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19. Dezember 2021 | Deutschland | 

Historiker, Netzwerker, Inspirator - Requiem für Joachim Schmiedl


Requiem für Pater Dr. Joachim Franz Schmiedl (Foto: Videoausschnitt)

Requiem für Pater Dr. Joachim Franz Schmiedl (Foto: Videoausschnitt)

C&HBre. Als weltweit vernetzenden, unermüdlich und unaufdringlich arbeitenden „Motor“ eines internationalen Forschungsverbundes zum Zweiten Vatikanischen Konzil, als ein den Blick weitenden Inspirator, als ein Historiker von Rang, dem es stets um eine vorurteilslose Auseinandersetzung mit der ganzen Wahrheit gegangen und dessen Fluchtpunkt seiner geschichtlichen Forschungen immer das Heute und das Morgen gewesen sei, stand Pater Dr. Joachim Schmiedl in den Nachrufen seiner Kollegen und Wegbegleiter aus der Wissenschaft am Ende des Requiems am 18. Dezember 2021 den Mitfeiernden in der Pilgerkirche Schönstatt vor Augen.

Pater Theo Breitinger, Provinzial der Sion-Provinz der Schönstatt-Patres (Foto: Videoausschnitt)

Pater Theo Breitinger, Provinzial der Sion-Provinz der Schönstatt-Patres (Foto: Videoausschnitt)

Coronabedingt limitiert konnte Pater Theo Breitinger, Provinzial der Sion-Provinz der Schönstatt-Patres, etwa 200 Personen, Familienangehörige, Mitglieder seiner Patres-Gemeinschaft und aus den Schönstatt-Gemeinschaften, Kolleginnen und Kollegen Pater Schmiedls aus dessen wissenschaftlichem Tätigkeitsfeld sowie Freunde und Wegbegleiter des Verstorbenen beim Requiem in der Pilgerkirche begrüßen. Dass der aus Nürnberg stammende Schönstatt-Pater, so ganz überraschend am 10. Dezember 2021 im Alter von knapp 63 Jahren aus dem Leben gerissen worden sei, könne gerade auch jetzt in der Adventszeit die Botschaft Gottes enthalten, „wachsam zu sein, denn niemand kennt die Stunde, in der der Herr kommt und uns zu sich ruft“.

Es tut weh, du fehlst!“, so formulierte es Pater Heinrich Walter, Mitglied der internationalen Leitung der Gemeinschaft der Schönstatt-Patres in einem geistlichen Wort während des Requiems und lenkte einen dreifachen Blick auf seinen verstorbenen Mitbruder: auf den Menschen, den Historiker und den verbindlichen Netzwerker.

Predigt: Pater Heinrich Walter, Mitglied der internationalen Leitung der Schönstatt-Patres (Foto: Brehm)

Predigt: Pater Heinrich Walter, Mitglied der internationalen Leitung der Schönstatt-Patres (Foto: Brehm)

Der Mensch Joachim Schmiedl

Joachim Schmiedl sei immer präsent gewesen, vielfältig interessiert, wach, offen und in unterschiedlichsten Kreisen sehr viele Beziehungen pflegend. Obwohl vielbeschäftigter Wissenschaftler, sei er trotzdem bei möglichst vielen Veranstaltungen persönlich dabei gewesen. Als geselliger Mensch habe er auch völlig zweckfrei Zeit verbringen können, z. B. Sonntagnachmittags beim Kaffeetrinken mit seinen Mitbrüdern des Vaterhauses auf Berg Sion. Er sei auch ein geistlicher Mensch gewesen: „Man sah ihn in aller Frühe beim Breviergebet auf dem Flur auf und ab gehen, oder am Abend mit dem Rosenkranz“, so Pater Walter. Bei allem habe er aber auch gerne weltliche Interessen gepflegt: gutes Essen zum Beispiel oder die treue Verbundenheit mit „dem Club“, dem Nürnberger Fußball Verein.

Der Historiker: mit der Hand am Puls der Zeit

Es sei unfassbar, was Pater Joachim alles gelesen und auch geschrieben habe, so der Prediger. Ausgezeichnet mit einer gesunden Neugier, einem riesigen Wissensdurst und mit der historischen Brille an allen Nuancen interessiert, sei er immer sehr gut informiert gewesen über das aktuelle Tagesgeschehen, wirklich mit der Hand am Puls der Zeit. Pater Walter weiter: „Ich habe ihn erlebt wie eine lebendige Zelle im Organismus der Zeit, also so, wie man an den Jahresringen am Baumstumpf das Klima der Jahre ablesen kann.“ Als Schönstatt Bewegung verdanke man ihm viele Beiträge zur Verortung der Gründung in der Geschichte der Kirche des 20. Jahrhunderts. Auch in der aktuellen Herausforderung der Aufarbeitung der Gründungsgeschichte sei gerade er ein verlässlicher Forscher gewesen, der Sicherheit und Orientierung im Umgang mit den Fakten gegeben habe.

