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18. Dezember 2019 | Worte des Bewegungsleiters | 

Klima Maria - mitten im Durcheinander


Jahresmotiv 2020 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: Maria Kiess / POS Brehm)

Jahresmotiv 2020 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: Maria Kiess / POS Brehm)

Liebe Mitglieder und Freunde unserer Schönstatt–Bewegung,
liebe Leserinnen und Leser von www.schoenstatt.de,

Aufmerksamkeit ist die Währung in der Informationsgesellschaft, mit der heute Geld verdient wird. Aufregung und Streit, Drama und Übertreibungen schaffen Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit bedeutet im Internet viele Klicks von Lesern. Viele Klicks bedeuten erfolgreiche Werbung. Werbung bedeutet Werbeverträge und steigende Einnahmen für Google und Co.

Aufregung schafft Aufmerksamkeit

Yuval Noah Harari, ein aktuell viel gelesener Historiker, der sich mit den aktuellen Entwicklungen im Blick auf die Zukunft der Menschen beschäftigt, beschreibt dies einmal so: „Die aktuelle Epidemie von Fake News (Falschmeldungen) resultiert aus dem Modell, das mehr und mehr den Nachrichtenmarkt im Internet dominiert. ‚Aufregende Nachrichten, die Sie nichts kosten – im Austausch für Ihre Aufmerksamkeit‘, so lässt es sich zusammenfassen. Es funktioniert folgendermaßen: Eine sensationelle Schlagzeile nimmt die Aufmerksamkeit der Leser gefangen, die dann entsprechend an Werbetreibende und Politiker verkauft wird. In einem solchen Kampf um Aufmerksamkeit gibt es wenige Anreize, die Wahrheit zu wahren. Es ist scheinbar ein gutes Geschäft: Die Menschen müssen nichts bezahlen und werden trotzdem mit interessanten Geschichten unterhalten. So einfach ist es aber nicht. Der Leser ist gar nicht der Kunde, er ist das Produkt, weil er gewissermaßen verkauft wird. Der Leser stellt sein wertvollstes Gut – seine Zeit und seine Aufmerksamkeit – zur Verfügung und erlaubt damit mächtigen Konzernen und Politikern, ihn einer Gehirnwäsche zu unterziehen.“ (Prof. Harari, Interview, t-online.de, 21.9.2018).

Klima Maria (Text: Ludwig Güthlein)

Klima Maria (Text: Ludwig Güthlein)

Aufmerksamkeit ist ein Kapital, über das wir selbst entscheiden (sollten!)

Neugier im Blick auf andere ist das eine. Worauf richtet sich unsere Aufmerksamkeit, wenn es um uns selbst geht?

Aufregung, Durcheinander, dramatische Ereignisse, plötzliche Störungen passen meistens weniger in unsere Pläne. Schnell ärgern wir uns, wenn etwas dazwischenkommt. Die Temperamente der Menschen sind verschieden, wie sie mit so etwas umgehen. Wenn es aber um ernste Einbrüche ins Leben geht, um Schicksalsschläge, dann reicht auch das glücklichste Temperament nicht aus, um damit umzugehen.

Wenn das nur anders wäre …

Vielleicht kennen Sie das Gefühl, wenn sich unerledigte Aufgaben anhäufen oder wenn unangenehme Umstände sich nicht lösen lassen. Dann wächst oft so eine „Wenn-Dann“-Stimmung: Wenn ich das oder jenes weggeschafft habe, dann habe ich wieder Zeit für Briefe, für einen Besuch, für geistliches Leben und fürs Beten … Wenn ich bald mal mein Zimmer aufgeräumt habe, dann habe ich innere Ruhe und muss im Umgang mit anderen nicht so gereizt sein … Wenn der Chef, dieser Mitarbeiter, diese Situation nicht so kompliziert wäre, dann würde ich mich besser und fruchtbarer einbringen können. .... Wenn das mit meiner Arbeitsstelle klar wäre …, wenn ich schon eine Freundin hätte … Dass es bei mir äußerlich und innerlich nicht vorwärtsgeht, liegt also an den Umständen: Damit entschuldige ich mich oft. Zufriedener macht mich das nicht. Und es bringt nichts in Bewegung.

