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26. Oktober 2021 | Deutschland | 

Gemeinde Rüber erinnert an den selbstlosen Einsatz von Pater Alexander Menningen


Marienkapelle auf dem Friedhof von Rüber (Foto: Brehm)

Marienkapelle auf dem Friedhof von Rüber (Foto: Brehm)

Hbre. Bewohner der Gemeinde Rüber, eines Dorfes etwa 20 Kilometer westlich von Koblenz gelegen, haben am 17. Oktober 2021 daran erinnert, dass der Ort Anfang März 1945 nur knapp einer Zerstörung durch US-Truppen entgangen ist. Dass es nicht soweit kam, sei Pater Alexander Menningen zu verdanken, der die vakante Pfarrstelle der Pfarrei Lonnig/Rüber/Minkelfeld in Vertretung für den im Konzentrationslager Dachau inhaftierten Pfarrer Johannes Keßler übernommen hatte. Als die anrückenden US-Truppen ihre Geschütze auf Rüber richteten, sei Menningen, einer der wichtigsten Mitarbeiter des Schönstatt-Gründers Pater Josef Kentenich, mit einer weißen Fahne und teilweise auf Knien den US Truppen entgegen gegangen. Verschont von Zerstörung löste die Gemeinde 1951 ein Gelübde zum Bau einer Marienkapelle ein. Dort, so Überlegungen heute, könnte der mutige und selbstlose Einsatz von Dr. Alexander Menningen, zum Beispiel in Form einer Gedenktafel angemessen gewürdigt werden. schoenstatt.de veröffentlicht nachfolgend den Bericht von Gerhard Draws und Leo Klöckner.

Rüber - ein Dorf auf dem Maifeld, etwa 20 km westlich von Koblenz (Foto: Brehm)

Rüber - ein Dorf auf dem Maifeld, etwa 20 km westlich von Koblenz (Foto: Brehm)

Die Geschützrohre waren schon auf Rüber ausgerichtet

Gerhard Draws und Leo Klöckner. Nur den wenigsten Bürgern von Rüber dürfte bekannt sein, dass das Dorf Anfang März 1945 sehr knapp einer Katastrophe wegen drohender Zerstörung durch US Truppen entgangen ist.

Als im Juni 1944 die Alliierten in Frankreich in der Normandie landeten, die deutsche Front zusammenbrach und die Bombardements der Städte, in der hiesigen Gegend insbesondere der Städte Mayen, Andernach und Koblenz, ihrem Höhepunkt zustrebten, bangte auch die Bevölkerung von Rüber um ihre Heimat. Dieser Eindruck wurde noch verstärkt durch die tagsüber von den Höhen sichtbar aufsteigenden Rauchsäulen und nachts durch den hellen Feuerschein der brennenden Städte. Ganz besonders schlimm wirkte sich die Erinnerung an die Räumung des Saarlandes zu Beginn des Frankreichfeldzugs aus, um damals den Soldaten eine ungestörte Kampfzone überlassen zu können. Nun war die Rede davon, dass auch der hiesigen Bevölkerung das gleiche Schicksal drohen würde und ihre Heimat verlassen müsste.

Altarraum der Marienkapelle mit Pieta (Foto: Brehm)

Altarraum der Marienkapelle mit Pieta (Foto: Brehm)

Gnadenbild der Dreimal wunderbaren Mutter von Schönstatt (Foto: Brehm)

Gnadenbild der Dreimal wunderbaren Mutter von Schönstatt (Foto: Brehm)

Bettag am 17. September 1944

Das Bistum Trier war sich dieser äußersten Gefahrenlage bewusst und so ordnete Franz Rudolf Bornewasser, Bischof (von 1922 bis 1951, ab Januar 1944 Erzbischof) von Trier, am 17. September 1944 einen ganztägigen Bettag an. Pater Dr. Alexander Menningen (* 20. Oktober 1900 in Hillscheid, † 19. Mai 1994 in Schönstatt) von den Schönstätter Patres, der die vakante Pfarrstelle der Pfarrei Lonnig/Rüber/Minkelfeld in Vertretung für den von April 1944 bis April 1945 im Konzentrationslager Dachau inhaftierten Pfarrer Johannes Keßler übernommen hatte, leitete das Gebet. Gleichzeitig legte die Kirchengemeinde Rüber ein Gelübde mit folgendem Wortlaut ab:

Wenn du (Muttergottes) unsere Heimat unter deinen Schutz nimmst und sie gnädig bewahrst und wenn du den Hirten und geistlichen Vater der Gemeinde (Pfarrer Johannes Keßler) wieder glücklich heimkehren lässt in unsere Mitte, dann wollen wir dir ein Haus bereiten, ein Heim, dass du immerwährend hier bleiben kannst, dass du hier in deiner Heimat, in deinem Land, in deiner Gemeinde, die dir zu eigen geworden ist, schalten und walten kannst als die Schutzherrin, als die Mutter, die in schweren Zeiten uns, ihren Kindern, zur Seite gewesen ist.