Segnung des Sarges (Foto: Brehm)

Segnung des Sarges (Foto: Brehm)

Der Netzwerker

Pater Schmiedl sei ein Netzwerker gewesen, mit einem weiten Horizont, kontaktfreudig, mit hohem Interesse an Personen. Mitarbeiter hätten an ihm seine absolute Verlässlichkeit und eine verbindliche Sachlichkeit geschätzt, die sich nicht auf ideologische Lagerkämpfe einließ. „Sein geistiger Horizont war offen, war weit. Hier ist sicher auch einer der Anknüpfungspunkte für sein Interesse an der Synodalität, sowohl in der Forschung wie in der aktuellen Beteiligung am synodalen Weg“, so Pater Walter.

Durchgeschüttelt und suchend unterwegs

Wie die Jünger im Evangelium vom Sturm auf dem Meer sei die Gemeinschaft der Patres, sei die Schönstatt-Bewegung durch den Tod von Pater Schmiedl, in den Verunsicherungen durch die Pandemie, in den Prozessen um die Schritte auf dem Weg der Kirche in dieser Epoche und in den Fragen um die Gründungsgeschichte Schönstatts und deren Aufarbeitung „geschüttelt“ und „wir können uns gut einfühlen in den Ruf der Jünger: Meister, wir gehen zugrunde!“ Jesus schaue wie damals in die suchenden Gesichter der Jünger „auch in unsere suchenden Gesichter und fragt: Wo ist euer Glaube?

Hier gelte es auf die tröstenden Worte der Lesung aus dem Buch Jeremia zu hören, wo zu vernehmen gewesen sei: „Ich werde euch hören, wenn ihr sucht, wenn ihr fragt, wenn ihr betet. Ihr werdet mich finden, ja, ich lasse mich finden.“ Trauern und Suchen der Menschen treffe auf die offenen Arme, auf das offene Herz des Herrn. Diese Worte von Jeremia könnten Zuversicht schenken, dass das Suchen, die Betroffenheit und Trauer über den Verlust eines wunderbaren Menschen, der fehle, zu einer Begegnung führe, in der die Trauer angenommen und in Vertrauen gewandelt würde.

Eucharistiefeier (Foto: Brehm)

Eucharistiefeier (Foto: Brehm)

Prof. Dr. Dr. h.c. Margit Eckholt, Osnabrück (Foto: Videoausschnitt)

Prof. Dr. Dr. h.c. Margit Eckholt, Osnabrück (Foto: Videoausschnitt)

Unermüdlicher Inspirator

In ihrem Nachruf am Ende des Requiems zeigte sich Frau Professorin Dr. Margit Eckholt vom interkontinentalen, internationalen Projekt „Vatican II – Legacy and Mandate: Intercontinental Commentary of the Council’s Documents, their Reception and their Orientation for Church and Theology” im Auftrag des Leitungsteams und der 130 Kolleginnen und Kollegen, die auf allen fünf Kontinenten zu Hause sind, bestürzt, betroffen und traurig „angesichts des Verlustes eines guten Freundes, eines klugen Theologen und Kirchenhistorikers, eines so verlässlichen Kollegen und unermüdlichen, unaufdringlichen und doch stetig arbeitenden Inspirators und ‚Motors‘ unseres internationalen Forschungsprojekts.

Schmiedl habe viele Arbeitssitzungen des Leitungsteams einberufen und moderiert, selbst die Moderation von drei Gruppen zur Kommentierung der Konzilsdokumente übernommen, die Kontinentalgruppe Europa geleitet und die Erstellung eines über 500 Seiten umfassenden Forschungsbandes fast bis zu seinem Abschluss vorangetrieben. An keiner der zahlreichen Videokonferenzen habe er je gefehlt. „Wenn morgens früh zwischen eins und halb drei Uhr das Licht in seinem Zimmer gebrannt hat, dann war dies dem Zeitfenster der Arbeitsgruppe USA/Kanada/Australien und der Zeitverschiebung geschuldet.

In dankbarer Erinnerung fühle sich das Projekt dem Lebenswerk von Prof. Dr. Joachim Schmiedl und der guten gemeinsamen Arbeit verpflichtet.

