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1. Juli 2022 | Worte des Bewegungsleiters | 

Miteinander Gott hören


Miteinander Gott hören (Motiv: Maria Kiess, Freising)

Miteinander Gott hören (Motiv: Maria Kiess, Freising)

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Mitglieder und Freunde der Schönstatt-Bewegung!

Bei der Delegiertentagung im März stand am Ende als zentrale Ausrichtung für die kommende Zeit das Wort „miteinander Gott hören“ auf unserer Wandtafel. Machen wir dabei wirklich einen Schritt, der darüber hinausgeht über das, was wir sowieso wollen und tun? Das war eine Frage, die uns sehr beschäftigt hat. Und wir haben gemerkt, dass aus einer persönlichen Offenheit und Bereitschaft, im Alltag nach dem Willen Gottes zu fragen und ihm zu antworten, nicht automatisch auch ein gemeinsamer Vorgang wird. Von dem Wort „miteinander“ wollen wir uns in der kommenden Zeit herausfordern lassen. Ein Miteinander der verschiedenen Gemeinschaften und Zweige unserer Bewegung und ein Miteinander der Generationen sehen wir als die Richtung unseres Weiterwachsens.

Internationaler Pfingstkongress in Schönstatt

Vom 8. bis zum 12. Juni fand in Schönstatt der zweite große Pfingstkongress statt mit 145 Vertreterinnen und Vertretern aus 30 Ländern.

Der Kongress hat seine Überlegungen in einem Brief an die internationale Schönstattfamilie zusammengefasst: „Inspiriert durch das Pfingstfest haben wir uns ‚versammelt mit Maria‘ (Apg 1,14), um in dieser herausfordernden Stunde der Geschichte den Heiligen Geist zu erflehen. Nach den Anschuldigungen gegen Pater Kentenich und nachdem wir diesen Kongress wegen der Pandemie zweimal verschoben hatten, kamen wir zusammen – voller Dankbarkeit für das Leben, das Gott in uns immer wieder neu erweckt.“

Trotz der großen Vielfalt an Ländern und Kulturen wurde der Kongress zu einer deutlichen Erfahrung eines Miteinander-auf dem Weg-Seins. So konnte der Kongress in seinem zusammenfassenden Brief an die internationale Schönstattfamilie auch sagen, dass wir auf die Fragen, die Schönstatt, die Welt und die Kirche bewegen, zugehen „auf lernende, offene und synodale Weise“. Den gesamten Brief in deutscher Übersetzung finden Sie auf www.schoenstatt.de.

"Ankunft am neuen Zeitenufer" - Bild: Maria Elina, Argentinien (Foto: PressOffice Schönstatt, Brehm)

"Ankunft am neuen Zeitenufer" - Bild: Maria Elina, Argentinien (Foto: PressOffice Schönstatt, Brehm)

Im Blick auf Schönstatt ist während des Kongresses ein Bild entstanden, das den inneren Geist der Überlegungen zum Ausdruck bringt. Wir alle kennen das Bild, auf dem unser Gründer am Rande des Michigan-Sees steht und über das Wasser blickt. Und weil er oft von der „Kirche am neuen Zeitenufer“ und von den Veränderungsprozessen gesprochen hat, in denen sich Welt und Kirche befinden, haben wir dieses Bild oft gedeutet als einen Blick über das Wasser in die Zukunft hin zu diesem neuen Ufer. Im Kongress kam der Gedanke auf, dass alles das, was heute und jetzt die Menschen bewegt, schon zu dem neuen Zeitenufer gehört. Unser Schiff ist nicht nur unterwegs auf dem Wasser und durch manche Stürme hindurch, sondern wir sind am neuen Ufer angekommen.

Jetzt geht es darum, in das neue Land hineinzugehen. Das Liebesbündnis als Wurzel unserer Spiritualität muss sich in dem neuen Land, in den aktuellen Herausforderungen bewähren und seine Fruchtbarkeit erweisen.

Ausschnitt aus dem Bild von  Maria Elina, Argentinien (Foto: PressOffice Schönstatt, Brehm)

Ausschnitt aus dem Bild von Maria Elina, Argentinien (Foto: PressOffice Schönstatt, Brehm)

Oft war beim Kongress die Rede vom Charisma, das von uns noch besser verstanden und gelebt werden muss. Es geht um einen pastoralen und pädagogischen Ansatz, der den Kern der Person berührt. Die Herausforderung für Kirche und Gesellschaft hat unser Gründer als Frage formuliert: „Wie lernt der heutige Mensch, dessen Seelenleben so furchtbar zerfasert ist, Gott und Mitmensch wieder richtig lieben?“ und: „Wie bringen wir ihn, in dem alle seelischen Bindungen, alle inneren Bänder zerrissen oder gefährdet sind, wieder in einen gesunden Bindungsorganismus hinein?“ Pater Kentenich selbst hat versucht, jene Räume zu schaffen – seine eigene Person ist einer davon –, die eine neue Form des Ineinanders von Natürlichem und Übernatürlichem erfahrbar machen. Und das ist heute der Auftrag für Schönstatt. In allen Aspekten der Spiritualität und des Lebens wollen wir Räume anbieten und auch als Ganzes ein solcher Raum sein, der auf vielfältige Weise wertschätzende, menschlich-geistliche Erfahrungen und Bindungen anbietet.

Auf dem Bild mit den verschiedenen Personen, die ins neue Land hineinziehen, gibt es ein schönes Detail, das man beim ersten Darüberschauen vielleicht übersieht: Alle haben etwas vom Charisma, vom Feuer des Heiligen Geistes bekommen. So beschreibt es auch die Apostelgeschichte: „Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder (Apg 2,3).“

Wenn man das Bild genau anschaut, sieht man, dass einige die kleine Flamme über ihrem Kopf haben, andere haben sie im Herzen und wieder andere tragen sie in den Händen. Das Fruchtbarwerden des Charismas braucht alle Dimensionen. Es braucht das Verstehen unter den Bedingungen der heutigen Fragen und Herausforderungen, es braucht Herzen, die davon ergriffen sind, und es braucht eine zupackende Verwirklichung in Projekten und Initiativen.

„miteinander Gott hören“

Das Miteinander, das im internationalen Kongress sichtbar geworden ist und das unser Jahresmotto benennt, ist ein menschlich-geistliches Miteinander. Auf dem Bild, das Frau Maria Kiess für unser Jahresmotto gemalt hat, treffen sich die Menschen um das Heiligtum der Gottesmutter. Im Hintergrund sind Häuser einer Stadt zu sehen und die gelb-orange Farbe taucht die Situation in die Farben des pfingstlichen Feuers. Der Wille zum Miteinander steht dabei am Anfang und ermöglicht Begegnungen. Im Blick auf die vielfältigen Fragen ist das Miteinander jedoch auch eine Aufgabe und ein Ziel. Unterschiedliche Betonungen und Erwartungen aneinander werden auch zu Stolpersteinen und Erprobungen für das Miteinander. Wir wissen, wie angespannt die kirchlichen Meinungsverschiedenheiten diskutiert werden oder sich auch verhärten. Eine marianische Kirche und ein marianisches Schönstatt bleiben in einem hörenden Miteinander, das die Anregungen des Heiligen Geistes ‚im Herzen bewegt‘.

In unseren ganz persönlichen Fragen und in allen Fragen, die uns gemeinsam bewegen, wünsche ich uns dieses Hören

P. Ludwig Güthlein
Schönstatt-Bewegung Deutschland


Leitartikel aus dem Bündnisbrief der Schönstatt-Bewegung Deutschland
Redaktionsschluss: 15. Juni 2022




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