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21. August 2021 | Rund ums Urheiligtum | 

Im Spannungsfeld von Gehorsam und Gewissen


Gedenkfeier am 79. Todestag von Pater Franz Reinisch (Foto: Brehm)

Gedenkfeier am 79. Todestag von Pater Franz Reinisch (Foto: Brehm)

C&HBre. Am 21. August 1942, frühmorgens um 5 Uhr 03 fiel das Fallbeil. Er war der einzige Priester, der den Fahneneid auf Hitler verweigert hatte. Ein sicheres Todesurteil. Schneller als viele hatte er die tödliche Gefahr, die vom Naziregime ausging, erkannt. Mutig und eindeutig entschied er sich gegen diese lebensfeindliche Ideologie. Die Rede ist von Pater Franz Reinisch, dem „Märtyrer der Gewissenstreue“, dem 79 Jahre später, am Abend des 21. August 2021 an seinem Grab hinter dem Urheiligtum in Schönstatt, Vallendar, etwa 60 Reinisch-Freunde aus der Schönstatt-Bewegung, von den Pallottinern und aus dem Umfeld gedenken.

Ansprache: Pater Dr. Heribert Niederschlag SAC (Foto: Brehm)

Ansprache: Pater Dr. Heribert Niederschlag SAC (Foto: Brehm)

Musikalische Gestaltung durch Schwestern der Schönstatt-Pilgerzentrale (Foto: Brehm)

Musikalische Gestaltung durch Schwestern der Schönstatt-Pilgerzentrale (Foto: Brehm)

Abendsegen: Rektor Egon M. Zillekens (Foto: Brehm)

Abendsegen: Rektor Egon M. Zillekens (Foto: Brehm)

Gedenken am 79. Sterbetag von Pater Franz Reinisch

Beeindruckend und anrührend ist der Abschiedsbrief, den Franz Reinisch in der Nacht vor seiner Enthauptung an seine Eltern geschrieben hat und den Pater Heribert Niederschlag SAC, ehemaliger Postulator im Seligsprechungsprozess, an diesem Abend vortrug. Ähnlich wie der Springreiter, der nicht auf die vor ihm liegenden Hindernisse sieht, sondern weit darüber hinausblickt, schaut Franz Reinisch in diesem Brief nicht auf seinen bevorstehenden Tod, sondern freut sich auf den Augenblick, wo er Gott und Maria, der "Königin seines Herzens", wie er sie nennt, begegnen wird.

Das Gewissen ist das Heiligtum im Menschen, wo er allein ist mit seinem Gott

In seiner Ansprache hob Niederschlag auf das Spannungsfeld zwischen Gehorsam und Gewissen ab. Als Reinisch vorgeworfen wurde, seinen Oberen nicht zu gehorchen, die von ihm erwarteten, den Fahneneid zu leisten, um sein Leben zu retten und auch um die Pallottiner nicht zu gefährden, war er ganz klar in seiner Feststellung: In allen disziplinarischen Bereichen bin ich den Oberen gefolgt, bin überall dorthin gegangen, wo sie mich in der Pastoral hinschickten, auch wenn ich es eigentlich nicht gewollt habe. Aber jetzt, im geistlichen Bereich, wo ich allein mit meinem Gott bin, gehorche ich ihm und nur ihm. 20 Jahre später – so der Prediger kommt es auf dem Konzil zu einer heftigen Auseinandersetzung über das Thema „Freiheit des Gewissens“. „Das Konzil einigt sich auf die Formel dass das Gewissen das Heiligtum im Menschen ist, wo er allein ist mit seinem Gott“, so Pater Niederschlag. Der damals junge, hoch angesehene Theologe Josef Ratzinger habe diese Stelle kommentiert: „Das Gewissen steht über dem Papst, denn dort, wo ich alleine mit Gott bin, da hat niemand dazwischen zu funken, kein Mensch.“

Auf der Suche nach Zeichen von Gott

Allerdings – so Niederschlag – stelle sich die Frage immer neu: wie unterscheide ich, ob das Gewissen, also Gott zu mir spricht oder ich mir etwas vormache. Auch Franz Reinisch habe sich das oft und oft gefragt. Mit der Zeit habe er immer dann, wenn er auf seinem Weg weiterging, eine große innere Ruhe gespürt, die er als Zustimmung Gottes wertete.

Auf dem Weg durch seine furchtbaren Ängste vor dem Tod und dem Festhalten an seiner Verweigerung, obwohl alle, außer seinen Eltern, ihm abrieten, suchte er nach Zeichen von Gott. Er sah sie darin, dass wichtige Ereignisse, z.B. sein Stellungsbefehl oder der Tag seiner Verweigerung des Fahneneids auf einen Marienfeiertag fielen. So glaubte und hoffte er, dass auch sein Todestag mit einem Marienfeiertag zusammenfallen würde. Doch der 15.8.1942 verging, ohne dass etwas geschah. Am 20. erfuhr er dann, dass das Urteil am 21. vollstreckt würde, ausgerechnet der Vorabend vom Festtag Maria Königin, die er so sehr als Königin seines Herzens verehrte. Für Reinisch eine Bestätigung für seinen Weg.

Ein hohes Maß an Freiheit im Alltag leben dürfen und müssen

„Gebe Gott, dass auch wir die Gabe der Unterscheidung empfangen, um zu wittern, welchen Weg wir eigentlich gehen sollen“, so Niederschlags Bitte und Wunsch am Ende seiner Ansprache. Das Gewissen wolle dem Menschen in Entscheidungssituationen helfen. „Gott hat uns als Original in die Welt gesandt und er will uns als Original wieder empfangen“ und das bedeute, dass Menschen ein hohes Maß an Freiheit im Alltag leben dürften und müssten. „Gebe Gott uns dazu seinen guten und heiligen Geist.“

Mit dem von Rektor Egon M. Zillekens gestalteten Abendsegen endete die Gedenkfeier, die musikalisch von Schwestern der Schönstatt-Pilgerzentrale mitgestaltet worden war.

Etwa 60 Personen hatten sich am Abend auf der Wiese beim Grab von Pater Franz Reinisch hinter dem Urheiligtum versammelt (Foto: Brehm)

Etwa 60 Personen hatten sich am Abend auf der Wiese beim Grab von Pater Franz Reinisch hinter dem Urheiligtum versammelt (Foto: Brehm)


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