Prof. Dr. Paul Rheinbay SAC (Foto: Videoausschnitt)

Prof. Dr. Paul Rheinbay SAC (Foto: Videoausschnitt)

Ein Viertel Jahrhundert die Hochschule geprägt

Pater Professor Dr. Paul Rheinbay, in Vertretung des Professorenkollegiums der Vinzenz-Pallotti-University in Vallendar (ehemals PTHV) und der Pallottiner sprach über Joachim Schmiedl als jemand, der wesentlich dazu beigetragen habe, dass sich der Blick von einer typischen Ordenshochschule geweitet habe zu einer anerkannten wissenschaftlichen Fakultät. Joachim Schmiedls Stärke sei das Knüpfen von vielen unterschiedlichen Beziehungen gewesen, z.B. von Kollege zu Kollege. Es habe nur wenige gegeben im deutschen Sprachraum, die er aufgrund seiner verantwortlichen Tätigkeit im Katholisch-Theologischen Fakultätentag nicht persönlich gekannt habe. Mitarbeiter in der Hochschule hätten sich von ihm wahrgenommen und gesehen gefühlt. Für die Beziehungen zu Studierenden habe er stets versucht in den Runden am Kaffeeautomat in den Pausen anwesend zu sein. Er habe Beziehungen gepflegt zu den unterschiedlichsten Ordensgemeinschaften, auch zwischen Pallottinern und Schönstättern, die über Jahre sich getroffen hätten, um die gemeinsame Geschichte versöhnlich aufzuarbeiten. Pater Schmiedl habe mit einer großen Zuversicht immer an die Kirche geglaubt, dass sie sich auch heutzutage durch die ihr innewohnende Kraft des Geistes verlebendigen und reformieren könne.

Prof. Dr. Dirk Ansorge, Frankfurt (Foto: Videoausschnitt)

Prof. Dr. Dirk Ansorge, Frankfurt (Foto: Videoausschnitt)

Aufmerksamkeit für eine interdisziplinäre Theologie

Prof. Dr. Dirk Ansorge, Stellvertretender Vorsitzender des Katholisch-Theologischen Fakultätentags, würdigte den Verstorbenen als unermüdlichen Netzwerker, der große Aufmerksamkeit auf die interdisziplinäre Theologie gelegt habe. Er sei im Synodalen Weg ein großer Kommunikator gewesen, der sich nicht einfach ersetzen lasse. „Wir können ihn nicht ersetzen, wir können nur eine Person suchen, die ihm in seiner Arbeit nachfolgen kann“, so Ansorge, „und wir hoffen, dass er mit unserer weiteren Arbeit einigermaßen zufrieden sein wird.

Prof. Dr. Claus Arnold, Mainz (Foto: Videoausschnitt)

Prof. Dr. Claus Arnold, Mainz (Foto: Videoausschnitt)

Eine herausragende Persönlichkeit, ein liebenswürdiger, humorvoller Mensch

Der Tod von Pater Schmiedl reiße eine schmerzliche Lücke in die Gesellschaft für Mittelrheinische Kirchengeschichte, so Prof. Dr. Claus Arnold, Mainz. Seit 2009 habe Schmiedl seine Erfahrungen, sein kluges Urteil und seine vielfältigen Kontakte in den Verwaltungsrat der Gesellschaft eingebracht. In seiner verlässlichen, ruhigen Art habe er die Herausgabe von 20 Bänden Kirchengeschichte begleitet und den Übergang der Reihe vom Selbstverlag zum Verlag Aschoff initiiert. „Wir verlieren mit Pater Schmiedl eine herausragende Persönlichkeit, einen liebenswürdigen, humorvollen Menschen.

Prof. Dr. Joachim Söder, Aachen (Foto: Videoausschnitt)

Prof. Dr. Joachim Söder, Aachen (Foto: Videoausschnitt)

Ein Historiker von Rang

Professor Dr. Joachim Söder, Aachen, Präsident des Josef-Kentenich-Institutes, beschrieb Joachim Schmiedl als einen Historiker von Rang, dem es stets um eine vorurteilslose Auseinandersetzung mit der ganzen Wahrheit gegangen sei. Er habe immer „ohne Zorn und ohne Parteilichkeit“ (Tacitus) seinen wissenschaftlichen Gegenstand erforscht, in den Kontext gestellt und stets auch „die andere Seite“ gebührend zu Wort kommen lassen. „Eingriffe in die Wissenschaftsfreiheit, Bevormundungs- oder Beeinflussungsversuche, ganz gleich von welcher Seite, lehnte er entschieden ab“, so Professor Dr. Söder. Joachim Schmiedls Perspektive sei nicht die Vergangenheit, sondern das Heute und das Morgen gewesen mit der Frage: „Was können wir aus der Geschichte für die Gegenwart und Zukunft lernen?“ „Wir haben ihm viel zu verdanken – als Wissenschaftler, als Schönstätter, als Weggefährte und als Freund.“

Nach dem Gottesdienst versammelte sich die Trauergemeinde auf Berg Sion, wo Pater Joachim Schmiedl auf dem Friedhof der Schönstatt-Patres beigesetzt wurde.

Beerdigungsfeier für Pater Dr. Joachim Schmiedl vor dem Schönstatt-Heiligtum Berg Sion (Foto: Brehm)

Beerdigungsfeier für Pater Dr. Joachim Schmiedl vor dem Schönstatt-Heiligtum Berg Sion (Foto: Brehm)

Dokumentation: Übertragung des Requiems

Das Requiem wurde von www.schoenstatt-tv.de übertragen.


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