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18. März 2021 | Worte des Bewegungsleiters | 

Ostern – das neue Leben in Christus und die Schwerfälligkeit von Veränderungen


Jahresmotiv 2020/2021 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: Maria Kiess / POS Brehm)

Jahresmotiv 2020/2021 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: Maria Kiess / POS Brehm)

Liebe Mitglieder und Freunde der Schönstatt–Bewegung,
liebe Leserinnen und Leser von www.schoenstatt.de,

Noch stehen wir in der Vorbereitungszeit auf Ostern. Es geht um das neue Leben, das uns Christus durch seine Auferstehung, durch seinen Weg zum Vater schenkt. Dieses neue Leben in Christus soll hineinwirken in unser alltägliches und oft gar nicht so neues Leben. Zur Fastenzeit gehört Neuorientierung, Umkehr, Korrektur, Verbesserung und vor allem mehr Erlösungshoffnung, Offenheit für die Gnade, tieferes Hineinwachsen in die Liebe zu Gott und zu den Menschen. Wachstum und Appell zur Bekehrung gehören zu einem bewussteren christlichen Leben.

Und doch ist da der Verdacht und die von Vielen oft gemachte Erfahrung, dass Veränderung und Wachstum gar nicht so leicht gelingt. Im Blick auf alle Bereiche des Lebens haben sich Berufe entwickelt, wo es um Veränderung und Verbesserung geht, die bei jedem Einzelnen beginnt. Alles, was mit Heilung an Leib und Seele zu tun hat, wächst aus Noterfahrungen heraus. Worte wie Beratung, Coaching, Mentoring, personal Fitnesstrainer gehen noch weiter. Die Stärken eines jeden entfalten ist ein ganzheitlicher Ansatz. So oder so hat jeder – und je älter man wird umso deutlicher – die Erfahrung, dass Gewohnheiten sehr hartnäckig Widerstand leisten gegen gute Vorsätze. Ein Sprichwort sagt ja auch „Gewohnheiten sind zuerst wie dünne Spinnweben und später wie stählerne Schiffstaue“.

Und dann ist da noch die soziale Verantwortung für andere Menschen und die ökologische Verantwortung für das große Ganze. Papst Franziskus hat das in seinem Schreiben über die globale Geschwisterlichkeit und die soziale Freundschaft (Fratelli tutti 2020) breit entfaltet. Es ist schon fast eine Überforderung, in diesem weltweiten Maßstab an so etwas wie Erneuerung, Umkehr und Mitarbeit an einer besseren Zukunft überhaupt zu denken. Wenn Druck und Kritik, Ohnmacht und Überforderung zum immer lauteren Grundton des Lebens werden, sind notwendige Veränderungen und Erneuerungen oft erst recht blockiert.

In seinem Schreiben „Laudato si“ (Über die Sorge für das gemeinsame Haus) benennt Papst Franziskus das Fehlen von wirksamen Strukturen und Ansätzen, die zwischen den globalen Herausforderungen und den persönlichen, nationalen und aktuellen Interessen Wege aufzeigen. „Das Problem ist, dass wir noch nicht über die Kultur verfügen, die es braucht, um dieser Krise entgegenzutreten. Es ist notwendig, leaderships zu bilden, die Wege aufzeigen, indem sie versuchen, die Bedürfnisse der gegenwärtigen Generationen unter Einbeziehung aller zu berücksichtigen, ohne die kommenden Generationen zu beeinträchtigen. (53)“

Und doch glaubt Papst Franziskus an eine „Erziehung zum Bündnis zwischen der Menschheit und der Umwelt (209)“ und an eine „ökologische Umkehr (216)“. Der Ansatz von Papst Franziskus geht dabei tiefer. Auch die bewahrende Gestaltung der Schöpfung und die Vollendung der irdischen Wirklichkeit hat ihre Wurzel und ihren Weg in der Erlösung, die nach Kreuz und Leid im Ostermorgen aufstrahlt. In der Mitte der christlichen Antwort auf die Situation der Welt steht Jesus Christus, der Auferstandene, „der mit seiner allumfassenden Herrschaft in der gesamten Schöpfung gegenwärtig ist: ‚Gott wollte mit seiner ganzen Fülle in ihm wohnen, um durch ihn alles zu versöhnen. Alles im Himmel und auf Erden wollte er zu Christus führen, der Friede gestiftet hat am Kreuz durch sein Blut.‘ (Kol 1,19-20) (100).“

Gebet zum Schöpfer (aus der Enzyklika Fratelli tutti)

Gebet zum Schöpfer (aus der Enzyklika Fratelli tutti)

