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11. März 2023 | Delegiertentagung | 

Einblicke in das europäische Kontinentaltreffen im Vorbereitungsprozess der Weltbischofssynode in Prag


Dr. Maria Pelz und Pater Heinrich Walter berichten Erfahrungen vom Europäischen Kontinentaltreffen in Prag, das im Rahmen des Vorbereitungsprozesses der Weltbischofssynode stattfand (Foto: Brehm)

Dr. Maria Pelz und Pater Heinrich Walter berichten Erfahrungen vom Europäischen Kontinentaltreffen in Prag, das im Rahmen des Vorbereitungsprozesses der Weltbischofssynode stattfand (Foto: Brehm)

Hbre/Cbre. Ein ausführlicher Bericht über Erfahrungen beim Europäischen Kontinentaltreffen im Vorbereitungsprozess der Weltbischofssynode in Prag stand bei der Delegiertentagung am ersten Tag im Anschluss an den Vortrag von Dr. Alicja Kostka über den Weg zu einer synodalen Kirche auf dem Programm. Dr. Maria Pelz, Schönstatt-Familienbund und Pater Heinrich Walter, Internationale Koordination der Schönstatt-Bewegung, sprachen über ihre Teilnahme an der vom Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) organisierten viertägigen Tagung. 200 Personen, Bischöfe, Priester und viele Laien aus 45 Ländern vertraten die 39 nationalen Bischofskonferenzen Europas. Fast 400 weitere Personen nahmen online teil.

Neben den Plenarversammlungen gab es dreimal eine Arbeitseinheit in 13 Sprachgruppen, die wiederum im Plenum über ihre Ergebnisse berichteten. Parallel arbeitete eine Formulierungskommission, die am Schluss ein 20-seitiges zusammenfassendes Papier vorlas, das in das „Instrumentum Laboris“ der Weltbischofssynode einfließen soll, dessen Endredaktion allerdings (Stand 10. März 2023) immer noch aussteht.

Atmosphärisches

In einem kurzweiligen informativen Beitrag berichteten Pelz und Walter zunächst über das atmosphärische Erlebnis. Vielfältige Gefühle zwischen Aufbruch, Spannungen, Freude, Sorge, Dankbarkeit seien zu Anfang spürbar gewesen. Ein synodales Miteinander in persönlichen Begegnungen; Pausen- und Tischgesprächen habe die Vielfalt als Chance und als Spannung; erlebbar gemacht. Besonders wichtig für die Stimmung seien die Begegnungsmöglichkeiten in den Pausen und in den Kleingruppen gewesen. Gäste aus Orden, Bewegungen etc. hätten eine spirituelle Atmosphäre eingebracht. Der Trend in der Kirche hin zu mehr Dialog und Teilhabe, Freundschaft und Achtsamkeit sei auf jeden Fall spürbar gewesen. Die Hierarchie sei mindestens in den Pausengesprächen als sehr flach und die Bischöfe als sehr zugewandt erlebbar gewesen.

„Die Kirche befindet sich auf einem Lernweg, was Formate, Methoden und auch Inhalte angeht“, so Pater Walter. „Ich fand den Prozess weiterführend, man hat miteinander gesprochen, es war ein Anfang, dahinter geht die Kirche nicht zurück. Von vielen wurde eine Fortsetzung gewünscht.“ Wohltuend sei das Wissen gewesen, dass der Ausgang des Treffens völlig offen sei, da der Heilige Geist der entscheidende Akteur sei. Daher sei auch zu spüren gewesen, dass politisches Agieren, um eine „Agenda“ durchzubekommen, eher störend und hinderlich gewesen wäre. Das Wirken des Geistes könne man in Gelassenheit und Ruhe abwarten.

Dr. Maria Pelz, Mitglied im Schönstatt-Familienbund (Foto: Brehm)

Dr. Maria Pelz, Mitglied im Schönstatt-Familienbund (Foto: Brehm)

Blitzlichter auf die inhaltlichen Themenschwerpunkte

Interessant war der Blick auf inhaltliche Themenschwerpunkte, die in Prag im Blick auf die Entwicklung der Kirche hin zu einer mehr synodalen Gemeinschaft im Gespräch waren.

Das Pilgernde Volk Gottes – sichtbar gemacht im Bild des Beduinenzeltes von Jes 54,2: „Mach den Raum deines Zeltes weit“ – schließe auch und gerade die am Rande mit ein, so Pater Heinrich Walter. Im Gegensatz zu Lateinamerika, sei in der europäischen Ekklesiologie das Bild vom Volk Gottes eher in den Hintergrund geraten. Es brauche eine Weitung des hierarchischen Kirchenbildes. „Eine Vielfalt, die ausgehalten werden muss. Sie bedeutet einen großen Reichtum. Es geht um Beziehung zwischen Hierarchie und Volk, zwischen Priester und Laien, um Nähe und Ferne, zwischen mehr rechts oder links, mehr vorne oder hinten.

