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16. April 2021 | International | 

Schönstatt in Kamerun - Aufbau eines Wallfahrtszentrums trotz und mit Covid 19


Wallfahrtsort "Unsere Liebe Frau von den Aposteln"  (Foto: Freundeskreis Marza)

Wallfahrtsort "Unsere Liebe Frau von den Aposteln"  (Foto: Freundeskreis Marza)

CBre. Alois Baumberger, ein Schweizer Bundespriester lebt und arbeitet seit mehr als 40 Jahren im Tschad und seit nun 10 Jahren in Kamerun. Für ihn war die pastorale Arbeit schon immer so, wie sie vielerorts in Deutschland nun mit viel Gebrumm und Kritik langsam eingeführt wird: Großpfarreien, die einmal im Monat mit einem Priester Gottesdienst feiern und sonst mit Ehrenamtlichen das Gemeindeleben engagiert gestalten. Der Pfarrer reist viel, bildet Ehrenamtliche aus, hält Einkehrtage für erwachsene Taufbewerber, Männer, Frauen, bereitet auf die unterschiedlichen Sakramente vor und sieht, wo Menschen Unterstützung brauchen. Spiritualität und Lebenshilfe gehen dabei Hand in Hand.

Von der Begleitung von Großpfarreien zum Aufbau eines Wallfahrtszentrums

Nach 40 Jahren im Busch, im Tschad, ist Pfarrer Baumberger nun in Cameroun, in der Diözese Ngaoundere für den Aufbau des diözesanen Wallfahrtszentrums Marza verantwortlich, was nicht nur heißt, eine große Wallfahrtskirche zu errichten und Übernachtungs- und Tagungsmöglichkeiten für die Wallfahrer zu schaffen, sondern auch die Menschen in ihren vielseitigen Bedürfnissen anzusprechen und da zu sein für ihre Fragen, Nöte und Schwierigkeiten. Auf unnachahmliche Art und Weise gelingt es ihm dabei, die schönstättische Spiritualität mit afrikanischer Kultur, Denk- und Lebensweise zu verbinden. Mit sensiblem Blick erkennt und gewinnt er Menschen, die ihm Gott (oft überraschenderweise) zur Seite stellt für das Wallfahrtszentrum, begeistert sie und hilft ihnen, die Fähigkeiten, die Gott in sie hineingelegt hat, zu heben und einzubringen. Der nachfolgende Bericht aus der Feder des aus der Schweiz stammenden Fide-Donum-Priesters (von seinem Heimatbistum für die Arbeit in der Weltkirche zur Verfügung gestellt), der seine geistige Heimat beim Schönstatt-Priesterbund hat, lässt einen kleinen Teil der Geschichte von Marza aus dem vergangenen Jahr miterleben.

Station auf dem biblischen Marienweg des Wallfahrtszentrums Marza, Kamerun (Foto: Freundeskreis Marza)

Station auf dem biblischen Marienweg des Wallfahrtszentrums Marza, Kamerun (Foto: Freundeskreis Marza)

Leben mit dem Corona Virus und den Überraschungen, die es für uns bereit hält

Alois Baumberger. Wie dem Corona Virus spirituell begegnen? Wir haben in unserer Wallfahrtspfarrei Maria als «Königin des organischen Denkens und Handelns» gekrönt für einen neuen Pfingstaufbruch für die Post-Corona-Zeit. Künstlerisch veranlagte Frauen haben Kronen für mehrere Marienbilder hergestellt. Kinder behaupteten, dass Maria gelächelt hätte, als wir ihr Bild mitsamt ihrem Sohn in der Monstranz über den Berg trugen. (Das Wallfahrtszentrum liegt an einem Berg, auf den ein biblischer Marienweg, ein Kreuzweg, ein Eheweg und ein Oster-Weg hinaufführen.) Natürlich wird von Maria erwartet, dass sie ihren Schutzmantel über unsere Pfarrei, die ganze Stadt und über das Land gegen das Coronavirus ausbreitet.

Kräutergarten der Station (Foto: Freundeskreis Marza)

Kräutergarten der Station (Foto: Freundeskreis Marza)

Bruder Oliver (Foto: Freundeskreis Marza)

Bruder Oliver (Foto: Freundeskreis Marza)

Garten der Heilpflanzen

Wer zu einem Wallfahrtsort kommt, findet dort üblicherweise Spezialitäten für das leibliche und seelische Wohl: Kräuter, Käse, Liköre, Klosterbier. Bei uns ist es die «Wunderpflanze» Artemisia. Durch Corona bekam sie den Ruf, gegen das Virus zu immunisieren. Ganz Kamerun pilgerte bei uns vorbei, um das lebensrettende Elixier zu erwerben, und natürlich auch, um hinter unser Geheimnis zu kommen und ein paar Pflanzen oder Samen zu stibitzen. Die Regierung, die früher Artemisia als Droge bekämpft hatte, fordert heute, dass jeder Haushalt ein kleines Artemisia Gärtchen anzulegen hat. Schon lange wurden wir gefragt, ob wir nicht auch andere Heilkräuter hätten für die zahllosen Beschwerden des modernen Lebens.

