Nachrichten

18. Februar 2021 | Worte des Bewegungsleiters | 

Zukunft unter einer Verheißung


Jahresmotiv 2020/2021 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: Maria Kiess / POS Brehm)

Jahresmotiv 2020/2021 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: Maria Kiess / POS Brehm)

Liebe Mitglieder und Freunde der Schönstatt–Bewegung,
liebe Leserinnen und Leser von www.schoenstatt.de,

Während ich diese Zeilen schreibe, hat das neue Jahr gerade seinen Anfang genommen, und wenn Sie die gedruckte Ausgabe in der Hand halten, ist es bereits Februar, und wir sind schon wieder vom Alltag in Anspruch genommen. An einem neuen Anfang geht der Blick noch in die Zukunft, und schon bald stehen die konkreten Anforderungen wieder ganz im Vordergrund. Was hilft uns mitten im Alltag den nächsten Schritt klarer zu sehen?

„Geh, liebes Licht, in diesem Dämmer vor mir her!“

Mit dieser Zeile beginnt ein berühmtes Gebet, dass der selige John Henry Newman (1801-1890) geschrieben hat und von Paul Badde ins Deutsche übertragen wurde.

„Geh, liebes Licht, in diesem Dämmer vor mir her! Führ Du mich ’raus
aus dieser dunklen Nacht. Ich bin hier fremd. Führ mich nach Haus’!
Führ meinen Fuß, und führ ihn Schritt für Schritt.
Das ferne Ziel muss ich nicht sehn. Doch Du, geh mit mir mit!“ (1)

In diesem Gebet beschreibt Newman, dass dieses Licht, das nach Hause führt, ein gottgeschenktes Licht ist. Er denkt daran, dass er in seinem Leben lange seinem eigenen Licht und seiner Klugheit gefolgt ist, doch jetzt will er um dieses Licht bitten. „Ich liebte eigne Wege. Wollte selber sehn. … Ich hatte Furcht, oft war mir bang. Doch stärker war mein Stolz.“ Und es wird ihm bewusst, dass selbst in den Zeiten, in denen er gar nicht so offen war für göttliche Führung, das Licht ihn doch geführt und vor allzu falschen Wegen bewahrt hat. „Derweil warst Du – Du selbst! – dem engen schroffen Pfad gerade vor mir her gefolgt: mein Retter, Du! Jetzt führ mich heim, nach Hause wie ein Kind.“

„Lead, kindly light – führe mich, du gütiges Licht“ ist im Englischen zu einem Lied geworden, das gerade in dunklen Stunden Menschen Kraft schenkt. Bei einem schweren Bergwerksunglück 1909 verstarben 168 Bergleute zum Teil durch giftige Gase unter Tage. Eine Gruppe von 26 Personen fand eine Luftblase und wurde nach vielen Stunden gerettet. Das Singen dieses Liedes half ihnen, nicht in Panik zu geraten.

Es ist wirkliche Lebenskunst und Glaubenskunst, mitten in Schwierigkeiten, die man gar nicht überschauen kann, ganz auf den nächsten möglichen Schritt zu vertrauen. Da zeigt sich ein anderes Fundament, als wenn man mit einem glücklichen Temperament und einer guten Portion Optimismus ausgestattet ist. Es öffnet sich in der eigenen Tiefe eine Ausrichtung auf Gott, der alleine unsere Existenz und unser Schicksal ganz umfasst. Newman spricht in seinem Gebet von einem „childlike faith“, einem „kindlichen Glauben, der mich zu meinem Gott führt“.

Ich glaube, es sind nicht nur die Worte dieses Gebetes, die Menschen Kraft geben. Es überträgt sich in dem Liedtext etwas von dem Ringen, das Newman dazu gebracht hat, seinen Sprung hinein ins Gottvertrauen so ins Wort zu bringen.

Gebet von John Henry Newmann (Foto: Übertragung aus dem Englischen von Paul Badde.  Mit freundlicher Genehmigung des Vatican Magazin.)

Zukunft unter einer Verheißung

Am 2. Februar endeten traditionell mit dem Fest Darstellung des Herrn (Maria Lichtmess) die 40 Tage der Weihnachtszeit. Die Feste der Weihnachtszeit haben ein gemeinsames Thema: die Geburt Jesu (25.12.), Erscheinung des Herrn (6.1.), Taufe des Herrn und Darstellung des Herrn beschreiben Ereignisse im Leben Jesu, in denen es um den Anfang seines Wirkens geht bzw. um den Anfang, dass er als Christus, als Sohn Gottes, erkannt wird.

