Nachrichten

8. August 2019 | Rund ums Urheiligtum | 

Ein Leben für den wissenschaftlichen Diskurs


+ Dr. phil. habil. Herta Schlosser (Foto: Institut Maria auf dem Weg)

+ Dr. phil. habil. Herta Schlosser (Foto: Institut Maria auf dem Weg)

Hbre. Nach längerer Krankheit ist Dr. Herta Schlosser, Mitglied der Gemeinschaft „Maria auf dem Weg“, am 19. Juli 2019 im Alter von 92 Jahren verstorben. In der Schönstatt-Bewegung war sie bekannt als eine Frau, die das Anliegen hatte, Schönstatt und seinen Gründer Pater Josef Kentenich im Bereich der Wissenschaften ins Gespräch zu bringen und bekannt zu machen. Diesem Ziel widmete Sie sich mit Lehrtätigkeiten an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und an der Universität Koblenz-Landau sowie mit der Publikation diverser Veröffentlichungen. Zeit ihres Lebens schrieb sie Artikel für Fachzeitschriften und Bücher und mit einem Buch in der Hand ist sie auch verstorben.

Vom Erzgebirge nach Schönstatt, Vallendar

Geboren wurde Herta Schlosser am 28. Dezember 1926 in Reischdorf im Erzgebirge – Böhmen, CSSR, als Tochter des Tischlers und Landwirts Edmund Schlosser und seiner Frau Emma, die als Köchin tätig war. Nach der Vertreibung kam sie zusammen mit ihrer Familie nach Westdeutschland, wo sie u.a. eine Ausbildung zum Industriekaufmann absolvierte.

„Unsere Mitschwester Herta und das Urheiligtum, das war eine Symbiose, die viele am Ort Schönstatt erfahren haben.“ (Foto: Institut Maria auf dem Weg)

„Unsere Mitschwester Herta und das Urheiligtum, das war eine Symbiose, die viele am Ort Schönstatt erfahren haben.“ (Foto: Institut Maria auf dem Weg)

„Über den Pfarrer in ihrer neuen Heimatgemeinde lernte sie Schönstatt kennen“, erzählt Hildegard Cornelius, Leiterin der Gemeinschaft Maria auf dem Weg. „Es war buchstäblich ‚Liebe auf den ersten Blick‘. Die Liebe zu Schönstatt, zum Heiligtum war so tief, dass sie zeitlebens nicht müde wurde zu beteuern: ‚Ich habe Gott viel zu danken, auch für die Vertreibung aus der geliebten Heimat; denn ohne dieses Ereignis hätte ich Schönstatt wohl nie kennengelernt‘.“ Im Alter von 25 Jahren trat Herta Schlosser 1951 in die Gemeinschaft der Schönstätter Marienschwestern ein. 1958 erreichte sie das Abitur und studierte anschließend Germanistik, Wirtschafts- und Sozialpädagogik, Allgemeine Pädagogik, Politikwissenschaft, Katholische Theologie und Philosophie an den Universitäten Frankfurt, Köln und Mainz.

Promotion über Marxismus, Religion und Schönstatt

Bei ihrer Promotion im Fach Philosophie erfuhr sie im Jahr 1968 mit wieviel Freude und Anteilnahme Pater Kentenich diesen Schritt begleitete. Sie war die Erste, die in ihrer Doktorarbeit einen Bezug zu Schönstatt herstellte: „Marxismus und Religion. Die politische Interpretation des Religiösen in der DDR, unter besonderer Berücksichtigung der Auseinandersetzung mit der Schönstattbewegung.“ In den Gesprächen mit Pater Kentenich erlebte sie, wie wichtig es ihm war, Schönstatt, dessen Pädagogik, Theologie und Spiritualität in den aktuellen wissenschaftlichen Diskurs einzubringen, eine Erfahrung, die ihren weiteren Lebensweg mitbestimmte.

