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1. November 2022 | Worte des Bewegungsleiters | 

Was kann ein neues Jahresmotto bewirken?


Miteinander Gott hören (Motiv: Maria Kiess, Freising)

Miteinander Gott hören (Motiv: Maria Kiess, Freising)

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Mitglieder und Freunde der Schönstatt-Bewegung!

„Miteinander Gott hören“ ist unser neues Jahresmotto. Es geht um geistliche Wachheit, um Bereitschaft, um Vertrauen, dass wir in allen Herausforderungen mit Gott rechnen, es geht um Begegnung und Austausch … Ich glaube, wir alle könnten ohne viel Anstrengungen Gedanken zusammentragen, die sich aus dem Jahresmotto ergeben. Und wir alle haben Erfahrungen damit, dass Gedankenfülle leichter ist als Veränderungen im wirklichen Leben. Wird auf dem Weg zum nächsten 18. Oktober 2023 etwas entstehen, was durch unser Motto ausgelöst wird?

Während meines Studiums haben wir bei einer Gruppenstunde einmal als Leitsatz für das neue Semester ein Wort aus der Heiligen Schrift gewählt: „Ich will dir nachfolgen, wohin du auch gehst“ (Lk 9,57). Und noch heute, wenn ich an dieses Wort denke und an die gemeinsame Freude, die das Motto damals bedeutet hat, merke ich, wie in mir Kraft wach wird. Es ist eine Kraft, die etwas zu tun hat mit dem Wort aus der Gründungsurkunde Schönstatts und dem Versprechen der Gottesmutter, dass sie die „jugendlichen Herzen an sich ziehen wird“.

Miteinander Gott Hören – eine Unterbrechung

Ganz unterschiedliche Blockaden können zum Stillstand führen. Misserfolge und Ratlosigkeit lähmen. Die Erfahrung, dass man alleine steht, keine Verbündeten hat und von niemand verstanden wird, raubt einem die letzten Kräfte. Und schuld daran sind ja die anderen, die schwierigen Zeiten und die Macht des medialen Mainstreams und überhaupt alle, die nicht meiner Meinung sind. Vielleicht fällt es Ihnen nicht schwer, diese Liste von Widerständen zu verlängern.

Krisenhafte Erfahrungen und Zukunftshoffnungen sind die Antriebskräfte für Reformen und für Revolutionen. Austausch und Meinungsverschiedenheiten können zu besseren Klärungen und zu ausgleichenden Kompromissen führen. Manchmal steigert sich aber nur die Polarisierung und man landet in einer Sackgasse. In der Schlusserklärung zur letzten Vollversammlung der Bischofskonferenz im Anschluss an die Turbulenzen beim Synodalen Weg ist davon etwas deutlich geworden. Was macht man, wenn alle Argumente ausgetauscht sind und die Bewertungen unterschiedlich bleiben?

Die Diskussionen brauchen eine Unterbrechung und einen neuen Ansatz. Das biblische Bild der Geschichte lebt nicht von der Verheißung einer immer besseren Welt, die von den Menschen mit etwas göttlicher Unterstützung hergestellt wird. Auch die Kirche wird nicht durch Reformen von einer sündigen zu einer sündenlosen Kirche werden. Die Überzeugung der Evangelien ist es, dass in Jesus Christus das Heil und die Erlösung geschehen ist und gegenwärtig bleibt. Wir Menschen sind nicht mehr auf der nicht endenden Wüstenwanderung zwischen Ägypten und dem gelobten Land. Das gelobte Land ist gewissermaßen in uns. Unser Lebensweg und die Geschichte der Menschen als Ganze ist daher das immer neue Bemühen, aus der Wirklichkeit der Erlösung zu leben. Aus dieser „Ergriffenheit“ „ergreifen“ und gestalten wir die notwendigen Veränderungen. So formulierte es Prof. Mariano Barbato, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Passau und am Centrum für Religion und Moderne der WWU Münster, beim Oktobertreffen. Das Beispiel, das Jesus uns gegeben hat, ist dabei Maßstab und Kraftquelle zugleich. Unser Jahresmotto ist ein Innehalten und die immer neue Bereitschaft, die Quelle der Veränderung in den Blick zu nehmen.