Später wurde bekannt, dass auch Pfarrer Keßler im Konzentrationslager Dachau ein Gelübde abgelegt hatte, mit dem Versprechen, ein Denkmal für die Gefallenen des Krieges errichten zu lassen, falls er wieder heimkehren dürfe. Er hatte die Haftzeit überstanden, wenn auch nur ganz knapp und schwer gezeichnet.

Pater Dr. Alexander Menningen (Foto: Archivbild)

Pater Dr. Alexander Menningen (Foto: Archivbild)

Mit weißer Fahne und auf Knien den US Truppen entgegen

Als sich Anfang März 1945 US Panzerverbände auf den Kerbener Höhen zeigten, spielten sich dramatische Szenen im Dorf ab. Während die Amerikaner in Stellung gingen, rüsteten sich SS Soldaten, von der Mosel kommend trotz der aussichtlosen Lage, zur Verteidigung des Dorfes. Den Amerikanern blieben diese Aktivitäten natürlich nicht verborgen und richteten daraufhin ihre Geschützrohre feuerbereit auf das Dorf. Da trat Pater Dr. Alexander Menningen in Erscheinung. Im vollen Bewusstsein, das eigene Leben aufs Spiel setzend, nahm er eine weiße Fahne in die Hand und ging den US Truppen auf den Kerbener Höhen entgegen, um ein Verschonen des Dorfes durch Zerstörung zu bitten. Damalige Zeitzeugen konnten beobachten, dass er das letzte Stück auf den Knien zurückgelegt hat. Und tatsächlich, die SS Soldaten verließen das Dorf, die US Truppen sahen von einem Angriff ab. Wäre auch nur ein einziger Schuss gefallen, hätte das verheerende Folgen für das Dorf gehabt. Nicht nur, dass es unter Artilleriefeuer genommen worden wäre sondern notfalls wäre auch Luftunterstützung, wie in ähnlichen Fällen geschehen, durch amerikanische Bomber angefordert worden.

Bau einer Marienkapelle und Einweihung am 15. Juli 1951

Nach dem Ende des Weltkriegs erinnerte sich man wieder an das Gelübde und nach der Währungsreform nahm das Vorhaben konkrete Formen an. Allerdings nahm die Standortfrage des Kapellenbaus einen breiten Raum ein. Am letzten Märzsonntag 1950 wurde darüber entschieden: Für den Standort im Flurdistrikt „Zu Margarethe“ stimmten 26 Personen, für den Standort auf dem Nothenberg 37 und für den Friedhof 38 Personen. Am Sonntag, den 1. Oktober erfolgte die feierliche Grundsteinlegung auf dem Friedhof und am 15. Juli 1951 (Kirmes) die Einweihung der fast gänzlich durch Spenden, Theateraufführungen und Hand- und Spanndiensten finanzierten Kapelle.

Der damalige Pfarrer, Johannes Kessler, wurde in der Kapelle beigesetzt (Foto: Brehm)

Der damalige Pfarrer, Johannes Kessler, wurde in der Kapelle beigesetzt (Foto: Brehm)

Abschließend soll die Ansprache von Pater Menningen zu diesem Ereignis auszugsweise wiedergegeben werden: „Andächtige, zu Ehren der lieben Gottesmutter versammelte Gemeinde! Wir schicken uns an, in dieser Stunde einen Akt zu setzen, der in unserem eigenen Leben und in der Geschichte der Gemeinde zu einem Denkmal der Dankbarkeit und der Liebe werden soll für die liebe Gottesmutter.

Die Hand des Priesters und des Seelsorgers der Gemeinde soll dieser Stätte die kirchliche Weihe geben. Mit diesem Geschehnis ist ein Schlussstrich gesetzt unter eine lange Vorgeschichte dieses Heiligtums. Mit der Einweihung des Kapellschens wird das Gelübde eingelöst, das Gelöbnis, das die Gemeinde in gleicher Weise wie der Seelsorger dieser Gemeinde miteinander, wenn auch damals voneinander getrennt, gemacht haben. Es schickt sich wohl, dass wir in dieser feierlichen Stunde uns in Dankbarkeit rückwärts wenden, um dann ebenso sehr uns in die Zukunft hineinbegeben.“

Pfarrer Johannes Keßler war geboren am 12. März 1900 in St. Johann an der Saar, heute ein Stadtteil von Saarbrücken. Er starb am 17. August 1980 in Augsburg und fand, seinem Wunsch entsprechend, seine letzte Ruhestätte in der Muttergotteskapelle.

Es wäre sicherlich überlegenswert, den mutigen, selbstlosen Einsatz von Dr. Alexander Menningen, zum Beispiel in Form einer Gedenktafel an der Muttergotteskapelle, angemessen zu würdigen.

 


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