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15. Januar 2023 | Worte des Bewegungsleiters | 

Miteinander glauben - Aneinander glauben - Füreinander glauben


Miteinander Gott hören (Motiv: Maria Kiess, Freising)

Miteinander Gott hören (Motiv: Maria Kiess, Freising)

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Mitglieder und Freunde der Schönstatt-Bewegung!

Unnormale Normalität

Rechts oben bei jedem Brief ändert sich die Jahreszahl. Jetzt steht da 2023. Die Zeit geht weiter, egal ob wir etwas tun oder ob wir uns mehr als Zuschauer erleben. Viele Entwicklungen der vergangenen Monate und schon Jahre gehen auch immer weiter. Ausnahme-Situationen, die doch nach kurzer Zeit überwunden sein sollten, gehen weiter. Manches, was ganz und gar nicht normal ist und sein sollte, bekommt allmählich etwas von Normalität. Die innere Unruhe aber bleibt. Gibt es Prognosen, die uns weiterhelfen? Gibt es realistische Ansätze für Hoffnung oder müssen wir uns einfach an Ungewissheit gewöhnen? Ich glaube nicht, dass es nur mir so geht, dass ich diese unnormale Normalität als ungut empfinde.



Wenn verschiedene Wege vor einem liegen, muss man zwei Fragen für sich beantworten: Zum einen muss man sich klar sein, wohin man eigentlich will, und zum andern geht es um die konkrete Entscheidung, welcher Weg an einer Weggabelung mich am besten zu meinem Ziel führt. In Zeiten des Übergangs kann beides zur Frage und zur Verunsicherung werden. Ich glaube, dass wir vor einem neuen Jahr stehen und mehr als sonst spüren, dass verschiedenste Unsicherheiten in uns wach werden. Das ist mehr als persönliche Befindlichkeit. Auch die gemeinsame Stimmung braucht Antworten. Wir alle brauchen Perspektiven, die in Gemeinsamkeit gefunden und gegangen werden.

Am Wegweiser (Foto: Greg Montani, Pixabay)

Am Wegweiser (Foto: Greg Montani, Pixabay)

Das Lied Nr. 457 im Gotteslob beschreibt so einen tastenden und zuversichtlichen gemeinsamen Glaubensweg: „Suchen und fragen, hoffen und sehn, miteinander glauben und sich verstehn … Klagende hören, Trauernde sehn, aneinander glauben und sich verstehn … Planen und bauen, Neuland begehn“. So beschreibt das Lied die Bandbreite konkreten Lebens. Und der Liedtext antwortet mit dem Vertrauen, dass aus einem solchen Miteinander-, Aneinander- und Füreinander-Glauben das Vertrauen in die Zusage Gottes wächst, die unser Leben trägt: „So spricht Gott sein Ja, so stirbt unser Nein“.

Miteinander glauben

Im Blick auf das Wirken Jesu werden viele ganz persönliche Begegnungsgeschichten erzählt, die Menschen ganz persönlich treffen und verändern. Wir sind daran gewöhnt, dass Glaube etwas ganz Persönliches ist. Da möchte man sich nichts aufdrängen lassen. Und doch brauchen wir für alles Erkennen und Verstehen und auch für unseren Glauben die Reaktion und die Rückmeldung der anderen. Mehr noch als unsere physische Entwicklung braucht unsere seelische und geistige Entwicklung die Sorge anderer um uns und die Bejahung und Klärung, die wir uns nicht selbst geben können.

Und auch in den Begegnungen mit Jesus geht es nicht nur um Einzelne. Verschiedene Gruppen führt Jesus zusammen und sie reagieren auf ihn: Seine Jünger, die Apostel, die Schriftgelehrten, das ganze Volk. Zustimmung und Ablehnung wechseln. Immer wieder geht es darum, ob der Blick auf Jesus durchsichtig wird auf Gott hin.

