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12. Februar 2020 | Kirche | 

Papst-Schreiben „Querida Amazonia“ veröffentlicht


Papst Franziskus bei der Begegnung mit Vertretern indigener Völker bei der Amazonassynode im Herbst 2019 (Foto: vaticannews.va)

Papst Franziskus bei der Begegnung mit Vertretern indigener Völker bei der Amazonassynode im Herbst 2019 (Foto: vaticannews.va)

Hbre. Papst Franziskus hat das lange erwartete Schreiben zum Thema Amazonien veröffentlicht, in dem er die Ergebnisse der Bischofssynode vom Oktober 2019 zusammenfasst. In vier Kapiteln des Schreibens, mit dem der Heilige Vater das Schlussdokument der Synode „offiziell vorstellen“ will, stellt Papst Franziskus Visionen oder Träume für Amazonien vor. Er ruft mit dem Schreiben auf zum Umweltschutz, zu sozialer Gerechtigkeit, zu neuem missionarischen Schwung und mehr Verantwortung für Laien in kirchlichen Gemeinden.

Kirche an der Seite der Unterdrückten

Im Kapitel „soziale Vision“ (8) prangert Papst Franziskus die Ungerechtigkeiten und Verbrechen an, unter denen die Menschen in Amazonien, vor allem die indigenen Völker, leiden. Er fordert, dass die Kirche „den Schrei der Völker Amazoniens“ hören und prophetisch an ihrer Seite stehen müsse. Die Kirche müsse solidarische Beziehungen fördern und sich entschieden gegen Korruption jeglicher Art einsetzen. Dabei verdeutlicht der Papst, dass Ökologie und Soziales untrennbar miteinander verbunden sind.

Kulturelle und menschliche Vielfalt Amazoniens wertschätzen

Mit dem Hinweis auf Schattenseiten des westlichen Lebensstils, unter anderem das Konsumverhalten, der Individualismus, Diskriminierung und Ungleichheit, regt Papst Franziskus im Kapitel „kulturelle Vision“ (28) an, der kulturellen und menschlichen Vielfalt Amazoniens eine besondere Bedeutung beizumessen. Die globalisierte, in Amazonien vorrangig an der Rohstoffausbeutung interessierte Wirtschaft, sei im Sinne einer „postmodernen Kolonialisierung“ (29) eine Bedrohung für diese kulturelle Vielfalt.

Schutz des Menschen und Schutz der Umwelt

Im Kapitel „ökologische Vision“ (41) macht Papst Franziskus deutlich, dass die Sorge um die Umwelt und die Sorge um die Armen „untrennbar“ verbunden sind. Das Amazonasgebiet ist für ihn ein Beispiel, das die bestehende enge Abhängigkeit zwischen Mensch und Natur besonders auffällig ins Licht stellt. Neben der „ersten Ökologie, derer wir bedürfen“, sich um den Mitmenschen zu kümmern, sei Amazonien aber auch ein Kristallisationspunkt der globalen Bemühungen um den Schutz der Umwelt, des Klimas und der Artenvielfalt: „Das Gleichgewicht des Planeten hängt auch von der Gesundheit Amazoniens ab“ (48), so Franziskus.

Kirche mit amazonischem Antlitz

„Eine kirchliche Vision“ ist das vierte und ausführlichste Kapitel des nachsynodalen päpstlichen Schreibens überschrieben (61 ff.). Es ist ein Aufruf zu einer missionarischen, inkulturierten und engagierten „Kirche mit einem amazonischen Gesicht“, wie Kardinal Marx bei einer Pressekonferenz zur Vorstellung des Dokumentes sagte. Dabei müsse der kirchliche Dienst so gestaltet werden, „dass er einer größeren Häufigkeit der Eucharistiefeier dient, auch bei den Gemeinschaften, die ganz entlegen und verborgen sind“. Das Schreiben hebe aber darauf ab, so Marx, „dass es nicht nur um geweihte Amtsträger gehen kann, wenn neues Leben in den Gemeinden entstehen soll. Vielmehr müssten Priester, Diakone, Ordensleute und Laien gemeinsam ‚Verantwortung für das Wachstum der Gemeinschaften übernehmen‘ (92 f.). Ausdrücklich nennt der Papst hier auch die ‚mit entsprechenden Vollmachten ausgestatteten Laien-Gemeindeleiter‘ (94). Eine kirchliche Präsenz in der Fläche Amazonien setze voraus, dass ‚die Laien eine wirksame zentrale Rolle innehaben‘ (94). Auch regt er ‚das Entstehen anderer spezifisch weiblicher Dienste und Charismen‘ (102) an, ohne dabei konkret zu werden. Zugleich warnt Franziskus vor einer Diskussion über eine Weihe von Frauen, die auf deren ‚Klerikalisierung‘ hinlenkt (100). Das schließt aber nicht aus, ‚dass Frauen einen echten und effektiven Einfluss in der Organisation, bei den wichtigsten Entscheidungen und bei der Leitung von Gemeinschaften haben‘ (103). Sich der Grenzen des bisher Gesagten bewusst, erinnert der Papst an den hebräischen Ursprung des Glaubens und dessen Übergang in die griechisch-römischen Kulturen. Er resümiert: ‚Ähnlich fordert uns Amazonien in diesem Moment der Geschichte heraus, begrenzte Perspektiven und pragmatische Lösungen, die bei Teilaspekten der großen Herausforderungen stehen bleiben, zu überwinden, um nach breiter angelegten und kühneren Wegen der Inkulturation zu suchen‘ (105). Er schließt mit einem Appell für ein ökumenisches und interreligiöses Zusammenleben.“

Zusammenfassend macht Kardinal Marx in der von der Deutschen Bischofskonferenz dokumentierten Pressemeldung deutlich: „Wer mit dem Nachsynodalen Schreiben von Papst Franziskus konkrete Entscheidungen und Handlungsanweisungen erwartet hat, wird sie in dieser Exhortation nicht finden. Stattdessen hat der Papst eine weltkirchlich relevante, vom päpstlichen Lehramt getragene Rezeption der Synode und deren Schlussdokument vorgenommen. Wie bekannt, sprach sich im Abschlussdokument zur Synode die 2/3-Mehrheit der 280 Synodalen auch für Ausnahmen vom Pflichtzölibat aus und regte ein weiteres Nachdenken über die Zulassung von Frauen zum Diakonat an. Vor dem Hintergrund der hierzulande diskutierten Reformvorschläge fanden diese Themen in der kirchlichen und öffentlichen Aufmerksamkeit einen besonderen Widerhall, es waren aber nicht die Hauptthemen der Synode. Entsprechend geht auch das Nachsynodale Schreiben nicht direkt auf diese Fragen ein, sondern ermutigt, das Priesteramt weiter zu entwickeln und so die regelmäßige Feier der Eucharistie zu ermöglichen (85ff.). Diese Diskussion wird weitergehen.“

Die Zahlen in Klammern beziehen sich
auf die Abschnittnummerierung des
Nachsynodalen Apostolischen Schreibens
„Querida Amazonia“

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