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14. April 2022 | Worte des Bewegungsleiters | 

Ostern – Seiner Liebe vertrauen


Ich bin Weg, Wahrheit und Leben. Joh 14,6 (Foto: Didgeman pixabay.com)

Ich bin Weg, Wahrheit und Leben. Joh 14,6 (Foto: Didgeman pixabay.com)

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Mitglieder und Freunde der Schönstatt-Bewegung!

Es geht in diesem Leitartikel um das bevorstehende Osterfest und um den Bündnistag am 18. April, der auf den Ostermontag fällt. Während ich diese Überlegungen schreibe, fällt es mir schwer, österliche Zuversicht in mir und in der Weltlage wahrzunehmen. Wir stehen in der dritten Woche des Krieges in der Ukraine. Der Einmarsch der russischen Armee bringt jeden Tag immer noch mehr Verwüstung und Zerstörung. Millionen sind auf der Flucht und die Zahlen der Todesopfer und Verletzten und das Leid von Frauen, Männern und Kindern steigen immer weiter.

„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“  (Mt 27,46) – Zweifel oder Vertrauen

Was wird in fünf Wochen sein? Werden wir Ostern auch äußerlich etwas erleben dürfen? Gehen wir auf weitere Eskalationen zu oder wird es Hoffnung auf ein Ende der Kriegshandlungen geben? Vielleicht bin ich wegen solcher Fragen, die mich beschäftigen, an dem Satz aus dem Matthäus-Evangelium hängen geblieben: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mt 27,46). Es ist der Aufschrei Jesu in seiner Todesstunde, wie ihn das Matthäus-Evangelium auf Griechisch und ausdrücklich auch auf Aramäisch (die Sprache, die Jesus gesprochen hat) überliefert. Man spürt in dem Satz, wie tief die Not geht: Nicht nur die Menschen und das, was normalerweise Kraft und Halt gibt, haben ihn verlassen. Das tiefste Fundament ist ihm genommen. Gott hat ihn verlassen. Diese Aussage des Satzes ist sehr klar. Wer den Psalm 22 kennt, weiß, dass es nicht ganz so ist. Jesus beginnt mit diesem Satz ein Gebet. Die Klage, mit der der Psalm 22 beginnt, wird in den weiteren Sätzen dieses Psalms mit jedem weiteren Satz noch deutlicher ausgesprochen (GL 36). Allmählich verändert sich in dem Psalm die Blickrichtung: „Dir haben unsere Väter vertraut, sie haben vertraut und du hast sie gerettet“ (Ps 22,5). Mitten in der Not denkt er jetzt an die Treue Gottes in der Geschichte des Bundes mit seinem Volk. Auch mitten in der Not schöpft er Vertrauen aus der gemeinsamen Gotteserfahrung. Und noch erstaunlicher ist das Ende von Psalm 22. Die Hoffnung, die der Psalm ausdrückt und zum Gebet macht, geht über den eigenen Tod hinaus: „Wer sein Leben nicht bewahrt hat, Nachkommen werden ihm dienen. Vom Herrn wird man dem Geschlecht erzählen, das kommen wird. Seine Heilstat verkündet man einem Volk, das noch geboren wird: Ja, er hat es vollbracht“ (Ps 22,30 ff.). Selbst im Sterben, das ja menschlich gesprochen alles Bemühen und Hoffen endgültig zu einem Ende bringt, selbst im Sterben liegt noch die Verheißung von Fruchtbarkeit.

Dass Jesus bei seinem Sterben diesen besonderen Psalm anfängt zu beten, ist in diesem Jahr eine besondere Osterbotschaft. Zum Osterfest gehört der Durchgang durch das Sterben, die Verlassenheit und die Gotteserfahrung des neuen, österlichen und göttlichen Lebens. Diesen Durchgang übt der Psalm 22 ein. Bei einem Besuch in Taizé während meines Studiums habe ich erlebt, dass dort jede Woche, d. h. jedes Wochenende die Tage Freitag bis Sonntag als so ein Durchgangsweg gestaltet werden. Das ist ein immer neues Einüben, was in den großen kirchlichen Feiern von Karfreitag bis Ostersonntag jedes Jahr von der ganzen Kirche weltweit gefeiert wird.

