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31. Mai 2019 | Demnächst | 

Das Spiel mit dem Feuer


Franz Reinisch Musical - Letzte Aufführung in Erfurt

Franz Reinisch Musical - Letzte Aufführung in Erfurt

Heinz-Martin Samiez. In einem Persönlichkeitstest las ich vor kurzem die Frage: „Wenn Sie ein Codewort zum Einlass ins Paradies bräuchten, welches würden Sie wählen?“ Was für eine simple Beschreibung für einen gewichtigen Vorgang, dachte ich mir. Ich finde das Wort für mein Leben und das Tor zum Himmel öffnet sich.

Ich als Ausgangspunkt göttlicher Initiative

Kann ich das einfach so: Ich suche mir meine Bestimmung und alles wird gut? Wie weit überblicke ich denn meinen Einfluss auf andere? Was verursache ich alles durch mein Handeln und was verursache ich durch mein Nichthandeln? Oder umgekehrt: Verursache ich überhaupt etwas? Verlieren sich die Wellen, die ich schlage, nicht inmitten der großen Gezeitenströme viel mächtigerer Akteure? Irrsinn, sich selbst da als mächtig zu begreifen, Irrsinn nur die Idee, dass ich eine Bestimmung haben könnte, irrsinniger noch an dieser Stelle Worte finden zu wollen, die den Anspruch haben über mich und meine momentane Situation hinaus von Bedeutung sein zu sollen.

Für etwas brennen, sich einsetzen ohne sichere gründliche Risikokalkulation im Voraus, nur weil ich den Eindruck habe, „es kommt auf mich an“ oder „da kann großes daraus entstehen“. Nicht selten belasten und verletzen Menschen mit solchem Sendungsbewusstsein ihr Umfeld. Sie werden immun gegen Einwände. Sie hören nicht, was man ihnen zu sagen hat. Sie erkennen Gefahren für sich selbst nicht und für andere. Sie ordnen sie eher als günstiges Mittel ein, um ihre Mission zu erfüllen. Am Ende kann sogar brutale Gewalt gegen sich selbst oder gegen andere als das einzige Mittel erscheinen, die erkannte Mission zum Ziel zu führen. Die Nachrichten sind voll von Gewaltexzessen dieser Art.

Franz Reinisch Musical - Flyer

Franz Reinisch Musical - Flyer (DOWNLOAD hier)

Darf ich mich also als Anfang einer göttlichen Initiative wähnen? Josef Kentenich würde vielleicht so sagen: Du darfst dich als Anfang einer göttlichen Initiative fühlen, weil Gott dich unendlich groß sieht.

Im Kontakt mit dem Liebeswillen Gottes

Im Jahr 1938 meint ein Pallottinerpater seine Bestimmung gefunden zu haben. Der neue gegründete Wallfahrtsort an der Niederlassung seines Ordens in Vallendar zieht ihn in seinen Bann. Bei diesem Wallfahrtsort geht es um die Betonung von Gleichzeitig- und Gegenseitigkeit des Wirkens von Gott und Mensch im Blick auf die Erlösung der Welt. Gott und Mensch stehen auf Grund von freien Willensentschlüssen sowohl auf der Seite Gottes als auch auf der Seite des Menschen so in Verbindung, dass jede konkret getroffene Entscheidung eines Menschen gleichzeitig zur Einbruchsstelle des erlösenden Handeln Gottes werden kann. Und umgekehrt: Das in den Lauf der Welt eingreifende Handeln Gottes passiert gleichzeitig zur gleichgerichteten aber höchst selbständigen Handlung eines Menschen. Grundlage für diese spontane Übereinstimmung zweier Willensbewegungen ist die Annahme, dass der andere Partner in diesem Wirkungsbündnis einem aus tiefster Liebe zugetan ist.

Der Pallottinerpater Franz Reinisch lernt am Wallfahrtsort Schönstatt, dass der Weg zur Erkenntnis des Willens Gottes ein Weg von gelingender Beziehung ist. Im Raum einer stimmigen Beziehung irritiert die Frage nach der Urheberschaft eines Verdienstes. Man freut sich am Vorhandenen und erkennt in Erfolg und Misserfolg, das einmalige Gesicht des Anderen. Im Raum einer stimmigen Beziehung ist jeder Erfolg, ein Erfolg des anderen und jeder Misserfolg ein Dämpfer für den anderen.

