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18. September 2019 | Worte des Bewegungsleiters | 

Kunst und Künstler – Gespür für Kommendes


Jahresmotiv 2019 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: POS Brehm)

Jahresmotiv 2019 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: POS Brehm)

Liebe Mitglieder und Freunde unserer Schönstatt–Bewegung,
liebe Leserinnen und Leser von www.schoenstatt.de,

Vor einem Jahr hat die weltweite Schönstatt-Bewegung den 50. Jahrestag des 15. September 1968, den Todestag von Pater Kentenich festlich begangen. Mit großer Freude wurde das neue Pfingstfenster beim Grab das Gründers und das Motiv „Neuanfang im Heiligen Geist“ aufgegriffen.

Pfingstfenster, Gründerkapelle Schönstatt, Vallendar (Grafik: Maria Kiess, Freising)

Pfingstfenster, Gründerkapelle Schönstatt, Vallendar (Grafik: Maria Kiess, Freising)

Künstlerische Gestaltung als Ausdruck eines Lebensvorgangs

Es geschieht nicht oft, dass eine künstlerische Gestaltung so spontan und unmittelbar von vielen Menschen mit Freude und Zustimmung aufgenommen wird. Und vor allem ist es ein besonderes Geschenk, wenn eine künstlerische Ausgestaltung als Ausdruck eines breiten Lebensvorgangs erlebt wird und dieses Leben dynamisiert.

Der Blick auf diese Erfahrung regt mich an, Verbindungslinien zu ziehen zwischen unserem Jahreszentralwert „Apostelzeit“ und dem Beitrag der Kunst und der Künstler und Künstlerinnen.

Kunst ist Kommunikation aus dem eigenen inneren Herzen

Etwas soll von unserer Bewegung ausgehen. Jeder soll in der Begegnung mit Schönstatt eine Botschaft und einen Impuls für sein Leben und seine Lebensberufung spüren. Apostolat hat einen aktiven Grundton: Wirkung, Wachstum, Veränderung aus den Quellen des Glaubens und der christlichen Spiritualität ist mehr als zufälliges Nebenprodukt. Es ist das ausdrückliche Ziel unserer apostolischen Bemühungen. Apostolat zielt dabei immer auf eine Lebensgestaltung, die mit der selbstständigen Erfahrung und freien Entscheidung jedes Menschen rechnet. Ohne wertschätzende Kommunikation und authentisches eigenes Leben ist dies undenkbar. Kunst und Künstler sind dafür ganz eigene Lehrmeister und Wegbereiter.

Jeder Kunstschaffende kennt diesen Wunsch, mit seinem Werk die Zuschauer oder Zuhörer irgendwie erreichen zu wollen, und er kennt gleichzeitig die Ohnmacht, die Annahme seines Werkes oder überhaupt eine Wirkung erzwingen zu können. Yehudi Menuhin, der große Violin-Virtuose des 20. Jahrhunderts, erzählte Schülern einmal, dass es für ihn eine richtige Erschütterung sei, wenn ein Zuschauer in der ersten Reihe ein kritisches und unzufriedenes Gesicht macht. Eigentlich könnte ihm bei seinem Renommee die Meinung eines Einzelnen völlig egal sein. Und doch trifft es ihn, weil eben das Innerste seiner Kunst nicht gelingt: Bei diesem Einen kommt es nicht an. Der Künstler muss dann umso mehr aus seiner eigenen inneren Stärke agieren.

Buendnisbrief 2019-09-18

Zamira Menuhin-Benthall, seine Tochter, übernahm die Schirmherrschaft über die Stiftung „Live Music Now“ ihres Vaters. Die Aufgabe der Stiftung sei es ihrer Beschreibung nach, die Nachwuchskünstler zu ermuntern, ihren eigenen Weg zu gehen und nicht bloß die Vorbilder zu kopieren: „Das ist sehr wichtig. Man kann es nicht unterrichten. Ein junger Geiger muss seine ganze Persönlichkeit aus sich heraus entwickeln. Er muss auch lesen, muss andere Musik hören. Dazu gehört einfach alles, was ihm im Leben widerfährt. Man hofft dann, dass er an diesen Erfahrungen wächst. So war mein Vater und so hat er es uns und den anderen Musikern durch sein eigenes Vorbild beigebracht.“ (Deutschlandfunk Kultur, Zum 100. Geburtstag von Yehudi Menuhin)

