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7. Juni 2021 | Worte des Bewegungsleiters | 

„Wendepunkt für die Kirche in unserem Land“


Jahresbitte der Schönstatt-Bewegung Deutschland

Jahresbitte der Schönstatt-Bewegung Deutschland

 

Kardinal Reinhard Marx hat mit seiner Rücktrittsbereitschaft und der Bitte an Papst Franziskus, sie anzunehmen, eine Entscheidung getroffen, die viele innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche als ein starkes Zeichen wahrnehmen. Kardinal Reinhard Marx verbindet mit seinem Schritt die Hoffnung, dass die aktuelle Situation zu einem Wendepunkt für die Kirche in unserem Land wird.

Die spontanen Reaktionen spiegeln ganz unterschiedliche Empfindungen: Bestürzung, Erschrecken, Respekt, Dankbarkeit, Zustimmung oder auch Enttäuschung. Bei manchen entsteht ein Eindruck von „im Stich gelassen werden“ in besonderer Not, aber auch ein Aufkeimen neuer Hoffnung angesichts dieses Zeichens der Demut, das Reinigung und Erneuerung ermöglicht.

Bei allem Nachdenken, Deuten und Vermuten sollten wir es, so meine ich, vor allem als ganz persönliche Anfrage verstehen: Der Gott des Lebens spricht durch die Ereignisse und Zeichen der Zeit und das Wirken des Geistes in jedem, der sich ihm öffnet. Was möchte er mir persön­lich sagen? Daraus kann dann im Gespräch miteinander ein gemeinsamer Impuls werden. „Wendepunkt“ schließt eine sehr vielfältige Wende und Umkehr ein. Eine Bekehrung, die Schuld aus der Vergangenheit erkennt und anerkennt und auch Zuspitzung und Eskalation des heutigen Umgangs damit einschließt.

Ob wir schon am Tiefpunkt angelangt sind, aus dem Wende und Bekehrung und gemeinsame Erlösung entstehen kann? Spüren wir die Ratlosigkeit und die Ohnmacht, oder sind wir immer noch mit dem Rechthaben und der Beurteilung „der anderen“ beschäftigt?

Wende und Bekehrung, die in diese Tiefe gehen, werden auch die Erneuerungen und Maßnahmen, die notwendig sind und die ergriffen werden, fruchtbar werden lassen.

Auch im Blick auf die Anfragen, die uns als Schönstatt-Bewegung beschäftigen und herausfordern, geht es darum zu erkennen, in welcher Tiefe Gott Reinigung, Klärung und Erneuerung von uns erwartet und sie uns anbietet.

Ich bin dankbar für alle Gespräche und Impulse, in denen solche geistlichen Suchbewegungen und Antworten miteinander geteilt werden können. Ein Mitbruder hat mich auf ein Gedicht von Hilde Domin aufmerksam gemacht, das in die tieferen Schichten von Wende und Hinkehr zu Gott hineinführt:

Wir werden eingetaucht
und mit den Wassern der Sintflut gewaschen
Wir werden durchnässt
bis auf die Herzhaut

„Bis auf die Herzhaut“ berührt die gemeinsame Schuldgeschichte. Antwort findet Hilde Domin in den biblischen Bildern göttlicher Errettung. Ihre Hoffnung liegt in der Bitte:

dass bei Sonnenaufgang die Taube
den Zweig vom Ölbaum bringt

und dass wir aus der Flut
dass wir aus der Löwengrube und dem feurigen Ofen
immer versehrter und immer heiler
stets von neuem
zu uns selbst
entlassen werden.

(Ausschnitte aus: Hilde Domin, Bitte, in: Gesammelte Gedichte, Frankfurt am Main 1987)


Die Solidarität der Schönstatt-Bewegung, die wir in den vergangenen Wochen im gemeinsamen Pfingstgebet erlebt haben, muss weitergehen. Wir stehen in Herausforderungen, die in die Tiefe gehen.

Die Gaben des Heiligen Geistes befähigen zu der Wende, die Gott in dieser Zeit bewirken will.
Ich hoffe sehr, dass unsere Jahresbitte zum persönlichen Gebet in vielen Herzen und Häusern wird:

„Heiliger Geist, gib uns, die wir dir vertraun, deine Gaben zum Geleit“.

Ihnen allen einen herzlichen Gruß vom Heiligtum der Gottesmutter in Schönstatt

P. Ludwig Güthlein
Schönstatt-Bewegung Deutschland


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