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11. März 2023 | Delegiertentagung | 

Impulse zur Transformation Schönstatts


Pater Ludwig Güthlein: "Impulse zur Transformation Schönstatts" (Foto: Brehm)

Pater Ludwig Güthlein: "Impulse zur Transformation Schönstatts" (Foto: Brehm)

Hbre/Cbre. Unter der Überschrift „Impulse zur Transformation Schönstatts“ legte der Leiter der Schönstatt-Bewegung Deutschland, Pater Ludwig Güthlein den anwesenden Delegierten fünf „Ansatzpunkte“ ans Herz, mit denen der Weg der Schönstatt-Bewegung in die Zukunft angeschaut und gestaltet werden könnte. Ansatzpunkte zu haben, wie man Situationen anpacken könne, sei etwas anderes, als Lösungen zu haben, so der Referent. Im Blick auf die Transformation Schönstatts sei das ein wichtiger Gesichtspunkt.

Die Plenumsveranstaltungen der Delegiertentagung finden im Filmsaal des Pater-Kentenich-Hauses statt (Foto: Brehm)

Die Plenumsveranstaltungen der Delegiertentagung finden im Filmsaal des Pater-Kentenich-Hauses statt (Foto: Brehm)

Die Qualität der Veränderung hat sich verändert

In Anlehnung an die Politökonomin und Transformationsforscherin Maja Göpel machte Güthlein deutlich, dass Transformation immer schon stattgefunden habe und ein andauernder Prozess sei, „und wir alle haben genug Lebenserfahrung, dass wir uns bewusst sind, Veränderungen kann man meistern. Wir wissen, Unsicheres lässt sich überwinden.“ Göpel mache allerdings darauf aufmerksam, dass sich heute die Qualität der Veränderung verändert habe: „Ein Tsunami führt zum Zusammenbruch des Atomkraftwerkes in Fukushima und hat eine Riesenauswirkung auf das Thema Energie. Eine Bank in den USA bricht zusammen und eine Weltwirtschaftskrise ist die Folge. Oder auch positiv: Eine junge Schwedin bringt die ganze Welt mit dem Thema Klima in Verbindung. Die me too Bewegung verändert etwas, was man bisher stillschweigend zum Geschäft gehörig angenommen hat“.

Zwar geschehen Dinge dieser Tragweite nicht jeden Tag und in einigen Regionen der Welt häufiger als in anderen“, so zitiert Güthlein die Transformationsforscherin. „Wir halten es aber inzwischen nicht mehr für ausgeschlossen, dass Dinge dieser Tragweite jeden Tag geschehen können. Wir sehen in ihnen keine Ausnahme mehr, die wir als Einzelfall ablegen, und ab morgen läuft das Leben wie gewohnt weiter. Unser Glaube daran, dass das, was übermorgen sein wird, sich als kleine Modifikation dessen darstellt, was heute ist, trägt nicht mehr. An manchen Tagen überfordert uns das. Wir wollen so schnell wie möglich zu einer Normalität zurückkehren.“ (Maja Göpel) Hinsichtlich der Veränderung Schönstatts gelte es also damit zu rechnen, dass alles möglich ist, dass es aber gleichzeitig fast unmöglich sein könne, die Vorgänge zu planen. Auf diesem Hintergrund sei es wichtig Ansatzpunkte zu finden, die vielleicht naiv anmuten, aber doch Wege eröffnen könnten.

Konzentriertes Zuhören und Mitdenken war gefordert (Foto: Brehm)

Konzentriertes Zuhören und Mitdenken war gefordert (Foto: Brehm)

Ein herausforderndes Wort des Schönstatt-Gründers (Foto: Brehm)

Ein herausforderndes Wort des Schönstatt-Gründers (Foto: Brehm)

Ansatzpunkt „Geist vor Aufrechterhalten“

Ein erster Ansatzpunkt im Blick auf die Transformation sei für ihn das bei Pater Josef Kentenich so oft genannte Thema von „Geist und Form“ betont der Schönstatt-Pater: Der Geist schaffe sich Formen, die Formen unterstützten und schützten den Geist, bis die Form den Geist auffresse. Vielleicht sei das ganze Schönstatt aktuell in einer Situation, in der sich die Blickrichtung mehr auf das richte, was geworden sei, um es aufrecht zu erhalten. In einer solchen Situation das Aufrechterhaltens loszulassen und sich ganz auf das Thema „Geist“ zu konzentrieren sei möglicherweise eine naive Antwort für viele reale Probleme, die gelöst werden müssten. Trotzdem gelte es die Frage zu stellen, wo die eigentliche Investition notwendig sei. Pater Kentenich habe hier eine sehr realistische Einstellung wenn er schreibe: „Wir wollen so durchorganisiert sein, dass wir auf die Dauer ohne Geist nicht existieren können: Entweder existieren wir –, und dann kann es nur geschehen, mit Geist; oder aber wir haben den Geist verloren, und dann haben wir auch das Recht auf Existenz eingebüßt und können und wollen zugrunde gehen.“ (Lebensgeheimnis Schönstatts 1, S. 42) Mit einem solchen Ansatzpunkt seien nicht alle Fragen beantwortet, so der Leiter der deutschen Schönstatt-Bewegung, „aber die Atmosphäre wird anders, wenn man mit einer kindlichen Naivität den innersten Geist, warum es uns eigentlich gibt, als eigentlichen Ansatzpunkt des Engagements hat.“