Dr. Maria Pelz machte deutlich, dass das Verhältnis Klerus-Laien ein ständig präsentes Thema gewesen sei. „Es gibt ein Bedürfnis nach Mitbestimmung, es ging um Entscheidungsprozesse, Autoritätsausübung, Amtsverständnis, dabei immer die Frage: welche Rolle haben die Laien?“ Hier seien Unterschiede deutlich geworden: Während im Westen Europas diese Fragen große Wichtigkeit hätten, seien sie im Osten kein so dringendes Anliegen. Im Süden ebenfalls weniger als im deutschen und französischen Sprachraum. Im Norden sei die Kirche eine Diasporakirche, hauptsächlich von Migranten, dort seien ganz andere Probleme vorrangig. „Es wurde deutlich, dass die deutsche Kirche wegen ihres Reichtums hier ganz anders aufgestellt ist als die Kirche in allen anderen Ländern“, so Pelz.

Die beachtliche Anzahl von Frauen im Plenum habe deutlich gemacht, dass sich die Rolle der Frauen in der Kirche verändere. Im deutschen und französischen Sprachraum gehe es dabei eher um die Frage des Amtes. Pater Walter hob das Statement von Margaret Karram von der Focolar-Bewegung hervor, die darauf gedrängt habe nicht von der „Rolle“ der Frau, sondern von ihrer Gabe, ihrem Charisma für die Kirche zu reden. „Es war allen klar, hier ist Handlungsbedarf, aber auch Hilflosigkeit, wie es gehen könnte“, so Walter. Ernüchternd im Blick auf die Rolle der Jugend sei für ihn gewesen, dass über die Jugend geredet worden sei, aber keine Jugendvertreter eingeladen gewesen seien, was mehrfach kritisch angemerkt worden sei.

Pater Heinrich Walter, Mitglied im Säkularinstitut Schönstatt-Patres (Foto: Brehm)

Pater Heinrich Walter, Mitglied im Säkularinstitut Schönstatt-Patres (Foto: Brehm)

Mehrheitsdebatten versus Hören“ könne die Überschrift eines weiteren präsenten Themas sein, so der Schönstatt-Pater weiter. „Zu viel Soziologisches, zu wenig die Gottesfrage, so wurde es von Vertretern der östlichen Länder beschrieben.“ Kritik geübt wurde dabei an der zu starken Betonung des Parlamentarischen und der Mehrheitsdebatten im Westen. Im Osten gehe es viel stärker um den Glauben und die Erstursache, um Jesus Christus und die Sakramente. „Hier spielt das Hören eine große Rolle, wirklich aufeinander hören und weniger erfolgsorientierte Debatten.

Dass die Kirche nicht für sich selbst da sei, sondern dafür, um allen Menschen die Heilsbotschaft zu bringen, sei beim Thema Mission und Evangelisierung deutlich geworden, das einen breiten Raum eingenommen habe, wie Maria Pelz berichtete. „Wie kann die Kirche heute auf die Menschen zugehen und ihnen Christus bringen?“ Gerade im Blick auf die Evangelisierung von Kindern und Jugendlichen sei quer durch alle Länder ein Handlungsbedarf festgestellt worden.

Im Blick auf das Thema einer Kultur der Synodalität in der Kirche sei allen bewusst gewesen, erst am Anfang zu stehen, stellte Pater Walter fest: „Wir sind alle Anfänger in synodalem Handeln, im richtig Zuhören. Doch wie geht das?“ Die Teilnehmer in den Gruppen sollten z.B. im Rahmen des geistlichen Gespräches nur hören, was der Geist durch den Beitrag der anderen ihnen sagen wolle. Das sei nicht leicht gewesen und „leider wurde Maria als Muster des Zuhörens nicht eingeführt“. Maria Pelz ergänzte: „Nach wie vor sind wir uns kulturell ziemlich fremd, wir erkennen beachtliche Unterschiede der Situation und Mentalität.“ Es brauche sehr viel Dialog, vielleicht sogar Schritte der Befreundung zwischen den Ländern, „um das gegenseitige Verstehen zu fördern und einander würdigen zu können“. In diesem Zusammenhang stelle sich auch die Frage, welche Formen des Miteinanders, der Beratung und der Entscheidungsfindung zur Synodalität gehörten.

Im Blick auf die Frage der Liebe zur Kirche habe sich immer wieder die Frage gestellt: „Wie stehen wir innerlich zur Kirche?“, so Dr. Pelz weiter. Die Kirche habe Fehler, sei aber auch eine kostbare Gemeinschaft. Eher vom Osten aber auch von den Bewegungen sei die Erfahrung weitergegeben worden: „Man kann nur das ändern, was man innerlich angenommen hat. – Wenn ich das lebe, dann kann ich dem Heiligen Geist vertrauen und brauche keine Agenda, die bereits vor dem Treffen klar ist und die ich durchboxen will.