Forschung zur Anthropologie und Sozialphilosophie Josef Kentenichs

1971 begann ihre Lehrtätigkeit in Politikwissenschaft/Sozialkunde an der Erziehungswissenschaftlichen Hochschule Rheinland-Pfalz/Koblenz. Ab 1974 lehrte sie als Privatdozentin Philosophie an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. 1975 wurde sie Akademische Rätin und 1982 schließlich Akademische Direktorin an der Erziehungswissenschaftlichen Hochschule Rheinland-Pfalz, Koblenz. 1984 erreichte sie die Habilitation in Philosophie an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz; Thema der Habilitationsschrift: „Marxistisch-leninistische Theorie der Persönlichkeit. Tendenzen und Probleme“. 1985 wechselte Herta Schlosser vom Seminar Politikwissenschaft in das Seminar für Katholische Theologie der Erziehungswissenschaftlichen Hochschule Rheinland-Pfalz, Koblenz, die 1990 zur Universität Koblenz-Landau weiterentwickelt wurde und wo sie ab 1987 das Forschungsprojekt „Editionen und Kommentare zur Anthropologie und Sozialphilosophie Josef Kentenichs“ leitete. 1992 wurde sie zeitgleich mit ihrem Eintritt in den Ruhestand zur außerplanmäßigen Professorin an der Universität Koblenz-Landau ernannt, was ihr weitere Lehr- und Forschungstätigkeit ermöglichte.

Schönstatt mit den Wissenschaften ins Gespräch bringen

Ihr großes Anliegen, Schönstatt und dessen Gründer Pater Josef Kentenich, in die Wissenschaft einzubringen, führte bereits 1991 zur Gründung des „Internationalen Josef-Kentenich-Instituts für Forschung und Lehre“ IKF, dessen erste Vorsitzende sie war. Ebenfalls in diesem Zusammenhang ist die bereits 1987 erfolgte Gründung des Forschungsschwerpunktes Josef Kentenich an der Uni Koblenz-Landau zu sehen. Im Rahmen dieser Forschungsarbeit und in Verbindung mit dem IKF ist 1996 im Patris Verlag das „Schönstatt-Lexikon“ erschienen, in dem 63 Autorinnen und Autoren aus verschiedenen Fachrichtungen und Lebenszusammenhängen kommend, Leben, Fakten und Ideen Schönstatts in interdisziplinären Zusammenhängen darzustellen versuchten; ein Projekt einer Gesamtdarstellung Schönstatts, dessen Projektleiterin Prof. Dr. Herta Schlosser war.

Mit dem Urheiligtum verbunden

Bis 1994 war Schwester Herta Schlosser Schönstätter Marienschwester. Gemeinsam mit anderen war sie danach an der Gründung des Institutes „Maria auf dem Weg“ beteiligt, zu dem sie ab 1997 bis zu ihrem Lebensende gehörte.

„Unsere Mitschwester Herta und das Urheiligtum, das war eine Symbiose, die viele am Ort Schönstatt erfahren haben“, macht Hildegard Cornelius weiter deutlich. In den fast 20 Jahren, in denen sie in Vallendar in der Straße Gilgenborn wohnte, besuchte sie täglich zweimal das Urheiligtum: morgens ging sie zur Heiligen Messe und am späten Nachmittag zur Anbetung; beides vollzog sie jeweils von ‚ihrem Platz‘ aus, hinten rechts.“

Mit dem Tod von Dr. phil. habil. Herta Schlosser verliert die Schönstatt-Bewegung eine Frau, die ganz vom Liebesbündnis inspiriert ihre Lebenskraft dafür einsetzte, den Gründer Pater Josef Kentenich und das was er wollte, tiefer zu erforschen und zu verstehen und mit den Fragen der heutigen Zeit im wissenschaftlichen Bereich ins Gespräch zu bringen. Herta Schlosser wurde nach einer Trauerfeier in der Hauskapelle des Vaterhauses Berg Sion, am 26. Juli 2019 auf dem Friedhof in Vallendar beigesetzt.

Veröffentlichungen (u.a.)

  • Vortragsreihen von Pater Josef Kentenich, Bearbeitung und Einleitung: u.a.
    • „Krönung Mariens – Rettung der christlichen Gesellschaftsordnung“, Schönstatt-Verlag
    • „Der neue Mensch – die neue Gesellschaftsordnung“, Schönstatt-Verlag
    • „Autorität und Freiheit in schöpferischer Spannung“, Schönstatt-Verlag
    • „Zur sozialen Frage -Industriepädagogische Tagung“, Schönstatt-Verlag
  • Schönstatt-Lexikon – Mit-Herausgeber
  • Zentrale Begriffe Schönstatts - Kleiner lexikalischer Kommentar
  • Bücherreihe: Beiträge einer christlichen Kultur (11 Bände), Patris Verlag
  • Artikelserie im Regnum: „Der Mensch im Marxismus und in der Schönstattbewegung“
Bedingt durch die Urlaubszeit konnte dieser Artikel nicht unmittelbar
nach dem Tod von Herta Schlosser veröffentlicht werden. Die Redaktion bittet um Verständnis.

Top