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18. Oktober 2020 | Oktober-Treffen | 

Austausch und Inspiration: „Der Geist Gottes wohnt in eurer Mitte – Klima wandeln“


Am zweiten Tag des Oktobertreffens der Schönstatt-Bewegung Deutschland standen Gespräch und Austausch im Vordergrund (Foto: Klaus Kröper)

Am zweiten Tag des Oktobertreffens der Schönstatt-Bewegung Deutschland standen Gespräch und Austausch im Vordergrund (Foto: Klaus Kröper)

Cbre/Hbre. Nach einem Nachmittag mit geballtem Input war der zweite Tag des Oktobertreffens 2020 der Schönstatt-Bewegung Deutschland mehr der Verarbeitung und dem Austausch der über 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern sowie einem zusammenfassenden Wort des Leiters der Schönstatt-Bewegung Deutschland, Pater Ludwig Güthlein, gewidmet. Das Jahresmotto 2020, „Der Geist Gottes wohnt in eurer Mitte – Klimawandel“, ist auch Motto für die Arbeit der Schönstatt-Bewegung Deutschland im Jahr 2021.

Podium der Großgruppe im Pater-Kentenich-Haus (Foto: Klaus Kröper)

Podium der Großgruppe im Pater-Kentenich-Haus (Foto: Klaus Kröper)

Podium der Großgruppe im Tagungszentrum Marienland (Foto: Klaus Kröper)

Podium der Großgruppe im Tagungszentrum Marienland (Foto: Klaus Kröper)

Wilfried Röhrig stellt sein neues Musical "Gottesspiel" vor (Foto: Klaus Kröper)

Wilfried Röhrig stellt sein neues Musical "Gottesspiel" vor (Foto: Klaus Kröper)

Dem gemeinsamen Gottesdienst am Vormittag folgte eine Phase in fünf Großgruppen, zu der sich die Teilnehmenden in ausreichend großen Räumen im Tal und auf Berg Schönstatt zusammenfanden. In Anlehnung an das Format einer Talkrunde nahmen einige vorab ausgewählte „Talkgäste“ aus dem Teilnehmerkreis des Oktobertreffens in einem moderierten Gespräch Stellung zu den für sie zentralen Themen und Anregungen des Vortages. Die Meinungen und Zuspitzungen aus den Talkrunden, die in einem Fall auch durch einen per Videostream online teilnehmenden Talkgast eingebracht wurden, dienten als Anregung für die Einbeziehung der jeweils etwa 40 anderen Anwesenden in das Gespräch. Ein oder zwei vorherbestimmte „Reporter“ hatten dabei die Aufgabe, die zentralen Anliegen festzuhalten, die in dem etwa zwei Stunden dauernden Format von den Teilnehmenden geäußert wurden, um sie am Nachmittag im Versammlungsplenum des Oktobertreffens zu präsentieren.  

GOTTESSPIEL - Ein MUSICALisches Abenteuer von Wilfried Röhrig

Zum Einstieg in den Nachmittag des Oktobertreffens 2020 präsentierte Wilfried Röhrig, Songwriter und Liedermacher aus Viernheim, zunächst sein neuestes Musical-Projekt, das unter dem Titel „GOTTESSPIEL“ - Ein MUSICALisches Abenteuer - 2021 zur Aufführung gelangen soll. „Ist das Weltgeschehen ein geheimnisvolles Spiel? Ist unsre Welt eine einzige große Bühne?“, so fragt Röhrig. Thomas und Eva, ein junges Paar, seien davon überzeugt, dass sich Gott in der Welt und in ihrem Leben zeige, dass er sich mitteile, seine Spuren lege. Doch nicht nur die Lebens- und Glaubenseinstellungen in ihrer Umgebung, sondern vor allem auch die dramatischen Geschehnisse in ihrem Leben seien für sie eine echte Herausforderung. Das Musical „Gottesspiel“, für das Bischof Dr. Michael Gerber, Fulda, die Schirmherrschaft übernommen hat, stellt die Beziehungsgeschichte zwischen Gott und Mensch in den Mittelpunkt: „eine Provokation, ein Abenteuer, frei und ergebnisoffen“, so Röhrig. Zwei Einspieler der bereits fertig produzierten Musik, für die Röhrig wieder auf die bewährte Zusammenarbeit mit Hans Werner Scharnowski gesetzt hat, sowie eine für ein Musical ungewöhnliche und spannende Thematik, lassen „für fragende Zeitgenossinnen und Zeitgenossen, sei es in der Kirche, am Rand der Kirche oder außerhalb der Kirche“, wie Röhrig betont, ein tiefgründiges und gleichzeitig unterhaltsames Erlebnis erwarten. (Mehr Informationen: gottesspiel.rigma.de)