Wenn wir auf das Leben von Heiligen schauen, zeigt sich ein anderes Bild. Das Störende bekommt einen ganz anderen Stellenwert. Oft wird das Leben mit Gott gerade dann persönlich und intensiv, wenn mitten in Herausforderungen eine ganz eigene Glaubensantwort wächst. Dahinter steckt die Überzeugung, dass gerade die Umstände, so wie sie sind, genau der Ort sind, wo Gott mit mir meinen Berufungsweg gestaltet. Also nicht „wenn es erst anders, dann“, sondern „jetzt und genau durch diese Situation“.

Ein Mann erzählte von einem schweren Skiunfall. Was man als Verkettung tragischer Ereignisse sehen könnte, klang bei ihm gar nicht so dramatisch. Im Gegenteil: „Endlich hatte ich Zeit für einen Winterurlaub mit der Familie. Bei meiner ersten Fahrt auf der Piste hatte ich einen Unfall. Gleich ganz oben. Das war gut, denn die Bergwacht sah das sofort und war gleich bei mir. Die lokale Notfall-Ambulanz war unbesetzt.

Das war gut so. Ich wurde deshalb mit dem Hubschrauber in eine entfernte Klinik gebracht, wo ein angesagter Spezialist für Knochen und Gelenkbrüche mein Bein operierte. Trotz guter Heilung fiel ich lange Zeit aus, und ich verlor meinen guten Posten in der Firma. Das war aber auch gut. Ich bekam eine sehr hohe Abfindung und konnte unser neugebautes Haus mit einem Schlag finanzieren. Es war gut, dass ich jetzt zu Hause sein konnte. Ich hatte endlich Zeit für meine Familie und konnte auch eine Familiengruppe aufbauen. Die Gottesmutter hat dafür gesorgt, dass aus dem Unfall die Möglichkeit entstand, dass ich etwas für Schönstatt und für Jesus tun konnte.“

Gott sieht selbst im Durcheinander ein schönes, fertiges Mosaik

Natürlich gelingt das nicht immer, sofort in allem die Führungen und Fügungen Gottes zu entdecken, der mein Bestes will und im Blick hat. Und doch ist es die entscheidende Perspektive. Der Weg, den Jesus uns vorangegangen ist, ist Muster und Deutung für jeden menschlichen Lebensweg. Die Brüche des Lebens und der Welt sind die Mosaiksteine eines Weges, den Gott, der gute Vater der Menschen, mich führt und den er zur Vollendung bringen wird.

Pater Kentenich hat dafür gelegentlich ein anderes Bild gebraucht. Wir sehen für unseren Lebensweg oft nur die Rückseite eines handgeknüpften Teppichs, wo viele Fäden und Knoten und Farben ein Durcheinander bilden. Die Vorderseite des Teppichs aber zeigt das fertige und kunstvolle Muster, das der Teppichknüpfer im Sinn hatte. Ein solcher Glaube schafft Zuversichtsklima!

Schon an Weihnachten wird deutlich, dass die Freude über die Geburt des göttlichen Kindes hineinverwoben ist in ein vielfältiges menschliches Durcheinander. Und von Anfang an sind Maria und Josef Menschen, die der Verheißung glauben und diese beschützen: „Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr.“ (Lk 2,10)

Ich wünsche Ihnen allen ein gesegnetes Weihnachtsfest voller Zuversicht in Gottes Möglichkeiten für jeden Menschen. Herzliche Grüße vom Urheiligtum

Ihr

P. Ludwig Güthlein
Schönstatt-Bewegung Deutschland


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