Kein Stein bleibt auf dem anderen

Wenn ich die großen Erschütterungen der vergangenen Jahre aufzähle, merke ich, dass jede einzelne Herausforderung auf ihre ganz eigene Weise unter die Haut geht und die inneren Sicherheiten ins Wackeln bringt. Die Aufarbeitungen zu Missbrauchserfahrungen in der Kirche bohren sich immer tiefer in die Seele. Die Pandemie bringt uns in ein Schwanken zwischen „es geht schon irgendwie“ und „wann ist es denn wirklich so weit überwunden, dass man wieder normal leben kann“. Die Vorwürfe gegen unseren Gründer Pater Kentenich wecken Verunsicherung, inwieweit ich meinen bisherigen Erfahrungen im Blick auf seine Person und sein Werk vertrauen kann. Der Krieg in Europa macht fassungslos, und wir wissen nicht, wie wir die Sorge vor einer globalen Eskalation abwägen können.

Eine solche Zusammenballung von Erschütterungen in der eigenen Zukunftszuversicht habe ich in meinem Leben noch nicht erlebt und ich habe mir das bis jetzt auch nicht vorstellen können. Und so ähnlich geht es auch meinen älteren Mitbrüdern, die noch ein paar Jahrzehnte mehr an Lebenserfahrung überblicken.

Ostern erleben im Mitgehen mit Jesus

Wo liegt der Ansatzpunkt, um in diesem Jahr Ostern zu feiern? Ich denke, je radikaler die Erschütterungen sind, umso unmittelbarer und radikaler geht es um die Verankerung, die Jesus getragen und gehalten hat. Ja, er selbst ist „Weg, Wahrheit und Leben“, wie es das Bild mit dem mächtigen Apsis-Mosaik zeigt.

Sein Weg ist nicht zu begreifen ohne die Innenseite seines Vertrauens in den Vater im Himmel. Sein Beten, sein Sprechen mit dem Vater, machen es deutlich. Sein Gebet am Kreuz, der Anfang von Psalm 22, ist nur ein Beispiel. Es ist für ihn ganz alltäglich. Oft wird in der Heiligen Schrift erwähnt, dass er in einer ganz konkreten Situation zuerst zu seinem Vater im Himmel betet, bevor er dann handelt.

Die Verankerung, die Jesus selbst durchgetragen hat, war schließlich ein Todessprung hinein in den Willen seines Vaters. Vom Ringen und von der Angst am Ölberg aus geht er seinen Weg. Er geht ihn aus Liebe zu den Menschen. Er geht ihn im Wissen um die Schmerzen und im Wissen um sein Scheitern in den Augen der Menschen. Im Lukas-Evangelium ist sein letztes Wort am Kreuz: „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist.“

Mitgehen mit Jesus in allen Etappen seines Weges ist der Ansatzpunkt. Seinen Weg mitgehen in allem, was unsere Situation ausmacht. Ein Lied über die Gottesmutter (Christi Mutter stand mit Schmerzen, GL 532) holt dieses Mitgehen in einer besonderen Bitte tief hinein in unser Innerstes: „Drücke deines Sohnes Wunden, wie du selber sie empfunden, heilge Mutter, in mein Herz“.

Während der Zeit der Gefangenschaft im Konzentrationslager Dachau und auch in anderen bedrohlichen Situationen hat Pater Kentenich immer wieder eingeladen, nicht zuerst mit der Frage umzugehen, ob man aus dieser Zeit lebend herauskommt. Mehr sollte uns die Frage beschäftigen, wie wir aus dieser Zeit herauskommen. Wichtiger ist die Frage: Zu welchen Menschen werden wir angesichts der Verhältnisse und der Herausforderungen? Und: Wie wachsen wir tiefer hinein in den Willen des himmlischen Vaters?

Noch sind wir in diesem Jahr den Weg hin zum Osterfest nicht gegangen. Wie sich die äußeren Verhältnisse entwickeln werden, wissen wir nicht. Aber wir kennen den Ansatzpunkt, damit der innere Weg ein Wachstumsweg wird. Je mehr wir den Weg Jesu mitgehen, umso mehr wird unser Weg auch ein Weg hin zu einer tiefen österlichen Freiheit und österlichen Freude werden.

Beten und hoffen wir, dass durch die Gebete so vieler Menschen aus so vielen Konfessionen, die in dieser Zeit um Frieden bitten, Gott die Herzen bewegt, dass sich Türen zum Frieden öffnen.

Ich wünsche Ihnen allen einen reich gesegneten Weg hin zum Osterfest.

P. Ludwig Güthlein
Schönstatt-Bewegung Deutschland


Leitartikel aus dem Bündnisbrief der Schönstatt-Bewegung Deutschland
Redaktionsschluss: 17. März 2022

Jahresbitte 2021/2022 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Foto: pixabay)

Jahresbitte 2021/2022 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Foto: pixabay)


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