So reifte die Idee, ein Gesundheitszentrum auf pflanzlicher Basis aufzubauen. Bruder Olivier, der sich eigentlich um den Aufbau der künftigen «ewigen Anbetung» kümmert, die zu einem echten Wallfahrtsort gehört, hat nun mit einigen unserer Mitarbeiter eine halbjährliche Ausbildung an zwei Nachmittagen der Woche begonnen. Die Ausbildungsmodule beinhalten Kenntnisse der Heilpflanzen, ihre Heilkräfte, Dosierung und Mischung, Anwendung, Symptome und Kenntnis der Krankheiten.

Zurzeit gedeihen in unserm St. Hildegard Garten Heilpflanzen jeglicher Art, die wir ernten, dörren, mahlen, mixen, oder aus denen wir geeignete Wirkstoffe gewinnen oder Sirups herstellen. Unser Gesundheitszentrum besteht nun aus Räumen für die Trocknung und Verarbeitung der Kräuter mit Brauküche, Behandlungszimmer, Büro, Pharmazie. Weil die Menschen als Opfer der heutigen mechanisierten Gesellschaft krank sind, braucht ein Wallfahrtsort auch Hilfsangebote für körperliche Krankheiten, die nach afrikanischer Tradition letztlich eine seelisch-geistige Ursache haben.

Vorarbeiten für ein Kirchenfenster (Foto: Freundeskreis Marza)

Vorarbeiten für ein Kirchenfenster (Foto: Freundeskreis Marza)

Ein Atelier für Kirchenfernster

Im Februar kam Fernand Kabongo, gebürtig aus dem Kongo und Dozent in Yaoundé zu uns. Er fand Gefallen an der pittoresken Wallfahrtswelt von Marza und den damit verbundenen Projekt-Visionen und wollte mir zu deren Verwirklichung helfen. Zuerst professionalisierte er die Webseite für unser Heiligtum www.sanctuaire-ngaoundere.cm. In einer zweiten Phase bildete er junge Leute aus der Pfarrei aus, die diese Website verwalten und wöchentlich mit neuen Bildern, Informationen, Kommentaren und spirituellen Impulsen speisen.

Danach erinnerte er sich an seine Jugend, in der er in einem Atelier für Kirchenfenster mitgearbeitet hatte und sogar augebildet wurde. Jetzt tragen wir uns mit dem Gedanken, in Marza ein Atelier für Fenster von Sakralbauten zu eröffnen, ein Handwerk, das am Aussterben ist. Fernand hat schon ein paar Fenster aus Glasbausteinen für unsere Wallfahrtskirche geschaffen. Momentan ist er bei seinem ehemaligen Chef als Zeichner und Entwerfer, um Geld zu verdienen für die Ausstattung der neuen Werkstatt, die wir fürs Erste in meiner noch leer stehenden Altersresidenz einrichten wollen.

Wallfahrtserlebnisse

Vor dem 4. Fastensonntag und der alljährlichen, diözesanen Wallfahrtswoche ordnete die Regierung an, dass nicht mehr als 50 Personen sich versammeln dürfen. Ein Tag vor Beginn musste die dreitägige Großwallfahrt abgesagt werden. Das Thema für die Wallfahrtswoche lautete: «Bin ich denn verantwortlich für meinen Bruder?» Das ist die Antwort Kains auf Gottes Frage: „Wo ist dein Bruder Abel“. Es ging um die Verantwortung füreinander in diesen Zeiten. Da lässt sich der Vorsehungsglaube konkret üben.

Die Außenmauern der neuen Wallfahrtskirche entstehen (Foto: Freundeskreis Marza)

Die Außenmauern der neuen Wallfahrtskirche entstehen (Foto: Freundeskreis Marza)

Kirchenbau

Bei unserem Kirchenbau wurden inzwischen 24 Trag-Säulen eingepflanzt und einbetoniert, auf denen die Arkaden der Dachkonstruktion ruhen sollen. Der Architekt hat bereits mit den Holzschalungen für die Rundbögen begonnen. Doch das Geld ist ausgegangen, um sie mit Eisen und Beton auszugiessen.

Wegen der Begrenzung der Gottesdienst auf 50 Personen verdreifachte sich in der Folge die Zahl der Sonntagsmessen.