Miteinander Gott hören – ein immer neues Ja zum Leben aus unserer Berufung

Auch wenn wir sehr geistlich und wachsam auf die Stimme Gottes in der Zeit und in den Herzen der Menschen hören, fehlt noch die Antwort. Unser Jahresmotto will mehr. Der Heilsplan Gottes in der Zeit, die Menschwerdung seines Sohnes sollte nicht am Menschen vorbei geschehen. Gott brauchte oder wollte das Ja-Wort Marias brauchen. Auch unser Hören soll zur Antwort werden. Auch heute will Gott unser menschliches Ja-Wort brauchen, auch wenn wir uns oft sehr begrenzt erleben.

Schwester Dr. M. Elizabet Parodi hat beim Oktobertreffen sehr anschaulich dargelegt, wie sich das Charisma Schönstatts auf vielfältige Weise realisiert. Es geht Schönstatt darum, dem Menschen in den Veränderungen der Zeit Räume anzubieten, in denen menschlich-geistliche, natürlich-übernatürliche Erfahrungen und Verankerungen gemacht werden können. In einem Brief an Pater Kentenich beschreibt Josef Engling einmal auf ganz einfache Weise die Kernerfahrungen der schönstättischen Spiritualität. Er erzählt Pater Kentenich in einem Brief von einem sehr tiefen geistlichen Erlebnis. Mitten im Granatfeuer, so schreibt er, fühlte ich mich der Gottesmutter „so nah wie noch nie in meinem Leben“. „Ich hatte überhaupt keine Angst mehr ... Ich fühlte mich ganz bei ihr im Heiligtum.“ Und dann kommt der Satz, der den ganzen Bindungsorganismus beschreibt, der seine geistliche Heimat und Sicherheit ausmacht: „Eine große Sehnsucht nach ihr (der Gottesmutter), nach ihrem Heiligtum, nach Ihnen (P. Kentenich) und den lieben Mitsodalen (die Gruppe der Schönstätter) überkommt mich öfter.“

Gott hören im Licht unseres Charismas hat eine große Vielfalt von Verwirklichungen und doch gleichzeitig in unserem Liebesbündnis eine ganz einfache gemeinsame Mitte.

Befähige uns zum Miteinander und Füreinander ... (Foto: Alexander Waturandang, pixabay)

Befähige uns zum Miteinander und Füreinander ... (Foto: Alexander Waturandang, pixabay)

Miteinander Gott hören – eine aktive Bündniskultur

Ob das Bild von den Kindern, die einen Lastwagen ziehen, echt ist? Auf jeden Fall packen sie miteinander an und sind ganz bei der Sache. Zusammen mit dem Jahresmotto gibt es im kommenden Jahr auch ein Jahresgebet (S. 12). Ich habe die Hoffnung, dass dieses Gebet seinen Weg findet hinein in alle Besprechungen und Planungen des kommenden Jahres. Es ist ein Gebet, das im Blick auf die Gottesmutter alle Schritte benennt: das miteinander Hören, das miteinander Entscheiden und das miteinander Handeln.

Wenn ich mir vorstelle, dass bei den Sitzungen des Landespräsidiums, bei den Besprechungen der Familienbewegung, bei Vorbereitungen von Mutter-Kind-Freizeiten, bei einer Gruppenstunde der Patres, in den Leitungsteams der Sommerzeltlager und Ferienfreizeiten und bei der Vorstandssitzung des JKI und in den Redaktionsteams unserer Zeitschriften dieses Gebet gebetet wird und man sich um alle drei Schritte bemüht, dann wird bei mir etwas wach. Und ich weiß, dass auch das persönliche Mitbeten dieses Jahresgebetes in den Hausheiligtümern ein großer und wichtiger Teil dieses Miteinanders ist, das unser Jahresmotto fruchtbar werden lässt. Ich spüre, welche Kraft in einem solchen Miteinander steckt. Miteinander ist der Knackpunkt unseres neuen Jahresmottos. Es ist Herausforderung und Geschenk. Auch damals während meiner Studienzeit mit dem Motto „Ich will dir folgen, wohin du auch gehst“ (Lk 9,57) war es nicht nur das Motto, das mich angesprochen und motiviert hat. Es war die Freude zu merken, dass das Motto in uns allen ganz persönlich und gemeinsam etwas angerührt hat. Und in einem solchen Miteinander spürt man schon das Füreinander.

Ein solches „Miteinander und Füreinander“, das ist mein Wunsch für Sie und für uns alle.

P. Ludwig Güthlein
Schönstatt-Bewegung Deutschland


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