Die "Reporter" berichten aus den Großgruppen (Foto: Klaus Kröper)

Die "Reporter" berichten aus den Großgruppen (Foto: Klaus Kröper)

Bühne frei für die „Reporter“

Beeindruckend und spannend war die sich anschließende etwa einstündige Runde mit den Kurz-Berichten der „Reporterinnen“ und „Reporter“ aus den Großgruppen des Vormittages und die sich anschließende Möglichkeit, aus dem Publikum heraus dazu Stellung zu nehmen. Da war die Rede von der neuen Lust, „Kentenich zu tun“, von Seelen-, Zeiten- und Seinsstimmen, aus denen Pater Kentenich so viel ablesen konnte, dessen Griffsicherheit man sich wünsche und seine Sicherheit bei der Unterscheidung der Geister. „Wie viel Kentenich muss sein?“ war eine Frage verbunden mit der Aufforderung, doch mehr seiner Botschaft auf den Grund zu gehen und diese für die heutige Zeit anwendbar zu machen. Neben dem Wunsch nach mehr Kennenlernen und Kommunikation innerhalb der Schönstatt-Bewegung über die Gliederungen hinweg, der mehrfach laut wurde, stellte die jüngere Generation die anhaltende Klimakrise als mindestens ebenso wichtig wie die Coronakrise und wichtiger als die Kentenich-Frage dem Plenum vor Augen. Die Frage, was Solidarität in der Coronakrise denn nun konkret heiße, tauchte öfters auf, gerade auch in Verbindung mit der Feststellung, dass sowohl die Angebote Schönstatts wie auch die der Kirche auf „Nähe“ aufbauen, die aber im Moment nicht möglich ist. Konkrete alternative Lösungen fehlen noch. Dass Krisen zu Entwicklung und Wachstum führen und Chancen in sich bergen, war breiter Konsens. Ebenso dass selbstinitiierte Kreise hilfreich sind, in denen über die Causa Kentenich geredet, diskutiert und dazugelernt werden kann. Auffallend war, dass in vielen Beiträgen auf den Impulsvortrag von Kurt Faulhaber zurückgegriffen wurde, der wohl viele angesprochen und viel Stoff zum Überlegen enthalten hat.

"Veränderungen geschehen lassen und gestalten" war Thema des Abschließenden Impulsvortrages von Pater Ludwig Güthlein  (Foto: Klaus Kröper)

"Veränderungen geschehen lassen und gestalten" war Thema des Abschließenden Impulsvortrages von Pater Ludwig Güthlein  (Foto: Klaus Kröper)

Veränderungen geschehen lassen und gestalten – Versuch einer Bündelung

Pater Ludwig Güthlein kam abschließend die Aufgabe zu, anknüpfend an den zentralen Gedanken der Impulsbeiträge des Vortages und an die - wie er es ausdrückte - beeindruckende Vielfalt der Beiträge des Nachmittages aus dem Teilnehmerkreis, die Inhalte des Oktobertreffens 2020 zu bündeln.