Für eine synodale Kirche (Foto: Brehm)

Für eine synodale Kirche (Foto: Brehm)

Impulse für die Schönstatt-Bewegung

In Prag sei deutlich geworden, dass Synodalität ein Zukunftsthema in der Kirche sei, hinter das es kein Zurück mehr gäbe. Dabei gehe es um Freiheit, um Mitverantwortung und Mitgestaltung, um ein prägendes Klima der Hochherzigkeit und um neue Formen der Entscheidungsfindung so Pater Walter. Hier gäbe es für Schönstatt viele Anknüpfungspunkte, denn „Schönstatt ist in einem synodalen Modus entstanden und hat sich auch organisatorisch synodal, föderativ ausgeformt.

Im inzwischen säkularisierten Europa gebe es eine Dynamik weg von einer Volkskirche, hin zu einer Entscheidungskirche. Maria Pelz blickte auf die Erfahrung der Bewegung im Bereich der Begleitung von Menschen zu einer persönlichen Entscheidung für Christus. „Das Kirchenbild von Pater Kentenich führt in die Zukunft: arm, geschwisterlich, demütig, geistbeseelt, dynamisch und missionarisch.

Wir leben Synodalität in schönstättischer Ausprägung“, so Pater Walter und „der synodale Modus unseres Handelns“ könne ein Beitrag für die künftige Kirche werden, jedoch sei auch zu betonen, dass Synodalität bei jedem selbst beginne und dann weitergehe in den Gemeinschaften und in der ganzen Bewegung. „Mutter Teresa hat auf die Frage eines Journalisten: ‚Was muss sich in der Kirche ändern?‘ geantwortet: Sie und ich!

Mitverantwortung

Wenn Schönstatt Mitverantwortung bei der Entwicklung hin zu einer synodalen Kirche übernehmen wolle, sei es wichtig, ehrlich zu diskutieren und auch sich selbst vom Zwang zu befreien, immer richtig liegen zu müssen. In der Bewegung gäbe es ein selbstverständliches Miteinander von Klerus und Laien. Zusammenzuarbeiten und miteinander Prozesse zu gestalten sei ein gewohnter Vorgang, so Maria Pelz. Trotzdem gelte es sich zu fragen: „Wo könnten wir da noch weiterwachsen? Was könnten wir in die eigenen Pfarreien und Lebenszusammenhänge einbringen? Wie können Entscheidungsprozesse noch partizipativer gestaltet werden?“ In der Bewegung gäbe es auch eine selbstverständliche Erfahrung des Miteinanders von Frau und Mann: „Wenn wir mit Familienthemen zu tun haben, spricht nicht ein Mann oder eine Frau, sondern ein Ehepaar gemeinsam. Diese partnerschaftliche Kompetenz sei in der Kirche noch nicht angekommen bzw. angefragt.

Schönstatt sei herausgefordert in das Soziologische und die Gottesfrage die Erfahrungen von Gottes Sprechen durch Zweitursachen einzubringen, denn „Erst- und Zweitursachen sind für uns nicht zwei getrennte Komplexe die im Gegeneinander sondern im Zueinander stehen.“ Das „Miteinander auf Gott hören“ sei in diesem Zusammenhang eine starke Aussage. „Unser Bild ist das Coenaculum“, so Pater Walter, „ein Miteinander, das dem Wirken des Geistes viel Raum geben möchte.

Als Mitglieder einer apostolischen Bewegung sei es das Bemühen von Schönstättern überall, wo sie lebten, sich für eine neue Evangelisierung einzusetzen. Für die Schaffung einer Kultur der Synodalität sei die Erzieher- und Erziehungsbewegung, als die sich Schönstatt verstehe, herausgefordert, die Methoden und Mittel für Wachstum und Reifung die sie kenne zur Verfügung zu stellen. „Auch hier ist die marianische Haltung bedeutsam,“ so Pater Walter. „Damit es eine Kultur wird, braucht es viel Geistpflege auf allen Ebenen. Für uns hat es viel mit Freiheit und Hochherzigkeit zu tun.“ Im Blick auf die Frage der Liebe zur Kirche habe Schönstatt das Beispiel seines Gründers, der sich einerseits der Kirche gefügt, andererseits seine Kritik an ihr freimütig vorgetragen habe. „Das ist synodal“, so Maria Pelz. „Er hat die Kirche geliebt und nicht sich selbst und seine eigenen Ideen, sondern die Gemeinschaft der Kirche zum Zentrum gemacht, und von da aus versucht, das, was ihm wichtig war, einzubringen.“ Schönstätter seien in diesem Sinne herausgefordert, in ihrer Umgebung, in ihren Pfarreien, in ihren beruflichen Umgebungen und Freundeskreisen, eine Haltung zu unterstützen, „die von Wohlwollen und Geduld der Kirche gegenüber geprägt ist“, so Maria Pelz abschließend.


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