Die Stützen für die Dachfeten sind schon mal betoniert (Foto: Freundeskreis Marza)

Die Stützen für die Dachfeten sind schon mal betoniert (Foto: Freundeskreis Marza)

Neuaufbrüche

Noch ein Glücksfall: Abbé Thérence aus Burundi konnte nach Abschluss des Kirchenrechtstudiums in Yaoundé wegen Covid-19 nicht in seine Heimat Burundi zurückfliegen. So verbrachte er drei Monate hier in Ngaoundéré. Thérence entpuppte sich als Schönstattpriester. Seine besondere Art der Pastoral in unserer Wallfahrtspfarrei – er erschloss uns eine afrikanisch inkulturierte Marienspiritualität – machte auch unsern Bischof Abbo aufmerksam. Er bat Thérence, bei seinem Bischof in Burundi dafür einzutreten, dass er uns einige seiner Mitbrüder entsendet.

Die leeren Kirchen wegen des Corona-Virus haben uns zum Nachdenken gebracht. Sollten wir nicht, wie der tschechische katholische Priester und Religionsphilosoph Tomáš Halík vorschlägt, das derzeitige Gottesdienst-Fasten als eine Zeit zum Innehalten und zu einem gründlichen Nachdenken vor Gott und mit Gott nützen und dabei ernsthaft versuchen, der Welt eine ganz andere Gestalt des Christentums zu geben?

Monatlicher Tag der inneren Heilung

Manche Afrikaner traten zwar nicht aus der Kirche aus. Sie suchten aber wegen der geistigen Leere Hilfe bei Exorzisten, um die Teufel auszutreiben, die sich in ihre Leere eingenistet hatten. So gibt es im Land immer wieder spektakuläre Teufelsaustreibungen mit exorzierenden Priestern und einem Theater spielenden eingebildeten «Besessenen». Heute aber ist wieder vermehrt die innere Heilung gefragt. In diesem Sinne bieten wir in Marza unter anderem jeden dritten Samstag des Monats einen individuellen Wallfahrtstag an als Einkehrtag mit Vortrag, Aussprache, Anbetung, Beichte oder Gespräch und Messe für die innere Heilung.

Fest der Sakramente

Taufe, Firmung und Trauungen wurden Corona-bedingt 2020 gleichzeitig am 16. August gefeiert, am «Fest der Sakramente». Samuel Kleda, der Erzbischof von Douala und Präsident der kamerunischen Bischofskonferenz gab dem Fest der Sakramente der Wallfahrtspfarrei eine besondere Note durch seinen unerwarteten Besuch.

Im Februar 2020, gerade noch vor Ausbruch von Covid-19, hat uns Nicolas Natjbab in den Tschad eingeladen, wo er zum Bischof von Lai geweiht wurde. Nicolas gehört zu der recht grossen Gruppe der Schönstatt Bundespriester, die ich mit meinem Kursbruder Franz Kraft zusammen aufbauen und begleiten darf.

Neue Fruchtbarkeit

Neben der Hildegardmedizin und dem Kirchenfensteratelier wird an der Wallfahrtskirche, dem Gäste- und Pilgerzentrum weitergebaut. Eine Bergquelle wurde gefasst und wird in ein 5.000 Liter Reservoir gepumpt, auch zum Bewässern der Heilpflanzen. Das alte Projekt einer Mühle für Getreide und für die Pulverisierung von Gewürzen, Heilpflanzen und Knollen konnte dank europäischer Spenden verwirklicht werden. Die Strom- und Wasserzufuhr wurde verbessert.

Mein Bericht kann zeigen, dass gerade die auferlegten Covid-Beschränkungen neue Fruchtbarkeit hervorbrachten. Wir stellen hier fest: Covid hat auch sein Gutes. Durch die Beschränkungen fällt manches weg und wir können stressloser arbeiten. Wir haben mehr Ruhe und Zeit zum Meditieren oder in die Mitte zu gehen, um die körperliche und geistige Gesundheit zu verbessern. Wir lernen wieder die «Zeichen der Zeit» zu lesen, an die Vorsehung zu glauben und die Energie von oben, von Gott, „anzuzapfen“.

Mehr Informationen und Unterstützung

  • Webseite des Wallfahrtszentrums Marza: www.sanctuaire-ngaoundere.cm
  • Unterstützung: Wir sind froh, wenn Sie für die Menschen, die zum Wallfahrtszentrum kommen, beten.
  • Spendenkonto: Wer gerne für den Weiterausbau des Wallfahrtszentrum spenden möchte:
    Schönstatt-Priesterbund, Partnerschaftsprojekt, IBAN: DE23 5705 0120 0004 0125 63, BIC: MALADE51KOB

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