Auf der visuellen Gestaltung der alten und neuen Jahresmotto-Karte sei für ihn die Mitte wichtig geworden, der rote Fels. Das, was Schönstatt erlebe seit einem halben Jahr, sei kein leises Flüstern Gottes. Nein, das sei ein Felsbrocken, den Gott der Bewegung vor die Füße gelegt habe. Gleichzeitig sei das aber auch eine offene Tür. „Ignorieren ist nicht möglich, die Tür finden, ist angesagt.“ Eine Situation wie Corona sie ausgelöst habe, „diese riesenhafte Erschütterung der gesamten Welt mit gesundheitlichen, sozialen, globalen, ökonomischen, politischen, psychologischen, religiösen und theologischen Folgen“, sei bisher noch nie dagewesen. Dass die Kirche in dieser Lage so leise gewesen sei, sei überraschend gewesen. „Keine Sprache darüber war vorhanden, aber sprachlos zu sein, reicht eben auch nicht aus.“ Das zentrale Stichwort in der neuen Enzyklika „Fratelli tutti“ von Papst Franziskus sei nun „Solidarität, globale Solidarität“ und es könne doch nicht sein, dass man die Veränderungskraft dieser Situation einfach zerfließen lasse. Diese weltweite Solidarität sei allerdings ein riesiger „Felsbrocken“ angesichts dessen er Ohnmacht verspüre: „Ja, was kann ich denn dafür tun?“, so Güthlein. Deshalb sei er so dankbar für das Mottolied der NdH: „Wir wollen die Welt gestalten, jeder einzelne im Kleinen. Denn die Welt, sie ist nicht zu groß. Da spürst du es knistern, du stehst unter Strom, wage den Aufbruch, sei Inspiration.“ Es gehe darum, das Kleine, was man tue in einer großen Perspektive zu sehen.

Neue Bedeutung für das Hausheiligtum

Eine weitere Erkenntnis durch Corona sei: Schönstatt findet zu Hause statt, nicht in Tagungen und nicht in der Kirche. Die entstandene Kreativität in dieser Zeit beeindrucke ihn. Hier würde ein Grundanliegen Schönstatts, die Werktagsheiligkeit, wieder neu gefragt und konkret werden. Die Corona-Krise habe auch die Schönstattzentren empfindlich getroffen. Früher habe man immer gesagt, wenn man ein Heiligtum bauen möchte, brauche man zuvor etwa 100 Hausheiligtümer, 100 Familien, die das Zentrum mit ihren geistlichen und materiellen Beiträgen garantieren. Das gelte sicher auch für den Betrieb der Zentren. Trotzdem sei für ihn primär: „Unsere Investitionen müssen vor allem in die lebendigen Heiligtümer fließen und wir Ältere sollten den Jungen keine Felsbrocken auf die Schultern legen“, so der Bewegungsleiter.

Corona mache offensichtlich, was so nicht mehr weitergehen könne. Die Frage stelle sich immer wieder neu: „Wollen wir mühsam weiter machen wie bisher, oder schauen wir genau hin, was Menschen wirklich brauchen.“ Es gehe darum, sich den neuen Bildern, die durch Krisen entstehen - wie es im Vortrag von Pater Samietz angeklungen sei - nicht zu verschließen, sondern alles Leben wahrnehmen zu versuchen, damit jeder seinen Platz zum Mitgestalten findet.

Gesegnet sei der Sturm

Bezugnehmend auf die aktuelle Situation um Pater Kentenich bemerkte Güthlein, dass die Bewegung früher beklagt habe, eher nicht wahrgenommen zu werden, jedoch sei man auch nicht kritisiert worden. „Heute fordert uns die Öffentlichkeit bis ins Innerste heraus. Eine apostolische Bewegung braucht den Willen zur Öffentlichkeit. Aber wenn diese so kritisch ist, fällt das natürlich nicht so leicht.“ Er habe neulich auf seiner Festplatte ein altes Gedicht gefunden, das ihn lange begleitet habe: „Gesegnet sei der Sturm. Vorüber ist die tödliche Windstille. Zeit ist wieder, sie zerrinnt. Schmerz ist wieder, er brennt. O Windstille, ich ahnte deine Tödlichkeit nicht. Gesegnet sei der Sturm.“ „Ob wir das auch so sagen könnten?“