„Organisch – ganzheitlich – symbolhaft – zentriert“

Wenn Pater Kentenich Wachstumsbedingungen und -ermöglichungen pädagogisch beschreibt, kommt er gelegentlich auf die Zusammenstellung folgender Worte. Leben entfaltet sich „organisch ganzheitlich“ und „symbolhaft zentriert“. Das Bewusstsein von den größeren Zusammenhängen weckt Motivation. Ich möchte mein Leben und mein Tun als sinnvoll erkennen und erleben. Genauso wichtig ist, dass ich konkrete Ansatzpunkte finde, in denen sich meine Ausrichtung und mein Engagement verwirklicht. Eine „organisch ganzheitliche“ Sicht jeder Situation weiß, dass echte Werte zusammenhängen und sich gegenseitig brauchen. Schutz der Umwelt und Lebensschutz, soziale Gerechtigkeit und Wahrheit, Selbstwert und Rücksicht, Menschenwürde und religiöse Achtung hängen zusammen. So richtig das ist, es reicht nicht, damit sich Leben entfaltet. Alles gleichzeitig wollen, erdrückt jedes Leben. Leben kann nur wachsen, wenn es sich in konkreten Projekten realisiert und ausdrückt: Bewegungen und Strömungen haben nur Kraft, wenn sich die Anliegen „symbolhaft zentriert“ Gehör verschaffen und vor allem authentisch gelebt werden.

Unter dem Titel „schoenstatt for future“ hat eine Gruppe eine Initiative entwickelt, die genau diesen Weg geht. In den Impulsen ist davon etwas sichtbar geworden. (www.schoenstatt.de/de/NachhaltigkeitsKalender_SFF.htm) Inzwischen hat ein fruchtbarer Dialog mit unseren Schönstatt-Zentren und Tagungshäusern begonnen. Ich hoffe, dass die „symbolhaft zentrierten“ Konkretisierungen möglichst vielfältig werden. Die organisch ganzheitliche Ausrichtung auf eine ökologische Werktagsheiligkeit ist die Weitung, die wir brauchen. Unsere umfassende marianische Bündniskultur macht uns so zu Partnern für das von Papst Franziskus erhoffte „Bündnis zwischen der Menschheit und der Umwelt“.

„Die Freude am Herrn ist eure Stärke“ (Neh 8,10)

Die wichtigsten Ziele, auf die wir Menschen ausgerichtet sind – und auf die wir nicht verzichten sollen und dürfen – sind mehr indirekte Frucht als etwas, was man selbst machen kann. Freude, Glück, Sinn, Zufriedenheit werden von den Umständen her geprägt, und doch können sie durch konkrete Bausteine nicht direkt hergestellt oder erzwungen werden.

Papst Franziskus wird sicher immer mit seinen verschieden Schreiben in Erinnerung bleiben, die große Themen und Herausforderungen mit dem Motiv der Freude in Verbindung bringen: Die Freude des Evangeliums (Evangelii gaudium: Über die Verkündigung des Evangeliums in der Welt von heute.); Die Freude der Liebe (Amoris laetitia: Über die Liebe in der Familie); Freut euch und jubelt (Mt 5,12) (Gaudete et exsultate: Über den Ruf zur Heiligkeit in der Welt von heute).

Papst Franziskus kreist immer wieder um die Freude. Er weiß, dass diese Erfahrung entscheidend und unverzichtbar ist, und er weiß auch darum, wie unverfügbar diese Quelle ist.

Die Anforderungen der Zeit bringen für uns alle Grenzerfahrungen mit sich. Auf sehr unterschiedlichen Ebenen gehen die Belastungen über das Gewohnte hinaus. Ohne geistliche Erfahrungen ist die Zeit kaum zu meistern. Ohne wirklich „gnadenreiche und frohe Ostern“, ohne gottgeschenkte Auferstehungsfreude geht zu viel über unsere Kräfte. Ohne den Sprung hinein in reales Vertrauen auf unsere Bündnispartnerin im Liebesbündnis fehlt uns die sprudelnde Quelle, die aus dem Herzen Jesu hervorquillt. „Jesus stellte sich hin und rief: Wer Durst hat, komme zu mir und es trinke, wer an mich glaubt! Wie die Schrift sagt: Aus seinem Inneren werden Ströme von lebendigem Wasser fließen.“ (Joh 7, 37-38)

Um diese Quelle geht es, wenn wir auf Ostern zugehen: Erlöste können zu Werkzeugen werden für die Erlösungserfahrung anderer. Gnade des Glaubens erfahren macht uns zu Zeugen. Friede im eigenen Inneren wird friedenstiftend.

„Gesegnete können segnen, Beschenkte können schenken, Geliebte können lieben.“

Ich glaube, wir sollten mit wirklichen Erwartungen auf das diesjährige Osterfest zugehen. Gründe haben wir mehr als genug. Und machen wir unser Vertrauen auch zum Gebet für die besonders geprüften Völker, für die Nöte um uns herum und für unsere Kirche, die den Auftrag hat, die Osterfreude glaubhaft zu verkünden.

Ich wünsche Ihnen eine gute Vorbereitung auf das Osterfest

P. Ludwig Güthlein
Schönstatt-Bewegung Deutschland


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