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„Ihr seid ein lebendiges Zeichen synodaler Kirche“ – Bischof Hermann Glettler feiert Familiengottesdienst zum Abschluss des Europäischen Familienkongresses
Bischof Hermann Glettler, Innsbruck, feiert mit der Schönstatt-Bewegung eine Eucharistiefeier im Wiener Stephansdom (Foto: Radio Stephansdom)
Cbre/Hbre. Mit einem gut gestalteten, ansprechenden und motivierenden Familiengottesdienst geht der europäische Familienkongress der Schönstatt-Familienbewegungen Europas, der vom 28. April bis 1. Mai 2023 in Wien stattfand, zu Ende. Für ihn sei es ein sehr schönes Erlebnis, am Beginn und zum Abschluss des Familienkongresses mit dabei zu sein, sagt Bischof Hermann Glettler, Insbruck, Familienbischof der österreichischen Bischofskonferenz, der dem Gottesdienst vorsteht. „Ihr seid ein lebendiges Zeichen synodaler Kirche, Weggemeinschaft mit den Familien unserer Zeit, wie auch immer sie herausgefordert sind.“ „Seid gesegnet und werdet zum Segen für viele“ ruft er den Teilnehmenden des Europäischen Familienkongresses und den zahlreich noch dazugekommenen Familien, die den Stefansdom füllen, zum Abschluss seiner bewegenden Predigt zu.
Mit dem Bischof konzelebrieren 13 Priester (Foto: Radio Stephansdom)
Die Kirche braucht den „Sound of Live“
Dreizehn Priester, unter ihnen Abt Kolumban Looser vom Kloster Göttweig und Pater José Luis Correa, Koordinator der Schönstatt-Bewegungen Amerikas, ziehen zusammen mit Bischof Glettler unter feierlichen Orgelklängen in den Stephansdom, das Wahrzeichen Wiens, ein, das mit seinem 136 Meter hohen Turm die höchste Kirche Österreichs ist.
Ehepaar Ingeborg und Richard Sickinger, Leiterehepaar der Schönstatt-Bewegung Österreich, begrüßen den Bischof und die Mitfeiernden (Foto: C. Becker)
Neben den 350 Kongressteilnehmerinnen und Teilnehmern feiern auch noch viele weitere Familien aus Österreich und spontane Besucher diesen schwungvollen Gottesdienst mit. Eine Musiktruppe der Schönstatt-Bewegung Österreichs mit 43 Sängerinnen und Sängern, darunter einige Kinder, und zehn Musiker sorgen unter der Leitung von Alois Lugitsch, Musikschuldirektor in Hartberg, Steiermark, auf hervorragende Art und Weise für die zielgruppengemäße musikalische Gestaltung. Dass gleich zu Beginn bei der Begrüßung Kinderrufe im Dom zu hören sind, stört Bischof Glettler überhaupt nicht. Das sei der „Sound of Live“, freut er sich bei seinem Gruß an die Familien und unterstreicht noch einmal aus den Grußworten von Ehepaar Sickinger, dass der Familienkongress viel Freude bereitet, gegenseitige Stärkung bewirkt und Perspektiven für die heutige Zeit aufgezeigt habe.
Ein Projektchor und Ensemble aus der Schönstattbewegung Österreich übernahm die musikalische Gestaltung (Foto: Radio Stephansdom)
Ehebunderneuerung während des Gottesdienstes (Foto: Radio Stephansdom)
Die Gaben der Gabenprozession (Foto: Radio Stephansdom)
Ehebunderneuerung und Gabenprozession
Zur lebendigen Gestaltung des Gottesdienstes gehören u.a. eine Ehebunderneuerung für alle anwesenden Paare und eine Gabenprozession, bei der Vertreter der Bewegung verschiedene Symbole zum Altar bringen, die für konkrete Beispiele stehen, die die Bewegung für Ehe und Familie als Angebote in das kirchliche Leben einbringt. Die Rede ist von Seminaren der Ehevorbereitung, von Publikationen für Familien, das Angebot von Urlaubswochen für Familien, nicht nur zur körperlichen Erholung, sondern auch zum geistlichen und seelischen Auftanken, das Angebot von Erziehungskursen und auch Ausbildungskursen zu Familientrainern der Familienakademien. Das Bild der Gottesmutter sei Symbol für die Bitte an Maria, sich im eigenen Haus niederzulassen, die Atmosphäre dort zu verwandeln und für ein Klima des Vertrauens und der gegenseitigen Wertschätzung zu sorgen. Die letzte Gabe, der Krug, der in vielen Hausheiligtümern von Schönstattfamilien zu finden sei, diene dazu, auf kleinen Zetteln die Sorgen des Alltages, die kleinen und großen Überwindungen und den Dank für Erlebtes aufzunehmen, damit sie als Liebesopfer – „wir nennen es Gnadenkapital“ – verwandelt, anderen zum Segen werden.