Für die Teilnehmenden bestand auch im Plenum der Tagung die Möglichkeit, sich mit Anliegen und Meinungen einzubringen (Foto: Klaus Kröper)

Für die Teilnehmenden bestand auch im Plenum der Tagung die Möglichkeit, sich mit Anliegen und Meinungen einzubringen (Foto: Klaus Kröper)

(Foto: Klaus Kröper)

(Foto: Klaus Kröper)

(Foto: Klaus Kröper)

(Foto: Klaus Kröper)

Ein mehrfach genannter Wunsch beziehe sich auf eine bessere Kommunikation über die Gliederungsgrenzen der Schönstatt-Bewegung hinaus und darauf, mehr Familie zu werden. Die Herausforderung sei, sich nicht in den eigenen Gliederungen zu genügen, sondern sich für den anderen zu interessieren: „Was ist den anderen wichtig, wie leben sie, wo werden sie fruchtbar?“ Immer wenn es um Pater Kentenich gehe, gehe es auch um Beziehung. Jede Beziehung brauche Worte, Gesten, Zeichen, Symbole. Dies zu erklären sei in dieser Zeit Aufgabe für die Bewegung.

Sich festmachen im Liebesbündnis

Angesichts der nicht leichten aktuellen Situation stelle sich die Frage: „Was kann uns Zuversicht geben, dass der Fels vor unseren Füßen zur Tür werden wird?“ Für ihn, so Güthlein, sei das das Zeugnis von Pater Kentenich selbst. „Seine Zuversicht hatte einen Namen: seine Bündnispartnerin, die ihn ein Leben lang begleitet hat. Deshalb hat er so gelassen und ruhig sein können.“ Als 1965 nicht klar gewesen sei, ob er nach Amerika zurückgehen müsse oder in Rom bleiben oder gar nach Schönstatt kommen dürfe, habe Pater Kentenich zu Pater Günther Boll gesagt: „Ich habe das tausendmal erlebt. Ich weiß, dass die Gottesmutter einen Ausweg finden wird. Ich weiß nicht wann und welchen, aber dass!“ Pater Kentenich habe sich festgemacht im Liebesbündnis und das empfehle er uns auch heute. „Was ist die Mitte Ihrer Zuversicht?“, rief Güthlein den Teilnehmenden zu. „Es ist wertvoll, wenn jeder von uns weiß, wie und wo er sich festmachen kann.“

Was nehme ich mit?

Ein bunter Strauß von „Mitnehmbarem“ kam zum Abschluss des Oktobertreffens durch die Teilnehmenden in der Pilgerkirche zum Ausdruck: Dankbarkeit für die Begegnung. Zuversicht, dass Schönstatt „frech, fromm, fröhlich und frei“ sein werde. Der Impuls, noch genauer hinzusehen, was jetzt dran ist und dann zu handeln. Das Gefühl, dass die jungen Leute in Schönstatt mehr Platz bräuchten. Die Gewissheit, dass Schönstatt mit Ungewissheit leben könne. Die Erfahrung, dass Präsenzveranstaltungen in Schönstatt weiterhin und trotz Corona wichtig wären. Die Erkenntnis, dass es nicht um die Kentenich-Krise gehe, sondernd darum, mit Kentenich in die heutigen Krisen zu gehen. Das Bewusstsein, dass der Heilige Geist auch heute noch wirke. Die Frage, wie Schönstätter gemeinsam kraftvoll und sichtbar in die Gesellschaft hineinwirken können.

Mit der gemeinsamen Erneuerung des Liebesbündnisses am Vorabend des Bündnistages, der mit einem stimmungsvollen Weg vom Pilgerplatz zum Urheiligtum begann, kam das Oktobertreffen 2020 zu seinem Ende. Es sei gut zu wissen, „dass in die kommenden unsicheren Wochen und Monaten sowie in alle Planungs(un)möglichkeiten die Bündnispartnerin Maria mitgeht“, so Pater Ludwig Güthlein.


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