Wer Gott und andere Menschen so im Blick hat, aufmerksam und liebend mit ihnen verkehrt, der greift bei der Frage nach der eigenen Bedeutung für die Entwicklung der Dinge in dieser Welt auf Dauer weder zu kurz noch zu weit. Er bleibt offen für Anregungen des anderen und ist entsprechend seines liebenden Grundzuges auf solche sogar dringend angewiesen.

Für etwas brennen heißt entsprechend der Spiritualität Schönstatts mit dem konkreten Eingreifen Gottes in die eigene Geschichte zu rechnen und auf der anderen Seite ganz natürlich davon auszugehen, dass Gott in selber Weise mit der Werthaftigkeit selbstständiger menschlicher Entscheidungen und Handlungen rechnet.

Der Weg des Franz Reinisch

Was dem Pallottinerpater Franz Reinisch also seit dem Jahr 1938 an Einsicht in das Zusammenwirken des göttlichen Erlösungswillens mit menschlicher Selbständigkeit durch den Kontakt mit der Spiritualität Schönstatts geschenkt wurde, war am Ende ein Weg hin zu geisterfülltem Handeln in der Konfrontation mit den politischen Autoritäten in Deutschland nur weniger Jahre später.

Franz Reinisch verweigerte nach ausführlicher persönlicher Gewissensbildung als Priester den Fahneneid auf Adolf Hitler. Er sollte zum Sanitätsdienst eingesetzt werden und erhielt dafür im April 1942 den Stellungsbefehl. Im August desselben Jahres wurde das Todesurteil wegen Wehrkraftzersetzung in der Justizvollzugsanstalt Brandenburg Görden an ihm vollstreckt. Vor seiner Einberufung zum Militärdienst positionierte sich Franz Reinisch in seiner Verkündigung eindeutig gegen das seiner Ansicht nach gottes- und menschenfeindliche Regime der aktuell handelnden Staatsführung, und das obwohl sich dieser Staat im Krieg befand.

Mut zu ehrlichem Kontakt mit sich selbst – ein Musicalprojekt

Der Schönstatt-Bewegung Deutschland e.V. führt am 16. Juni das Musical „Gefährlich – Franz Reinisch“ in der Messe Erfurt auf. Das Musical transportiert im Gewand von Popmusik, einer spannenden Rahmenhandlung und mitreißenden Tanzchoreographien den Anspruch einem eigenen Urteil dann vertrauen zu schenken, wenn öffentlich geltende Urteile so in die Irre gehen, dass grundlegend Werte aus dem Blick geraten. Die mutige Suche nach dem entscheidenden Wort in meinem Leben ist also Thema dieses Musicals. Der Weg der Gewissensbildung von Franz Reinisch wollen dafür eine spannende Kulisse bilden. Die Anregung aber gilt, diese so aufgerichtete Kulisse durch eigene Zuversicht und eigene Schritte in der Formulierung des eigenen Lebensauftrages zu bespielen und so zu einem Text zu finden, der bleibend gehört wird.

Die Aufführung in Erfurt ist das Finale einer Tournee zu sieben verschiedenen Orten in Deutschland und Österreich. Dass das Anliegen sich besonders in Zeiten gesellschaftlicher Übergänge vor allem auch um den Erhalt der eigenen Urteilsfähigkeit Gedanken zu machen schließlich auf Ostdeutschem Boden erklingt, ist ein hoffnungsvolles Signal für die Gestaltungsmacht geistbewegter Menschen auf dem Gebiet der jungen Bundesländer.

Um so wertvoller ist es, dass Staatssekretär Dr. Christian Hirte (Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer) Schirmherr dieser Aufführung in Erfurt ist. Er wird persönlich anwesend sein und sich vor der Aufführung in Form eines Grußwortes und eines Statements zum Thema des Musicals an das Publikum wenden.

Ein Nachtrag

Im Frühjahr diesen Jahres werden die Akten für eine Seligsprechung von Franz Reinisch von der Diözese Trier an den Vatikan übergeben. Da der Prozess von Franz Reinisch als Märtyrerprozess geführt wird kann nach der Überführung der Akten nach Rom durchaus nach einigen Jahren mit seiner Seligsprechung gerechnet werden.


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