Viele Mitfeiernde im Stephansdom (Foto: C. Becker)
Das Fest des Lebens feiern
Das Symbol des Kruges schloss gut an das Evangelium der Hochzeit zu Kana an, auf das sich auch der Familienbischof in seiner Predigt bezog, als er die Familie als Ort von Festen, Krisen und Neustarts skizzierte. Jesus und Maria seien wie damals bei der Hochzeit mittendrin, jedoch diskret, dabei. „Er, der eigentliche Gastgeber des Lebens – bescheiden am Tisch.“ So sei Gott, so vornehm, betont der Prediger.
„Wo sonst, als in der Familie, werden Heranwachsende, aber nicht nur sie, damit konfrontiert, dass die individuellen Interessen sich in ein gemeinsames Wir mit hineinbetten müssen, dass das ‚ich‘ und das ‚wir‘ zusammengehören.“ (Foto: C. Becker)
In Familien sei immer etwas los und es sei wichtig, das Fest des Lebens zu feiern, denn Feste seien „Widerstandsmomente in den Schwierigkeiten des Lebens“. Gerade heute lerne man in der Familie das Leben in seiner bunten Vielfalt. Die Spannung von Einheit und Vielfalt sei nirgendwo deutlicher erlebbar als in Familien. „Wo sonst werden Heranwachsende, aber nicht nur sie, damit konfrontiert, dass die individuellen Interessen sich in ein gemeinsames Wir mit hineinbetten müssen, dass das ‚ich‘ und das ‚wir‘ zusammengehören.“ Auch das soziale Lernen passiere in der Familie, z.B. das „Zusammenraufen trotz unterschiedlicher Meinungen“ oder auch das Lernen mit dem Vertrauten und dem Fremden gut umzugehen. „Ich behaupte: Pluralitäts-Fitness lernt man in der Familie“, so der Bischof vehement, in der Familie seien alle Lernende. Natürlich gebe es auch im Bereich der Familie Versagen, aber das Gute überwiege. „Das müssen wir wahrnehmen und weitererzählen!“, so der Bischof. Durch die Teilnahme am Kongress sei auch er wieder angeregt, sich zum Botschafter des Guten zu machen. „So vieles gelingt in den Familien! Wir müssen Lautsprecher des Guten sein!“ Familien seien „die wichtigsten Volksschulen der Dankbarkeit“, denn sie wüssten: Nichts ist selbstverständlich!
Ein beeindruckender Kirchenraum (Foto: Radio Stephansdom)
Was tun, wenn der Wein ausgeht?
Was tun, wenn Enttäuschung, Missverständnisse und schleichende Entfremdung in die Familie einziehen? Maria habe bei der Hochzeit zu Kana die sich anbahnende Katastrophe als erste bemerkt, sie die aufmerksam Liebende im Hintergrund. „Mit Maria wird die Familie zu einer Schule der solidarischen Aufmerksamkeit.“ Bei ihr müsse man Probleme weder kleinreden oder vertuschen, mit ihr könne man der Wahrheit des Scheiterns ins Auge sehen. Und es gehöre zum familiären Lernprogramm, auch miteinander zu weinen. „Was er euch sagt, das tut!“, mit dieser klaren Aussage bewahre Maria die Menschen vor unterschiedlichen Fallen: Die Falle der idealisierten Überhöhung, die Falle der Anklage, die Falle der unbarmherzigen Verurteilung und die Falle des „alles wird schlecht“. Maria helfe an das Gute, an den Neubeginn zu glauben und daran, dass alles zum Guten verwandelt werden kann, auch in der Familie.
„Der österliche Glaube, dass der lebendige Christus alles verwandeln kann, macht Familien zu Heiligtümern der Hoffnung" (Foto: Radio Stephansdom)
Familien: Heiligtümer der Hoffnung
Jesus formuliere für die Diener einen klaren, aber schwierigen Auftrag. Immerhin mussten sie sechs Wasserkrüge (für jeden Wochentag einen) mit je 100 Liter Wasser füllen. Mit dem Wasser – wie der Bischof ausführte – „der Zuhörbereitschaft und des ruhigen Nachdenkens, der kritischen Selbsteinschätzung und des Verzichts auf verletzende Worte, mit dem Wasser der bewussten Zeit der Begegnung, mit dem Wasser der Geduld, weil jedes menschliche Wachsen Zeit braucht.“ Das sei noch nicht der Wein, aber Jesus verlange nicht mehr. „Der österliche Glaube, dass der lebendige Christus alles verwandeln kann, macht Familien zu Heiligtümern der Hoffnung. Wenn wir einander vergeben, uns aussprechen, uns von neuem umarmen, werden Familien zu Kraftwerken von Zuversicht und Zukunftsmut. Und das braucht es.“
Es sei tröstlich, so Bischof Glettler, dass das Engagement in der Familienarbeit dem Engagement der Diener gleichen dürfe, die das Wasser in die Krüge füllen: zuversichtlich am Rande stehend, nicht im Mittelpunkt, aber mitbekommend, woher der Wein kommt. „Die jungen Paare und Familien wollen ihre eigenen Wege gehen, ihren eigenen Rhythmus finden. Wir stehen zuversichtlich daneben, dankbar, dass Gott alles zum Guten wandeln kann.“ Seine Predigt beendet Bischof Glettler mit der Zusage und dem Aufruf: „Seid gesegnet und werdet zum Segen für viele“.