Die Weihnachtszeit zieht sich hin über den Jahreswechsel. Im Januar sind die Feste der Heiligen Drei Könige und der Taufe des Herrn und der Sonntag danach mit dem Evangelium von der Hochzeit zu Kana wie eine Abrundung des Weihnachtsereignisses. Immer geht es dabei um Epiphanie. Dieses Wort bedeutet Erscheinung. So heißt auch das Fest der Heiligen Drei Könige im kirchlichen Kalender Erscheinung des Herrn. Die Begegnungen mit Jesus werden zur Erscheinung, weil Jesus als der erkannt wird, der er wirklich ist. In dem Kind in der Krippe, bei der Taufe Jesu im Jordan und nach dem Wunder Jesu bei der Hochzeit zu Kana geht es immer um den Aspekt, dass in dem Menschen Jesus Gott erkannt und geglaubt wird. Das Wunder zu Kana endet mit dem Satz: „So tat Jesus sein erstes Zeichen, in Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit und seine Jünger glaubten an ihn“ (Joh 2,11). Die Menschen in diesen verschiedenen Begegnungen mit Jesus erleben etwas, was sie verändert. In ihrem Leben hat die Zeit vorher und die Zeit nachher eine andere Qualität. Die Drei Könige oder Wissenschaftler, die neugierig kommen, werden in der Begegnung zu Gläubigen, die dieses Kind beschützen. Johannes der Täufer wird zum Zeugen für Jesus und weist seine Anhänger auf Jesus hin, die Jünger werden in Kana vorbereitet für die eigentliche Stunde im Leben Jesu, die den Tod der Menschen in das Tor zum ewigen Leben verwandelt.

Aneinander glauben

Gemeinschaft und Miteinander bedeutet immer auch ein Lernen, wie wir zueinander stehen. „Miteinander Gott hören“ kann sich nur entwickeln, wenn wir einander zutrauen, dass jeder dazu seinen Beitrag geben kann. Ehepaare werden – ob sie wollen oder nicht – zu Experten dafür, wie sehr das Aneinander-Glauben die Qualität des Miteinanders bestimmt. Wie leicht wird Vertrauen gestört und kommen Irritationen in das Miteinander hinein. Nicht nur Paare brauchen eine Kultur des Bereinigens, des Verzeihens und des Neuanfangs. Auch Gruppen, geistliche Gemeinschaften und Bewegungen und auch Kirchen und Völker brauchen Prozesse von Versöhnung und Aufeinander-Zugehen. Die Zerstörungen des Krieges sind schrecklich. Wir tiefgreifend dabei Vertrauen auf Zukunft hin bereits zerstört wurde, will man sich gar nicht deutlich ausmalen.

Füreinander glauben

Projekte machen Freude, wenn sich Beiträge addieren. „Viele Hände machen schnell ein Ende“, sagt ein Sprichwort. Noch heute erinnere ich mich an eine Situation aus meiner Studienzeit, wo ich eine Gruppe bei einer Romführung übernehmen sollte. Ich fühlte mich richtig schlecht, weil ich einfach nicht genug Ahnung hatte. Dann habe ich einen meiner Mitbrüder gebeten, das zu übernehmen und er hat Ja gesagt. Die Dankbarkeit für diesen Moment der Hilfe habe ich immer noch in mir.

Wenn ich auf die Erfahrungen mit dem Liebesbündnis schaue, fällt es mir leicht, die drei Aspekte des Miteinander-, Aneinander- und Füreinander-Glaubens bei der Gottesmutter wahrzunehmen. Aus dem Miteinander des Liebesbündnisses ist Schönstatt entstanden. Das gilt für alle Gemeinschaften und für die Bewegung als Ganzes. Das ist ein ganz praktisches und persönliches Miteinander, und es ist ein geistliches Miteinander, das in den alltäglichen Beiträgen geschieht, die das Liebesbündnis ausmachen.

Ich wünsche Ihnen allen frohes Vertrauen in unser gemeinsames Liebesbündnis und reichen Segen im neuen Jahr.

P. Ludwig Güthlein
Schönstatt-Bewegung Deutschland


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