Radikal aus der Ursprungsquelle leben

Als zweiten Ansatzpunkt wolle er den Kernvorgang Liebesbündnis benennen. Pater Kentenich sage: Das Tor hinein in die Bewegung sei das Liebesbündnis und das Tor des Liebesbündnisses sei offen für jede und jeden. Mit Aufnahmebedingungen würde eine Organisation geschaffen und keine Bewegung. Durch ein Tor trete man in die Welt dahinter ein, allerdings auch sofort wieder hinaus. Das Tor des Liebesbündnisses sei kein Tor, um hinein zu gehen, sondern es sei ein Tor, um hinein und hinaus zu gehen. Eine Bewegung, die konzentriert sei auf das, wofür es sie gibt, könne Vielfalt integrieren und brauche keine Vorbedingungen. Allerdings brauche es schon den Glauben daran, dass sich Maria im Heiligtum niedergelassen habe und das Heiligtum nur dann fruchtbar werde, „wenn wir daran mitarbeiten, wenn wir mitwirken, wenn wir Beiträge in den Krug geben,“ so Güthlein. Das Liebesbündnis lade ein, wenigstens gelegentlich ein gutes Beispiel zu geben und eine apostolische Tat zu vollbringen. Das sei ein Ansatzpunkt für das Mitgestalten der Schönstatt-Bewegung der Zukunft: „Radikal aus der Ursprungsquelle leben.

„Radikal aus der Ursprungsquelle leben.“ (Foto: Brehm)

„Radikal aus der Ursprungsquelle leben.“ (Foto: Brehm)

Vom Vorstellungsschönstatt zum Berufungsschönstatt

Ein dritter Ansatzpunkt sei für ihn die Frage nach der Berufung. Schönstatt sei entstanden, weil Menschen eine bestimmte Berufung verspürt hätten. Wolfgang Götz, der kürzlich verstorbene Eremit der Bewegung habe lange warten und viele Stationen gehen müssen, bis er seine Eremitage im Wald habe beziehen und als Eremit leben können. Ohne ihn und seine Berufung hätte es vielleicht nie eine Einsiedelei gegeben. Offensichtlich sei es eine dauernde Herausforderung nicht zu fragen, „wo passt gerade jemand hin“, sondern zu fragen, „was hat dieser Mensch für eine Berufung, was habe ich für eine Berufung“. Der Weg müsse immer heißen: weg vom Vorstellungsschönstatt wie es gerade ist, hin zum Berufungsschönstatt.

Statt Projektschönstatt oder Angebotsschönstatt ein Beziehungsschönstatt

Einen weiteren Ansatzpunkt wolle er nennen: „Statt Projektschönstatt oder Angebotsschönstatt ein Beziehungsschönstatt“. Alle Projekte, Angebote und Gemeinschaften, die es in der Bewegung gäbe, entwickelten das Bedürfnis, sich „aufzufüllen“. „Doch müsste nicht viel mehr die Frage sein, was Menschen heute zusammenbringt?“ Schönstatt müsse ein Netzwerk sein, in dem Menschen, die ähnliche Anliegen haben, Energie bekommen können. Es lohne sich, immer neu zu fragen: „Sind wir ein Veranstaltungsschönstatt, ein Projektschönstatt, ein Angebotsschönstatt oder ein Beziehungsschönstatt, wo wirkliche Freundschaften, wirkliche Netzwerke sind, die aber von gemeinsamen Anliegen getragen sind?“ Ein Beziehungsschönstatt denke nicht von den Strukturen und den gemeinsamen Projekten her, sondern von echtem menschlich „Miteinander-Unterwegs sein“ her.

Güthlein: „Was ist das Leise, das sich bei mir als innerste Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit und Situation regt.“ (Foto: Brehm)

Güthlein: „Was ist das Leise, das sich bei mir als innerste Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit und Situation regt.“ (Foto: Brehm)

Das Leise stärker sein lassen als das Laute

Einen fünften Ansatzpunkt, so der Referent, sehe er darin, das Leise, das sich nicht so wortstark melden könne, stärker sein zu lassen als das Laute. Wenn man die aktuelle Diskussionslandschaft der Kirche und der Gesellschaft betrachte, sei „auf das Leise hören und es ernst nehmen“ ein ganz wichtiger Ansatzpunkt. Güthlein lud die Zuhörenden ein, sich einmal nicht auf die praktische, strategische und planerische Stimme zu konzentrieren, sondern sich zu fragen und darüber auch mit anderen ins Gespräch zu kommen: „Was ist das Leise, das sich bei mir als innerste Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit und Situation regt.“ Solch leises Sprechen könne nachhaltig sein.

 


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