Friedemann Schulz von Thun, der anerkannte Lehrer in Sachen Kommunikation, betont dieses Sich-von-innen-heraus-einbringen-Können mit einem kritischen Blick auf seine eigene Schulbildung. „Als ich zum Abschluss meiner Schulzeit das ‚Zeugnis der Reife‘ erhielt, bestand meine Kommunikationsfähigkeit vor allem darin, in einer raffinierten, gelehrsamen Sprache über Sachverhalte zu reden, zu denen mir jede Erlebnisgrundlage fehlte. Statt das Erlebte zu verstehen und auszudrücken, lernten wir, das Nicht-Erlebte altklug zu kommentieren.“ (Aus: Schulz von Thun, Friedemann, Miteinander reden 1: Störungen und Klärungen: Allgemeine Psychologie der Kommunikation, 1981)

Kunst öffnet eine symbolische Sicht

Für einen gläubigen Umgang mit der Schöpfung, mit den Menschen und dem Leben insgesamt braucht es einen gläubigen Blick und eine Sprache, die das zum Ausdruck bringen kann. Pater Kentenich betont immer wieder, dass es darum geht, dass das Alltägliche durchsichtig wird auf Gott hin und seine Führungen und Fügungen.
Symbole und symbolische Sprache, Lieder und Handlungen sind dann der angemessene Ausdruck, um dieser Tiefe gerecht zu werden, die sich einem zu genauen Analysieren entzieht. In einem gewissen Sinn ist sie dem Umgang der Künstler mit den Dingen und Erfahrungen des Lebens ähnlich. Auch Jesus spricht ja vom Himmelreich ganz bewusst in Bildern und Zeichen.

Pater Kentenich hat den Umgang mit Symbolen sehr gefördert. Ästhetisierung um des nur Ästhetischen willen sah er eher kritisch. Schönheit in der Feier von Gottesdiensten, in der Gestaltung von Heiligtümern und Hausheiligtümern war für ihn eine wichtige Quelle der Freude und eines beseelten Umgangs.
Er war überzeugt, dass wichtige innere Lebensvorgänge und Wahrheiten besonders in symbolischen Ausdrucksformen lebendig gehalten werden und sich dadurch immer neue Tiefen eröffnen: „Es gibt Geheimnisse, die kann man bloß durch Bilder wiedergeben ... Ein Symbol ist ein sinnenhaft wahrnehmbares Zeichen für eine höhere Wirklichkeit. Wir müssen die Symbole deuten lernen, das ist der große Sinn unseres Lebens. […] Weshalb ist menschliches Denken auch auf Symbole als Ausdrucksmittel angewiesen? Ich möchte jetzt eine letzte Antwort geben: Weil der Mensch eben ein Ebenbild Gottes ist, und Gott spricht durch Symbole. Deswegen will auch das Ebenbild Gottes durch Symbole sprechen.“ (Kentenich 1941)


Im Urlaub fiel mir in einem Geschäft ein Tisch mit Kosmetikartikeln auf. Wohl vor allem Männer sollten mit dem Slogan „statt Blumen …“ zum Kauf dieser Produkte als Geschenk für ihre Frauen gewonnen werden. Mich würde wirklich interessieren, welches Geschenk für Frauen mehr die symbolische Sprache spricht, mit der sie lieber überrascht würden.

Im Herzen bewegen

Vom griechischen Ursprung des Wortes meint „symbolisch“ zusammenbringen. Durch einen symbolischen Ausdruck kommen mehrere Ebenen zusammen und darin zeigt sich dann das Ganze. Wenn es in der Heiligen Schrift von der Gottesmutter heißt, dass sie alles in ihrem Herzen bewegte, dann steht da im Griechischen das Wort „symballein“, zusammenbringen. In ihrem Herzen bringt die Gottesmutter ihre Erfahrungen mit dem zusammen, was wohl Gott damit vorhat. Das ist ihre Betrachtungsmethode.

In einer apostolischen Bewegung braucht es die Symbolsprache der Künstler.

Mit herzlichen Grüßen vom Urheiligtum

Ihr

Pater Ludwig Güthlein
Schönstatt-Bewegung Deutschland


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