurde auf „Herz und Nieren“ untersucht und es wurde nichts festgestellt. Er ist überzeugt, dass die große psychische Belastung seinen Lebensmotor stocken ließ. „Eine junge Forschungsdisziplin gibt dem Techniker Recht: Psychokardiologen erkunden, wie eng die Gesundheit von Herz und Seele verknüpft ist. Sie belegen wissenschaftlich, wie Depressionen ein Herz zu schädigen vermögen und wie umgekehrt ein krankes Herz Menschen in seelische Krisen stürzen kann. Sie entschlüsseln entscheidende Alarmzeichen für Körper und Psyche und entwickeln Strategien, den Risiken zu begegnen. Selbst ‚hartgesottene Kardiologen‘ würden aufgrund der neuen Forschungsergebnisse umdenken, sagt Karl-Heinz Ladwig, Professor für psychosomatische Medizin an der Technischen Universität München.“  Immer mehr Kollegen wollen wissen, „wie sie psychosoziale Faktoren bei der Diagnose und Behandlung einbeziehen können.“* Immer deutlicher zeigt sich, dass gerade Herzkrankheiten nicht nur Reparatur brauchen, sondern Heilung. Und das hat etwas mit der gesamten psychischen Lebenssituation und den Alltagsherausforderungen zu tun.

Eine Spiritualität, die das Herz erreicht

Zu den Grundüberzeugung Pater Kentenichs gehörte es, dass eine aufbauende und das Leben meisternde Spiritualität nicht nur geistliche Wahrheiten braucht. Es braucht Räume, in denen Menschen sich in ihrer ganzen menschlichen Existenz wahrgenommen und aufgewertet erleben. Und gleichzeitig ermöglicht und eröffnet ein solcher Raum geistliche Erfahrung und religiöse Beheimatung. Gerade die menschlichen Beziehungen selbst, sind solche Räume, in denen die menschliche und gleichzeitig religiöse Beheimatung zum Erlebnis wird.

Im Zusammenhang mit Leiderfahrungen hat er viel über die bildhafte Vorstellung gesprochen von der „Einschreibung des Herzens in ein Herz“ wie Augustinus Liebe definiert. Wie kann trotz Leid eine solche „Einschreibung“ in das Herz Gottes gelingen? Wahrheit und richtige Worte reichen nicht, wenn es um das Kreuz im eigenen Leben geht. Gerade in diesen Lebenssituationen braucht man die echt-menschliche Begegnung. Im Blick auf die Begleitung von Menschen sagte er öfter, dass man zuerst die Situation des Gegenübers tief in sein Herz hinunterlassen soll. „Erst dann kommt der Eimer (wie bei einem Brunnen) gefüllt nach oben“ und dann kann man dem anderen etwas sagen oder ihm schweigend nahe sein.

In dem kleinen Gebetbuch „Himmelwärts“, das während der Gefangenschaft in Dachau entstanden ist, kommt das Wort Herz achtzigmal vor. Immer wieder geht es um die tiefsten Schichten im Menschen. Bis in diese Schicht hinein soll ich den Sprung des Vertrauens hinein in das Herz Gottes wagen können. Beim Morgengebet heißt es mit Blick auf das Liebesbündnis mit der Gottesmutter „dass du der Mutter Herrlichkeiten von dort willst in die Welt verbreiten, um Liebesströme zu ergießen, dass sie durch kalte Herzen fließen“. Und bei der Betrachtung vor dem Evangelium der Hl. Messe erinnert er an das Gleichnis Jesu und die Fruchtbarkeit seines Wortes: „Es ist ein Same, der sich hält, wenn er auf guten Boden fällt, der hundertfältig Frucht will bringen, wo tief er kann in Herzen dringen“. Und ebenfalls als Bitte an die Gottesmutter betet er beim Kreuzweg „Ich bitt dich, Dreimal Wunderbare Frauen, lass tief mich in das Herz des Heilands schauen, zur Seit‘ ihm stehn mit deiner Liebe Glut …“.

Ich wünsche Ihnen für das Herz-Jesu-Fest einen solchen Blick hinein in die Liebe und das Herz des Heilandes und in Ihr eigenes Herz!

Mit herzlichen Grüßen.

P. Ludwig Güthlein
Schönstatt-Bewegung Deutschland


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