Bei der Darstellung Jesu im Tempel sind es Simeon und Hanna, in denen dieses Erkennen geschieht. In dem Kind, das Maria und Josef in den Tempel bringen, erkennt Simeon den Messias als „Licht für die Völker“, und Hanna tritt hinzu und „sprach über das Kind zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten“ (Lk 2,38). Es geht bei dem Fest Maria Lichtmess um das Licht eines geistlichen Erkennens.

Zu jedem Ereignis der Heilsgeschichte gehört zum äußeren Geschehen das innere „Erkennen“. Auch andere haben das Kind im Tempel gesehen ohne zu erkennen. Erst im Erkennen des Simeon wird die Situation zur Heilserfahrung. Aus diesem Erkennen heraus bekommen die Verheißung über Jesus und über Maria ihr Gewicht. „Meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast,“ bekennt Simeon über Jesus, und zu Maria sagt er: „Siehe, dieser ist dazu bestimmt, dass in Israel viele zu Fall kommen und aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird, und deine Seele wird ein Schwert durchdringen. So sollen die Gedanken vieler Herzen offenbar werden“ (Lk 2,30-35).

Diese Zukunftsverheißungen sind groß und ernst: Durch Spannungen hindurch wird sich das Heil für die Völker verwirklichen. Weil wir von Ostern wissen, erkennen wir die ganze Geschichte um Jesus viel leichter als Heils- und Erlösungsgeschichte und als Frohbotschaft. Mittendrin, wo sich sein Weg entwickelt und zugespitzt hat, war alles viel spannungsvoller und verlangte Entscheidungen. Die Jünger Jesu wurden ganz existenziell bis in die tiefsten Wurzeln ihrer Überzeugungen herausgefordert. Im Laufe der Ereignisse stellt Jesus seinen engsten Vertrauten die Frage: „Wollt auch ihr weggehen?“ (Joh 6,67).

Auf dem Weg der Nachfolge Jesu brauchen wir immer wieder dieses Licht von oben, das uns hilft, nicht zu vordergründig zu bleiben. Manchmal verlangen die eigenen Lebensumstände einen richtigen Glaubenssprung. „Manches versteht man nur in der Liebe“, sagte vor kurzem jemand, wo es um die Frage geistlicher Unterscheidung ging.

Sich in den Herausforderungen tiefer begegnen

Wir alle haben unsere Verhaltensmuster und unbewussten Strategien, wie wir mit Schwierigkeiten und Verunsicherungen umgehen. Man will reden oder sich eher zurückziehen, man kann es ignorieren oder irgenwo den Schuldigen dafür suchen, man kann jammern oder wütend werden, man kann mehr beten oder mehr zu zweifeln beginnen.

Den Spannungsbogen eines einstündigen Krimis am Abend kann man richtig genießen. Wenn Spannungen langwierig werden und lange keine Lösung haben, dann funktionieren meine Standardmuster nicht mehr. Ich glaube solche Phasen gibt es nicht nur für jede Person, sondern auch für Gemeinschaften, für unsere Bewegung, für die Kirche und die Gesellschaft in der aktuellen Situation.

Das Thema Pandemie zieht sich hin und belastet die Nerven. Wir sagen schnell, dass wir Solidarität brauchen. Haben wir schon gelernt zu sagen: Wir brauchen einander? Haben Sie schon einmal in der letzten Zeit von jemand Hilfe gebraucht, gesucht und bekommen? Vielleicht müssen wir selber an die Stelle kommen wo wir dieses Brauchen spüren, um auch – wie man heute gern sagt „auf Augenhöhe“ – für andere da zu sein und aktiv zu werden.

Das Liebesbündnis füreinander und für die Menschen in unserem Land wird zu einem besonderen Licht, wenn wir die gemeinsame Bedürftigkeit erfahren. Gemeinsame Freude und Begeisterung schafft Gemeinschaft. Sich in den Grenzen und Schwierigkeiten begegnen schafft Nähe. Und es öffnet die Herzen.

Gerade weil Maria große Freude und auch das Schwert in der eigenen Seele kennt, hat sie die Herzen von Millionen von Menschen gewonnen.

Ich wünsche Ihnen eine geisterfüllte österliche Buß- und Erneuerungszeit,

Ihr

P. Ludwig Güthlein
Schönstatt-Bewegung Deutschland


(1) Mit freundlicher Abdruckgenehmigung der Fe-Medienverlags GmbH; gesamter Text: siehe Grafik


Top